Nico Kühner und Florian Langen sind leidenschaftliche Eisbader, die sich regelmäßig in den eiskalten Lech wagen. Trotz der gesundheitlichen Vorteile warnen Experten vor den Gefahren des Kältebads.
Landkreis – Die Luft ist eisig kalt, in Hohenfurch liegt Schnee und der Lech hat an diesem Tag gerade einmal zwei Grad Wassertemperatur. Wer sich hier freiwillig auszieht und zum Baden geht, muss verrückt sein, werden viele denken. Nico Kühner und Florian Langen sind nicht verrückt, in den Lech gehen die beiden aber trotzdem.
Die Freunde sind routinierte Eisbader: Seit mehr als fünf Jahren treffen sie sich im Winter so gut wie jede Woche zum Bad im eiskalten Fluss, mal in Hohenfurch, mal in Kinsau oder am Schongauer Lido. „Wir fangen im Herbst damit an“, sagt Kühner. Die Eisbade-Saison endet für die Spezln erst im Frühjahr, wenn die Temperaturen wieder wärmer werden.
Angefangen haben die Männer damit 2019. Kühner und seine Kinder sowie Langen mit dessen Nichte und Neffe hatten sich kleine Herausforderungen, „Mikro-Abenteuer“, überlegt. „Wir wollten einmal im Monat zum Baden gehen, und das über zwölf Monate“, erklärt Langen die Idee. So wurde aus dem Sommer- ein Winterbaden. Während die Lust aufs kalte Wasser beim Nachwuchs zum Jahreswechsel 2020 nachließ, machten die Erwachsenen eifrig weiter.
Für sie ist es der Kick, das Ankurbeln des Herz-Kreislauf-Systems, die Erfrischung, die sie am Kältebad reizen. Doch der Trend birgt auch einige Gefahren, wie Christian Weisky von der Kreiswasserwacht in Weilheim-Schongau weiß. Der Technische Leiter bei der Wasserwacht rät daher insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen wie einer Herz-Kreislauf-Schwäche, sich vor dem ersten Eisbad ärztlich beraten zu lassen. Auch für körperlich gesunde, aber ungeübte Personen sei das eiskalte Wasser durchaus mit Vorsicht anzugehen, meint er. „Je seltener man das macht, desto anstrengender ist es für den Körper.“
„Eisbaden macht glücklich“: Kältebad wirkt sich positiv auf Psyche aus
Das betont auch der Allgemeinmediziner Martin Kayser aus Schongau. Wenn man unvorbereitet ins kalte Wasser geht, bestehe die Gefahr eines Kälteschocks, sagt er. Die Folge können Rhythmusstörungen oder Herzstillstand sein. „Die Kälte löst eine paradoxe Reaktion im Körper aus“, erklärt der Arzt. Zum einen werde alles verlangsamt, beispielsweise die Atmung. „Gleichzeitig will der Körper alles hochfahren, schneller machen.“ Unabhängig von Alter und Fitness könne Eisbaden daher sehr gefährlich werden und im schlimmsten Fall tödlich enden. Die wichtigste Regel sei, niemals allein ins Wasser zu gehen.
Der Mediziner kennt aber auch die Vorteile, die im Eisbade-Trend stecken. Immerhin stärken die Kältebäder bei richtiger Umsetzung das Immunsystem, das Infektionsrisiko sinkt. „Professionelle Eisschwimmer werden so gut wie nie krank“, weiß Kayser, der auch auf den psychologischen Effekt hinweist – denn: „Eisbaden macht glücklich.“ Wichtig ist also die richtige Vorbereitung. Laut Kayser können sich Anfänger etwa mit einer kalten Dusche oder ein paar Sekunden in der Regentonne an das Eisbaden in der Natur herantasten.
Mütze auf dem Kopf für den „Wohlfühlfaktor“ im eiskalten Lech
Wer in ein zugefrorenes Gewässer steigen will und ein dafür Loch in die Eisschicht schlägt, hat laut Christian Weisky unbedingt darauf zu achten, die Stelle für Schlittschuhläufer zu markieren. Außerdem sollte man lieber in Seen und Weiher als in Flüsse gehen und immer in Ufernähe bleiben. Am besten an Stellen, die gut einsehbar und erreichbar sind, so der Technische Leiter der Wasserwacht. „Es ist nicht hilfreich, wenn wir erst Bäume umschneiden müssen, um jemanden zu retten.“ Zu Wasserwachtseinsätzen wegen Eisbadenden ist es laut Weisky in unserer Region allerdings noch nicht gekommen.
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Kühner und Langen sind im Eisbaden freilich geübt; sie wissen, worauf sie achten müssen, um sich im kalten Lech nicht zu gefährden. So würden sie nie allein und oder mit unkontrollierter Atmung in den Fluss gehen. Auch ihre Hände und den Kopf tauchen sie nicht unter Wasser, um das Nervensystem nicht überzustrapazieren und handlungsfähig zu bleiben. „Man sollte nur bis zum Hals reingehen und nicht schwimmen“, sagt Kühner. Denn wer die Bodenhaftung verliert, riskiert Kontrollverlust. „Und wer bewusstlos wird, ist nicht zu retten“, macht Langen klar.
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Für einen guten Halt ziehen die Männer immer Neopren-Socken über die Füße, bevor sie sich für ein paar sehr lange Minuten („Unsere Faustformel: So viel Grad das Wasser hat, so lange bleiben wir drinnen“) in den eisigen Lech wagen. Die Mütze auf dem Kopf sei dabei eher für den „Wohlfühlfaktor“, meint der Hohenfurcher schmunzelnd. Langen meint: „Kaltes Wasser bleibt kaltes Wasser. Man kann sich nur daran gewöhnen, dass es kein Feind ist.“