Kfz-Mechatronikerin mit Leidenschaft für Oldtimer: Annemarie Bauer aus Ergertshausen bricht mit Stereotypen
Die 19-jährige Kfz-Mechatronikerin Annemarie Bauer bricht mit gängigen Klischees. Trotz anfänglicher Zweifel und Hindernisse hat sie ihren Weg in einer männerdominierten Branche gefunden.
Egling – Dezentes Make-up, gepflegte Hände mit manikürten, langen Fingernägeln: Wer Annemarie Bauer sieht und raten müsste, welchen Beruf sie hat, würde sicher falsch liegen. Die Ergertshauserin ist Kfz-Mechatronikerin im Autohaus Graf in Münsing. Abgesehen von den Damen im Büro sei sie die einzige Frau im Betrieb, sagt die 19-Jährige. „Ich mache, was mich glücklich macht.“
Kfz-Mechatronikerin mit Leidenschaft für Oldtimer: Annemarie Bauer bricht mit Stereotypen
Schon als Kind sei sie gerne bei ihrem Papa in der Werkstatt gewesen, die zu einem Transport- und Dienstleitungsbetrieb auf dem Hof der Familie gehört. Sie wuchs auf mit Drehmomentschlüssel, Ratsche und Stecknuss. „Wir haben am Unimog herumgeschraubt, und Papa hat mir alles erklärt“, erzählt sie. Sogar das Schweißen habe er ihr beigebracht.
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Bauer besuchte die Mittelschule, und als sie im Berufsberatungsgespräch berichtete, dass sie gerne Mechatronikerin werden will, „bin ich gefragt worden, ob ich mir da sicher bin“, erinnert sich die Ergertshauserin. Ihr kamen Zweifel, und sie schwenkte um. Die Mittelschülerin machte ein Praktikum in einer Zahnarztpraxis und fing eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten an. „Das war furchtbar langweilig.“ Nach vier Monaten schmiss sie die Lehre. Ihr damaliger Chef habe mit Verständnis auf diese Entscheidung reagiert. Über ihren Vater kam der Kontakt zum Autohaus Graf in Münsing zustande. Sie absolvierte dort ebenfalls ein Praktikum und fing 2021 eine Ausbildung an. Bezeichnend: Gerade einmal zwei Frauen seien sie in der Berufsschulklasse gewesen.
Seit kurzem frisch gebackene Gesellin
Seit Kurzem ist die Kfz-Mechatronikerin frisch gebackene Gesellin und stolz darauf. Sie gesteht, dass sie in der Prüfungsphase durchaus Druck verspürt habe. „Du musst beweisen, dass du das auch als Frau kannst.“ Wenn ihr doch einmal die Kraft ausgeht, weiß sich Bauer zu helfen: Lässt sich eine Schraube nicht lösen, greift sie zu einer Verlängerung, um eine bessere Hebelwirkung zu haben. „Manchmal hilft auch Wärme“, lautet der Rat der Expertin. Sie räumt ein, dass sie die körperliche Arbeit anfangs nicht gewohnt gewesen sei. Mittlerweile mache ihr das nichts mehr aus. Am Ende des Tages sei sie zufrieden, „wenn wir alle Autos geschafft haben“, sagt Bauer, die selbst einen roten BMW X1 fährt.
Auch in ihrer Freizeit schraubt die 19-Jährige gerne an Autos herum. Auf dem Hof steht ein 27 Jahre alter 190er Mercedes, den sie sich gerade herrichtet. Ein weiteres Projekt ist ein noch älterer Unimog, den sie zusammen mit ihrem Vater komplett neu aufbaut. „Die Liebe zu Oldtimern habe ich von meinem Papa.“ Die Karosserie sei bereits sandgestrahlt und soll wieder die typisch grüne Farbe erhalten. „Aber vielleicht wird der Unimog dann pink foliert, das würde mir gefallen“, sagt die Ergertshauserin und lächelt.
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Meisterschule und sich dann vielleicht selbst etwas aufbauen
In ein paar Jahren möchte sie ihren Meister machen und sich vielleicht selbst etwas aufbauen. Sie würde sich wünschen, dass sich mehr Frauen für einen Beruf in ihrer Branche entscheiden. „Man muss keine Angst haben, es gibt kein Problem, was man als Frau nicht lösen kann.“ Manchmal reagiere die ältere Generation mit Skepsis auf ihren Beruf, so Bauer. „Aber eigentlich finden es viele cool, was ich mache.“
Während der Arbeit trägt Bauer Handschuhe. Werden ihre manikürten Hände trotzdem in Mitleidenschaft gezogen? Manchmal schon, so die 19-Jährige. Kernseife und Wurzelbürste sind dann das Mittel der Wahl, um den Dreck wegzuschrubben. „Das muss man gleich machen und nicht erst am nächsten Tag. Und eine gute Handcreme darf nicht fehlen.“