Wie Putins Russland immer abhängiger von der Kriegswirtschaft wird

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Putin hat ein Problem: Die russische Wirtschaft ist laut Wiener Ökonomen stark vom Ukraine-Krieg abhängig. (Montage) © Wladimir Smirnov/Tass/ZUMA Wire/Imago

Die russische Wirtschaft wächst – trotz westlicher Sanktionen. Die Abhängigkeit von der Kriegswirtschaft wird jedoch für Putin zum Problem – laut Ökonomen.

Wien – „Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen“, ist Vasily Astrov, Ökonom und Russlandexperte beim Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) überzeugt. Trotz westlicher Sanktionen prognostizieren die Forschenden ein „unerwartet starkes“ Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent 2024. Damit müssen sie ihre bisherige Erwartung aus dem Winter um 1,3 Prozentpunkte nach oben korrigieren. Damit bestätigen sie auch den jüngsten Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF), der ein stärkeres Wachstum als im Westen beobachtet.

„Die russische Wirtschaft boomt aufgrund der hohen staatlichen Ausgaben für den Krieg“, erklären die Forschenden in der am Mittwoch, 24. April, veröffentlichten Frühjahrsprognose. Zu den Investitionen in Rüstung habe auch der Fachkräftemangel die Reallöhne im vergangenen Jahr um fast acht Prozent steigen lassen, was den privaten Konsum um 6,5 Prozent anziehen ließ, erklären die Fachleute das Wirtschaftswachstum in Russland.

Russische Wirtschaft profitiert vom Ukraine-Krieg – und kann stärker wachsen als erwartet

Eine wichtige Säule ist zudem das Öl- und Gasgeschäft. Die Steuereinnahmen im ersten Quartal 2024 helfen, die hohen Militärausgaben und die gesunkenen Einnahmen aus dem Energieexport von 2023 abzufedern. Dabei sind vor allem Indien und China wichtige Partner Russlands.

Wie auch der IWF rechnen jedoch die Wiener Ökonomen mit einer Umkehr des Trends. Die russische Wirtschaft dürfte im zweiten Quartal „ihren konjunkturellen Zenit“ überschritten, heißt es in der WIIW-Prognose. Ursache dafür seien beispielsweise die hohen Zinsen und die Inflation verantwortlich. Seit Mitte Dezember liegt der Leitzins in Russland laut Handelsblatt bei 16 Prozent, die Inflation bei 7,7 Prozent. Das Ziel der Zentralbank seien vier Prozent.

Russlands Wirtschaft macht sich vom Ukraine-Krieg abhängig: An „kriegsbedingte fiskalische Anreize gewöhnt“

Ein weiteres Problem für die russische Wirtschaft könnten auch Sanktionen des Westens gegen Drittstaaten darstellen. Bisher habe Russland die Sanktionen über Länder wie China und die Türkei umgehen können. „Wenn türkische Banken plötzlich keine Zahlungen für russische Importe mehr annehmen, wie es vor kurzem geschehen ist, und wenn auch Transaktionen in chinesischen Yuan schwieriger werden, könnte Russland sehr bald einen Mangel an wichtigen Maschinen und Komponenten aus dem Westen erleiden“, erklärte Astrov.

Dadurch könnte das tatsächliche Wachstum „viel geringer“ ausfallen, schätzen die WIIW-Forschenden. Zudem stelle sich die Frage, was nach dem Ukraine-Krieg komme. Die Wirtschaft sei „momentan vollkommen abhängig von ihm“, ist Atrov überzeugt. Sie habe sich an die „kriegsbedingten fiskalischen Anreize“ gewöhnt und könnte einen Schock auf der Nachfrageseite erleiden, wenn Rüstungsgüter nicht mehr im gleichen Umfang benötigt würden.

Ukrainische Wirtschaft zeigt seit Kriegsbeginn „eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit“

In der Frühjahrsprognose geht das Wiener Institut jedoch auch von einem stärkeren Wirtschaftswachstum in der Ukraine aus. 2024 prognostizieren die Forschenden ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,2 Prozent. 2023 waren es demnach 5,3 Prozent. Das Land habe seit Beginn des Krieges „eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit“ gezeigt.

Als Probleme für die ukrainische Wirtschaft identifizieren die Forschenden die anhaltende Unsicherheit und die Verzögerungen bei westlichen Waffenlieferungen und Wirtschaftshilfen. Diese verzögerten den Aufschwung. Zudem leide die Ukraine unter der Blockade des Handels über die Grenze nach Polen.

„Fehlende Luftabwehr wird zunehmend zu einem wirtschaftlichen Problem“ für die Ukraine

Auch die laufenden russischen Luftangriffe werde zur Belastung für die ukrainische Wirtschaft. „Die fehlende Luftabwehr wird zunehmend auch zu einem wirtschaftlichen Problem, weil die Energieversorgung und wichtige Industrieunternehmen immer häufiger getroffen werden“, erklärte Olga Pindyuk, führende Autorin der WIIW-Frühjahrsprognose. „Letztlich steht und fällt alles mit der ausreichenden und rechtzeitigen militärischen und finanziellen Hilfe des Westens: Allein im Jahr 2024 droht der Ukraine eine Finanzierungslücke von 40 Milliarden US-Dollar.“ (ms)

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