Bundeswehr braucht 60.000 neue Soldaten – Regierung will junge Männer registrieren
Vor dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister legt Deutschland die Karten auf den Tisch. Klar ist: Die Bundeswehr braucht zehntausende Soldaten mehr.
Berlin – Die Bundeswehr braucht für die neuen Nato-Planungsziele zur verstärkten Verteidigungsfähigkeit bis zu 60.000 Soldaten zusätzlich in der aktiven Truppe. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag (5. Juni) in Brüssel vor einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister, in dem die neuen Ziele gebilligt werden sollen.
Pistorius nennt Ziel für die Bundeswehr: „Brauchen bis zu 60.000 aktive Soldaten mehr“
„Wir gehen davon aus – das ist aber auch nur eine Daumengröße, um es klar zu sagen – dass wir rund 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten in den stehenden Streitkräften mehr brauchen als heute. Und gleichzeitig wird sich die Frage natürlich stellen: Reicht der neue Wehrdienst aus über die nächsten Jahre?“, sagte Pistorius.
Die Nato will ihre militärischen Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Russland extrem ausbauen. Generalsekretär Mark Rutte hatte am Mittwoch (4. Juni) in Brüssel gesagt: „Wir benötigen mehr Ressourcen, Truppen und Fähigkeiten, um auf jede Bedrohung vorbereitet zu sein und unsere kollektiven Verteidigungspläne vollständig umzusetzen.“ Oberste Priorität hätten die Luft- und Raketenabwehr, weitreichende Waffensysteme, Logistik und große Verbände von Landstreitkräften.
Lage der deutschen Bundeswehr: Streitkräfte brauchen schon jetzt dringend mehr Soldaten
In der Bundeswehr war die Zahl der Soldaten im vergangenen Jahr trotz mehr Einstellungen erneut leicht gesunken, während der Altersdurchschnitt stieg. Zum Jahresende 2024 habe es rund 181.150 Soldatinnen und Soldaten gegeben, hatte das Verteidigungsministerium erklärt. Ein Jahr zuvor, am Stichtag 31. Dezember 2023, waren es noch rund 181.500 Männer und Frauen in Uniform gewesen. Erklärtes Ziel waren zuletzt aber 203.000 aktive Soldaten in den Streitkräften gewesen.
Zeitpunkt | Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr |
---|---|
Ende 2023 | 181.500 |
Ende 2024 | 181.150 |
Ziel | 203.000 |
Neues Wehrdienst-Modell soll Bedarf in der Bundeswehr decken – Reservisten dringend gebraucht
Vor einem Jahr hatte Verteidigungsminister Pistorius sein Modell für einen neuen Wehrdienst vorgelegt und dabei auch Zahlen für den Bedarf an Soldaten in der stehenden Truppe sowie der Reserve genannt. Er nannte dabei insgesamt rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten: Konkret 203.000 Männer und Frauen der stehenden Streitkräfte, die 60.000 vorhandenen Reservisten sowie 200.000 zusätzliche Reservisten, die nun nötig seien. Militärplaner gehen davon aus, dass die Obergrenze von 460.000 erhalten bleiben wird, aber deutlich mehr aktive Soldaten und womöglich weniger Reservisten eingeplant werden. Kürzlich wurde bekannt, dass Datenschutzgründe den Kontakt zu möglichen Reservisten erheblich blockieren.
Deutschland hatte sich in den 2+4-Verträgen verpflichtet, die Zahl seiner Soldaten auf 370.000 Mann zu beschränken. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages schrieb dazu im Februar 2025, der Begriff der Personalstärke sei nicht genau definiert. Die Formulierung lege nahe, „dass es sich dabei nur um die aktive, ständig verfügbare Truppenstärke handelt, also um regulär im Dienst befindliche Soldaten (Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Grundwehrdienstleistende)“.
Neue Diskussion um Wehrpflicht: „Massiv“ steigende Nato-Anforderungen an die Bundeswehr
Unterdessen ist eine neue Diskussion um einen verpflichtenden Wehrdienst absehbar. So sagte der neue Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte (CDU), dem Tagesspiegel, „massiv“ steigende Nato-Anforderungen seien ohne einen teilweise verpflichtenden Wehrdienst und eine attraktivere Bundeswehr kaum zu erfüllen.
Er forderte: „Das Verteidigungsministerium sollte einen konkreten Vorschlag vorlegen, in dem die Hürden für einen Wechsel hin zur Verpflichtung eines gewissen Kontingents junger Leute nicht zu hoch sind.“
Neuer Wehrdienstbeauftragter will alle jungen Männer für Wehrpflicht erfassen
Minister Pistorius hob bereits hervor, dass die Freiwilligkeit nur aufrechterhalten werden könne, wenn genug Personal gefunden werde. Auch Otte betonte nun, dass die Bundesregierung mit der Wehrerfassung aller jungen Männer die Voraussetzung schaffen wolle, „schnell auf einen verpflichtenden Dienst umschalten zu können, wenn es nicht genug Freiwillige gibt“. Das müsse „genau beobachtet werden“. Dabei dürfe „nicht zu lange gewartet werden“. (bb/dpa)