Tablets doch erst ab der achten Klasse? „Rolle rückwärts, die für die Schulen nicht schön ist“

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Bayerische Schüler sollen nun doch erst ab der achten Klasse mit Tablets ausgestattet werden, kündigte der Ministerpräsident an. © Shotshop/Imago

Statt wie bisher ab der fünften sollen Schüler in Bayern erst ab der achten Klasse mit Tablets ausgestattet werden. An Schulen ist man von der Kehrtwende wenig begeistert.

Wer in Peiting zur Mittelschule geht, lernt früh, verantwortungsvoll mit digitalen Medien umzugehen. Die Schüler bekommen das nicht nur in dem neuen Computerraum vermittelt, der sogar mit VR-Brille und Greenscreen ausgestattet ist, sondern auch an ihren Tablets, die – neben Stiften, Heften und Büchern – fester Bestandteil des pädagogischen Konzepts der Schule sind. Die Geräte, die in der Anschaffung bezuschusst werden, kommen dort bereits ab der fünften Klasse zum Einsatz.

Genau dieser Ansatz war bisher im Sinne der Staatsregierung: Mit dem Programm „Digitale Schule der Zukunft“ hat das Bayerische Kultusministerium die digitale Bildung im Unterricht angekurbelt. Bis 2028 sollten damit alle Schüler an weiterführenden Schulen mit Tablets ausgestattet werden – mit einem Zuschuss von bis zu 350 Euro für persönliche Tablets in bestimmten Klassen, je nach Schule. Nun kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) aber an, dass es mobile Endgeräte doch erst ab der achten Klasse geben solle. Vorher sollten Lesen, Rechnen und die eigene Handschrift im Vordergrund stehen.

An vielen Schulen sorgt dieser Sinneswandel für Verwunderung. „Die Ankündigung des Kurswechsels war durchaus eine Überraschung für uns“, meint auch Jochen Böhm, der die Mittelschule in Peiting leitet. Da es bislang noch keine Ausführungsbestimmungen seitens des Ministeriums gebe, starte seine Schule im nächsten Schuljahr vorerst aber erneut mit den Tablets in den fünften Klassen, kündigt Böhm an.

„Sollte es in den nächsten Jahren tatsächlich zu einer Neuorientierung der digitalen Arbeit an Schulen kommen, so könnten wir unser innovatives pädagogisches Konzept in der bestehenden Weise nicht länger realisieren“, macht der Schulleiter deutlich. Den Schülern in knapp zwei Jahren, beziehungsweise drei Jahren bei M-Klassen, „notwendige digitale Kompetenzen für die Lebenswirklichkeit“ zu vermitteln, sieht Böhm als „große Herausforderung, die von uns umfängliche Anpassungsmaßnahmen erfordert“.

Konzept braucht zeitlichen Vorlauf

Ähnlich fällt die Reaktion auf die Änderung an der Heinrich-Campendonk-Realschule in Penzberg aus. Dort arbeiten die Schüler in den siebten und achten Klassen mit Tablets, erklärt Schulleiter Severin Hammel. Der Einsatz der digitalen Geräte und Medien sei fest im Lehrkonzept verankert – entwickelt habe sich das nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie, die das digitale Arbeiten praktisch erzwungen hat. Die Schule besitze auch sogenannte „Tablet-Koffer“, insgesamt seien ca. 150 Geräte im Einsatz, schätzt der Schulleiter. „Gerade die jungen Kollegen arbeiten damit sehr engagiert.“

Mit Blick auf die Neuregelung in Sachen Tablets spricht Hammel entsprechend von einer „Rolle rückwärts, die für die Schulen nicht schön ist“. Immerhin erfordere es stets „einen beachtlichen zeitlichen Vorlauf, so ein Konzept zu integrieren“. Er kritisiert auch, dass den Schulen bei diesem Thema zuerst Druck gemacht worden sei und man nun zurückrudere.

Trotzdem: Für seine Schule stelle die angekündigte Neuregelung „kein großes Problem“ dar, da die Tablets ohnehin erst ab der siebten Klasse eine Rolle spielen, sagt Hammel. Da dem Schulleiter noch keine andere Information vorliege, solle das auch im nächsten Schuljahr so bleiben. „Und aktuell gehe ich davon aus, dass die Schüler, die mit Tablets arbeiten werden, die Geräte auch gefördert bekommen.“

Digitale Kenntnisse vermitteln

Keine Auswirkungen soll die Tablet-Neuregelung auf die Schüler der Mittelschule in Schongau haben. Wie Schulleiter Frank Pfaffenberger sagt, entspreche der neue Ansatz des Ministeriums „ungefähr dem, was wir schon als Konzept fahren“. Die Mittelschüler bekommen die Geräte demnach im Laufe der siebten Klasse ausgehändigt und behalten sie in der achten und neunten Jahrgangsstufe. Daran wolle man im kommenden Schuljahr festhalten, so Pfaffenberger.

Auch am Gymnasium in Weilheim ändert sich nichts. Dort gebe es zwar „Tablet-Koffer“, mit denen auch schon die jüngeren Schüler digitale Kenntnisse vermittelt bekommen – eigene Geräte würden aber erst ab der neunten Klasse eingesetzt, erklärt Schulleiterin Andrea Pauline Martin. Das Gymnasium nimmt am Programm „Digitale Schule der Zukunft“ teil, und die Schüler bzw. Eltern können den Förderantrag für ein Tablet erst in der neunten Jahrgangsstufe stellen. Allerdings, so Martin, gebe es Ende der achten Klasse schon Workshops, in denen den Schülern der Umgang mit den digitalen Geräten gezeigt wird. „Das hat sich bewährt“, sagt die Schulleiterin.

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