Ist das Milliarden-Projekt gescheitert? Tesla baut in Deutschland vielleicht doch nicht aus

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Einblick ins Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin bei der Autoproduktion (Archivbild). © Patrick Pleul/dpa

Das Tesla-Werk in Grünheide bei Berlin plant, die Produktion von Elektroautos um die Hälfte hochzufahren. Dabei sind kürzlich erst Hunderte Mitarbeiter abgebaut worden.

Grünheide – Die Begeisterung für Elektroautos hat in Deutschland in den letzten Monaten merklich nachgelassen. Es werden immer weniger Elektroautos gekauft. Der Absatz ist laut Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts in den ersten sechs Monaten 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 16,4 Prozent auf 184.125 Fahrzeuge zurückgegangen. Wie wirken sich die Probleme am E-Auto-Markt auf Teslas Werk in Grünheide aus?

Turbulente Zeiten für einziges Tesla-Werk in Europa: E-Auto-Markt in der Krise

Kenner der Elektromobilitätsbranche sprechen seit längerem von einer Krise. Der Markt habe „jegliche Dynamik“ verloren, so die Unternehmensberatung EY im August. Viele Kunden zweifelten an den Perspektiven von Elektroautos. Auch gäbe es keine klaren Zeichen von der Politik, insbesondere was die Abkehr vom Verbrenner-Aus im Jahr 2035 betrifft.

Auch das Tesla-Werk, das seit 2022 in Grünheide bei Berlin produziert, durchläuft keine einfachen Zeiten. Es ist die einzige Fabrik von Tesla in Europa. Der Autobauer hatte vor über einem Jahr den Ausbau des Werks beantragt. Erst im Juli gab es dafür vom Brandenburger Landesamt für Umwelt grünes Licht. Der Bebauungsplan hatte im Vorfeld für Kritik gesorgt: Das Unternehmen wollte für den Ausbau und die Erweiterung um einen Güterbahnhof 100 Hektar Wald roden. Später wurde angekündigt, die Rodung auf knapp unter 50 Hektar zu reduzieren. Neben Protesten kam es in Grünheide jedoch auch zu wiederkehrenden Produktionsstillständen. Trotzdem scheint das Unternehmen an den Ausbauplänen festzuhalten – wenn doch auch mit leicht zögerlichen Worten.

Tesla-Ausbau weiter in Planung, aber keine Milliarden ohne Sicherheit vom Markt

„Wir gehen fest davon aus, dass der Markt wieder anziehen wird. Es ist sicherlich eine Frage, wie schnell und wann“, meint Tesla-Werksleiter André Thierig zur Deutschen Presse-Agentur. „Wir werden nicht mehrere Milliarden für den Ausbau der Fabrik in die Hand nehmen, ohne dass die Signale ganz klar sind, dass das vom Markt auch abgefragt wird.“ Wegen der schwierigen Marktlage bleibe der Zeitplan für den Ausbau momentan jedoch noch offen. „Wir können aufs Gas treten, wenn wir merken, dass wir es brauchen“, so Thierig. „Wir produzieren nach wie vor fünf Tage in der Woche dreischichtig und könnten jederzeit wieder hochlaufen.“

Tesla hatte angekündigt, die vorgesehene Produktion von 500.000 Autos im Werk auf eine Million Autos im Jahr zu verdoppeln, zuletzt waren es rund 300.000 Autos. Rund 12.000 Beschäftigte arbeiten in Grünheide nahe Berlin. Der von Tesla weltweit geplante Stellenabbau aufgrund des schwächelnden E-Auto-Markts betrifft auch Hunderte Arbeitsplätze in Deutschland. Erst im April hatte das Unternehmen den Abbau von 400 Stellen für das Werk angekündigt, was in der Zwischenzeit bereits passiert sei. „Wir haben die 400 Arbeitsplätze recht schnell und geräuschlos mit einem attraktiven Abfindungsprogramm abgebaut“, so Thierig, der seit fast 25 Jahren in der Automobilindustrie arbeitet.

Erhofftes Wachstum bei Tesla blieb im zweiten Quartal aus

„Unsere Planung Anfang des Jahres prognostizierte ein deutlich stärkeres Wachstum, das sich nicht eingestellt hat“. Das Unternehmen verzeichnete im zweiten Quartal wiederholt einen deutlichen Gewinnrückgang. Tesla machte in den Monaten März bis Juni rund 1,48 Milliarden Dollar (1,36 Mrd. Euro) Gewinn und damit 45 Prozent weniger als noch im Jahr zuvor. Trotzdem setzt Tesla auf das Ankurbeln der Produktion. Unter anderem auch wegen positiven Signalen aus Großbritannien: „Dadurch, dass wir jetzt auch den Rechtslenker-Markt in Großbritannien und Irland aus Berlin heraus bedienen, haben wir aber einen größeren Absatzmarkt, auf den wir direkt zugreifen.“

Neben der Waldrodung kritisieren Umweltschützer auch den Verbrauch von Frischwasser des Werks, denn die Tesla-Fabrik liegt direkt im Wasserschutzgebiet. 500.000 Kubikmeter Wasser seien letztes Jahr verbraucht worden. Pro Auto werden laut Tesla 1,8 Kubikmeter Wasser verbraucht – laut Tesla liege diese Menge deutlich unter dem Schnitt in der Autoindustrie. Auch die erhöhte Produktionsmenge von einer Million Autos soll den Verbrauch nicht erhöhen, denn man wolle in Zukunft neben dem Prozesswasser, auch das Sanitärabwasser in der Fabrik recyceln. Er selbst sieht den Protest aus dem Umland sowie den Umweltschützern kritisch: „Wir bauen hier Elektroautos, wir sind keine Ölraffinerie oder was auch immer.“ (tsb auch mit dpa)

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