„Kein Wunder“: Vernichtendes Urteil über deutsche Arbeitsmoral aus den USA
„Müssen mehr arbeiten“: Vernichtendes Urteil über deutsche Arbeitsmoral aus den USA
Schwächelt Deutschlands Wirtschaft, weil wir weniger arbeiten? Ein US-Medium greift nun die Debatte auf und fordert mehr Produktivität.
New York – Christian Lindner und Friedrich Merz sind sich einig: Die Deutschen könnten mehr arbeiten. Das Problem der deutschen Wirtschaft sei ein Defizit an geleisteten Arbeitsstunden im Jahr, zeigte sich Lindner am Rande der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) Mitte April überzeugt. Angesichts der schwachen Konjunktur in Deutschland ist die Debatte nun auch im Ausland angekommen.
Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg aus den USA stellt in einem Artikel die Frage: „Haben die Deutschen ihre berühmte Arbeitsethik vergessen?“ Man müsse die Deutschen nicht für „faul oder selbstgefällig halten“, um zu fragen, „ob das Land nicht mehr tun könne, um die Menschen zu ermutigen, ihr ungenutztes Arbeitspotenzial auszuschöpfen“.
Erfolg trotz weniger Arbeit: US-Magazin sieht deutschen „Kompromiss“ schwinden
„Bis vor kurzem schien es, als hätte Deutschland eine gute Balance zwischen wirtschaftlichem Schwergewicht und gutem Leben gefunden“, erklärt Bloomberg. Die Ursache sei vor allem der „hochproduktive“ Produktionssektor. Das US-amerikanische Medium verweist auf 30 Urlaubstage, die im Vergleich mit 10 bis 15 Tagen in den USA hoch seien. „Dennoch“, schreibt der Bloomberg-Autor, als sei es ein Widerspruch, „stieg die Produktion in den 2010er Jahren um durchschnittlich zwei Prozent pro Jahr, was ziemlich gut ist.“
Doch der Kompromiss aus starken Arbeitnehmerrechten und wirtschaftlicher Stärke scheint nach Ansicht des US-Mediums zu bröckeln. Als Gründe nennt das Medium einerseits den Wegfall des billigen russischen Gases, die geringe Nachfrage nach deutschen Exporten sowie den Wegfall der Boomer-Generation aus dem Erwerbsleben und den Fachkräftemangel. Dieser „könnte sich noch verschärfen, wenn nicht mehr Migranten kommen, um die Lücke zu schließen“. Auch IWF-Experten nannten als Probleme der deutschen Wirtschaft vor allem die zu geringe Beteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt.
Deutsche Arbeitsmoral und hohe Krankheitstage als Ursache für schwache Wirtschaft?
Das Finanzmedium hebt jedoch auch die deutschen Arbeitnehmer hervor. Diese arbeiteten weniger als jemals zuvor, und weniger als im internationalen Vergleich. Die durchschnittliche Jahresarbeitszeit pro Arbeitnehmer war 2023 laut dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit die niedrigste seit Beginn der Aufzeichnungen, zudem sei der Wert der geringste im Vergleich zu den anderen OECD-Ländern.
Bloomberg sieht die Ursachen dafür, wie Lindner und Merz auch, in den hohen Fehlzeiten wegen Krankheit, die „wesentlich“ dazu beigetragen hätten, dass „das Land in die Rezession geriet“, im hohen Anteil von Teilzeitbeschäftigungen bei Frauen und dem relativ frühen Renteneintritt.
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„Müssen etwas mehr arbeiten“, um Lebensstandard und Urlaube zu sichern – fordert US-Medium
„Damit die nächste Generation den gleichen Lebensstandard und lange Urlaube genießen kann, müssen viele von uns auch in der übrigen Zeit etwas mehr arbeiten“, fordert Bloomberg. Dabei sieht das Medium jedoch nicht nur die Arbeitnehmer in der Pflicht. Steuersenkungen für Überstunden, wie von Lindner vorgeschlagen, seien „eine Überlegung wert“, aber „nur ein Aspekt eines größeren Problems“. Deutschlands Steuersystem benachteilige Löhne stark, Reichtum dagegen wenig. „Kein Wunder, dass die Menschen keinen Sinn darin sehen, mehr zu arbeiten“.
Deutschland sollte zudem das Renteneintrittsalter an die durchschnittliche Lebenserwartung anpassen und Anreize für „Silver Worker“, schlägt Bloomberg vor. Auch Betreuungsangebote in Kindergärten und Grundschulen spielen demnach eine Rolle, „was dazu beitragen dürfte, dass mehr Frauen in den Beruf zurückkehren“.