Außergewöhnlicher Fund auf Baustelle: Rätselhafte Bronzefigur entdeckt

Bei Grabungsarbeiten in Niedersachsen kam eine Figur zum Vorschein, die wahrscheinlich 2000 Jahre alt ist. Zusätzlich wurden mehr als 1000 Keramikscherben ausgegraben.
Borwede – Mittwochvormittag auf dem Baugelände der zukünftigen Zentralklinik in Borwede in Twistringen (Niedersachsen): Trotz des strömenden Regens haben Stephanie Böker und ihre Kollegen den Blick konzentriert auf den Boden gerichtet. Den archäologischen Grabungskräften entgeht nichts. Noch sind die Arbeiten, mit dem das Archäologiebüro ArchaeNord beauftragt ist, nicht abgeschlossen. Aber der größte Teil des neun Hektar großen Geländes ist bereits untersucht. Dabei kam ein spektakulärer Fund ans Tageslicht: eine kleine Bronzefigur.
Einzigartiger Fund in Borwede: Archäologen stoßen auf römische Bronzefigur
Auf Anfrage dieser Zeitung bestätigten Daniela Nordholz von ArchaeNord und ihre Grabungsleiterin Stephanie Böker diesen Fund. Das genaue Alter der Figur ist noch unklar. Nach erster Einschätzung stammt sie aus der römischen Kaiserzeit, also der Zeit von Christi Geburt bis 400. Zurzeit befindet sich die Bronzefigur im Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege in Hannover.
Weil die Archäologen noch mit Untersuchungsaufgaben in Borwede beschäftigt sind, konnten sie das Rätsel der Bronzefigur bisher nicht lösen. Schwierig ist die Zuordnung aus einem ganz besonderen Grund: „Es gibt bisher keine vergleichbaren Funde“, sagt die Grabungsleiterin. Auch am Dümmer ist in der Vergangenheit ein spektakulärer Fund gelungen.

Auf den ersten Blick scheint die Figur so gar nicht zu den anderen Funden in Borwede zu passen: „Wir haben mehr als tausend Keramik-Scherben gefunden“, erklärt Daniela Nordholz, die seit 2003 erfolgreich als selbstständige Archäologin arbeitet. Wenn diese Scherben gründlich gereinigt sind, können die Archäologinnen darin lesen wie in einem Buch: Verzierungen und Formen geben Aufschluss über die Zeit der Herstellung. Stephanie Böker will nicht ausschließen, dass einige möglicherweise sogar aus der Bronzezeit stammen. In jedem Fall wurden Gefäße damals so lange wie eben möglich genutzt. Anders als heute …
Hinweise auf Werkstätte: „Wir haben mehr als tausend Keramik-Scherben gefunden“
Andere Entdeckungen lassen darauf schließen, dass es auf dem Areal einst eine außergewöhnlich große Anzahl von Werkstätten oder Werkgruben gegeben hat. Deren Umrisse können Archäologen anhand von Verfärbungen im Boden rekonstruieren. Die vielen Funde von Holzkohleresten weisen auf eine enorme Produktivität hin. Also könnte Borwede einst ein pulsierender Handelsplatz gewesen sein? „Wir haben keine Münzen gefunden“, entgegnet Stephanie Böker. Auch seien auf dem Gelände keine Spuren von Wohnhäusern entdeckt worden. „Nur direkt am Rand der B 51“, ergänzt Daniela Nordholz. Mehr Fakten können jedoch nicht gesammelt werden: „Beim Straßenbau ist eine ganze Menge zerstört worden“, blickt die Archäologin zurück auf den einstigen Bau dieser Verkehrsader.
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Kommentar von Anke Seidel:
Raubgräbern drohen hohe Strafen
Eines haben der 2011 in Gessel gefundene Goldhort und die rätselhafte Bronzefigur, nun im Boden von Borwede entdeckt, gemeinsam: Es sind Schätze, die ohne die gesetzlich vorgeschriebenen archäologischen Voruntersuchungen vor einem Bauprojekt – wie damals die Erdgasleitung NEL und nun das Klinikum in Borwede – wohl niemals ans Tageslicht gekommen wären.
Ob goldene Fibeln oder Spiralen wie in Gessel, ob Keramikscherben oder die Spuren von Werkstätten wie in Borwede: Solche Funde sind gleichermaßen wertvoll, weil sie ein Fenster in die Jahrtausende vor unserer Zeit öffnen. Manchmal bereichern sie die Historie um wichtige Puzzleteile, manchmal geben sie aber auch Rätsel auf – wie die Bronzefigur aus Borwede.
Magisch wirken solche Funde leider immer wieder auf Abenteurer, die dann mit Metallsonden und Spaten auf die Suche gehen. Verbotenerweise! Raubgräbern drohen nach dem Kulturgutschutzgesetz hohe Strafen. Sie müssen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren rechnen, sollten sie Funde unerlaubt in den Handel bringen – oder Kulturgut beschädigen, zerstören oder verändern. Ganz zu schweigen davon, dass sich Sondengänger auf dem nicht öffentlichen Gelände in Borwede ohnehin strafbar machen würden. Es gehört dem Klinikverbund Diepholz.
Eine Chance, altes Metall – in welcher Form auch immer – dort noch im Boden zu finden, haben Raubgräber ohnehin nicht: Die archäologischen Fachkräfte haben das neun Hektar große Baugelände mehrfach und systematisch mit Metallsonden überprüft. Illegale Sondengänger und Raubgräber haben also nicht den Hauch einer Chance. Das ist gut so!
Ob einst eine Siedlung auf dem nahen Acker gestanden hat, bleibt unklar. Solange dort keine Bauprojekte genehmigt sind, gibt es auch keine archäologischen Voruntersuchungen. Die Funde vom Klinikgelände wollen die Archäologinnen übrigens in einer Pressekonferenz vorstellen – wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind.