Die Wahl-O-Mat-Tricks der Parteien: Warum so viele Nutzer beim Ergebnis eine Überraschung erleben
Unschlüssigen Wählern können Tools wie der Wahl-O-Mat bei ihrer Wahlentscheidung zur Bundestagswahl helfen. Manche Parteien tricksen jedoch bei ihren Positionen, sagt ein Politikwissenschaftler.
Münster/Frankfurt – Seit Donnerstag (6. Februar) ist der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung online. Das Entscheidungstool hilft dabei herauszufinden, welche Parteien der eigenen Haltung am nächsten sind. Der Wahl-O-Mat ist sehr beliebt. Allein bei der letzten Bundestagswahl 2021 wurde er über 21 Millionen Mal benutzt. Doch es gibt Stimmen, die das Tool kritisch sehen. Besonders die Neutralität vieler Parteien wird infrage gestellt.
Kritik am Wahl-O-Mat: Experte kritisiert Defizite am Tool – Das ist die Alternative
Nutzerinnen und Nutzer beantworten im Wahl-O-Mat 38 Thesen aus verschiedenen Politikfeldern. Dabei können sie zwischen den Antworten „stimme zu“, „stimme nicht zu“, „neutral“ oder „These überspringen“ wählen. Am Ende wird ausgewählt, welche Parteien miteinbezogen werden sollen. Möglich sind auch alle 29 zur Bundestagswahl 2025 zugelassenen Parteien. Nicht selten erleben die Nutzenden eine Überraschung, wenn sie gerade mit kleineren Parteien viele Übereinstimmungen finden.

Das liegt vor allem daran, dass sich diese Parteien häufig bei den Fragen enthalten, wie Prof. Dr. Norbert Kersting von der Universität Münster erklärt. „Dabei stellen die Parteien sich häufig neutraler dar, als sie sind“, sagte Kersting der Berliner Morgenpost. Politikwissenschaftler Christian Stecker von der Technischen Universität Darmstadt erklärte tagesschau.de, dass Nutzende lieber eine Aussage überspringen sollten, als „neutral“ zu wählen.
Defizite beim Wahl-O-Mat – Experte entwickelt Alternative „Wahl-Kompass“
Das ist nicht der einzige Kritikpunkt, den der Politikwissenschaftler Kersting zum Wahl-O-Mat hat. Der Professor hat zusammen mit einem Team den „Wahl-Kompass“ entwickelt. Ähnlich wie beim Wahl-O-Mat können die Nutzenden ihre Zustimmung oder Ablehnung zu insgesamt 31 Thesen abgeben. Die angegebenen Antworten werden dann mit den unterschiedlichen Positionen der Parteien verglichen. Allerdings werden nicht nur die Befragungen der Parteien bewertet – das Ergebnis des „Wahl-Kompass“ beinhaltet auch eine wissenschaftliche Einordnung durch deutsche Parteienforscherinnen und -forscher.
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Die abgegebenen Positionen werden auch mit den tatsächlichen Parteiprogrammen und den gestellten Leitanträgen abgeglichen. „Wir lassen das noch einmal durch Experten von verschiedenen Universitäten bewerten, lassen zusätzlich eine Expertengruppe darüber schauen und korrigieren, wenn nötig“, erklärt Kersting. Außerdem stehen den Nutzerinnen und Nutzern statt drei Antwortkategorien fünf zur Verfügung. Das ermögliche differenziertere Tendenzen zu den unterschiedlichen Thesen.
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Weitere Kritik richtet Kersting an die Personengruppe, die die Thesen erstellt und auswählt. Denn laut dem Politikwissenschaftler sind viele Jugendliche sowie Erstwählerinnen und Erstwähler beteiligt. „Der Wahl-O-Mat ist nicht nur für Jugendliche da“, kritisiert Kersting. Bei der Thesenbildung würden bestimmte Alters- und soziale Gruppen nicht berücksichtigt werden. „Der Wahl-O-Mat ist für alle da. Warum dürfen da die Babyboomer und andere Altersgruppen nicht mitreden?“
Die Antwort auf die Frage liegt in der Geschichte des Projekts. Der Wahl-O-Mat sei zur Steigerung der Wahlbeteiligung von Jungwählerinnen und Jungwählern entstanden. „Der Wahl-O-Mat hat als Tool von jungen Leuten für junge Leute begonnen, die sich zuerst im Internet bewegt haben“, erklärt Stefan Marschall, ein wissenschaftlicher Kopf hinter dem Projekt. An der Beteiligung der Jugendlichen halte man fest.
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Zudem weist Marschall die Kritik zur wissenschaftlichen Untermauerung zurück: „Wir haben eine fundierte Qualitätssicherung, die wir über Jahre erprobt und verbessert haben.“ Das Team arbeite mit Qualitätsstandards und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler brächten sich in alle Prozesse der Entwicklung ein. Wegen der vorgezogenen Neuwahlen stand das Team rund um den Wahl-O-Mat besonders unter Druck.
Den Nutzerinnen und Nutzern stehen am Ende gleich drei Tools zur Verfügung, um sich einen Überblick über die Haltung der Parteien zu verschaffen. Neben dem Wahl-O-Mat und dem Wahl-Kompass gibt es auch noch den Real-O-Mat. (vk)