Streit um Abschiebungen: Grüne sehen in Merz einen Brandstifter – doch der rudert zurück
CDU-Chef Merz ist nach dem Anschlag in Solingen mit seinen Forderungen auf viel Widerstand gestoßen – nun relativiert er seine Äußerungen.
Berlin – Friedrich Merz hat mit seinem Vorstoß zur Asylpolitik für Aufruhr gesorgt. Der Unionsfraktionschef hatte unter anderem einen generellen Aufnahmestopp für Menschen aus Afghanistan und Syrien gefordert. Zudem sollen freiwillige Aufnahmeprogramme enden. Der Unionsfraktionschef betonte, die Menschen hätten oft genug gehört, was nicht geht. Merz hatte sogar eine „nationale Notlage“ ins Spiel gebracht. Diese könnte EU-Recht aushebeln und Zurückweisungen ermöglichen.
Merz bot Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Zusammenarbeit an – notfalls ohne die Ampelpartner. Die Grünen reagierten empört und warfen Merz „Zündelei“ vor.
Grüne kritisieren „zündelnden“ Merz nach Asyl-Vorstoß
Die Grünen reagierten entsetzt auf Merz‘ Äußerungen. Irene Mihalic, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte der Bild: „Der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion zündelt (...), statt seiner Verantwortung gerecht zu werden. Er operiert mit dem Begriff ‚Notlage‘ und stellt damit gewissermaßen ein Misstrauensvotum gegen unseren demokratischen Rechtsstaat, statt ihn gegen seine Feinde zu verteidigen.“ Mihalic betonte aber auch, die Grünen seien „gesprächsbereit über alle konstruktiven Vorschläge, die mit Verfassung, Grund- und Menschenrechten vereinbar sind“.
Konstantin von Notz, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums, kritisierte Merz ebenfalls. „Merz sorgt mit seiner Rede von einer Notlage für Verunsicherung“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. Von Notz warnte, dies spiele Terroristen in die Hände.
Merz bietet Scholz Zusammenarbeit bei Asyl-Politik an – auch FDP „steht bereit“
Olaf Scholz zeigte sich grundsätzlich offen für eine Zusammenarbeit mit Merz. Er betonte jedoch: Alle Ideen müssten mit dem Grundgesetz vereinbar sein. Scholz sagte mit Hinblick auf bestehende Maßnahmen gegen irreguläre Migration: „Da sind Erfolge, aber sie reichen nicht.“ Der Kanzler will etwa bestehende Grenzkontrollen aufrechterhalten. Er sieht darin Erfolge bei der Reduzierung irregulärer Migration. Scholz betonte zudem: „Schwere Straftäter haben ihr Schutzrecht hier verwirkt.“
FDP-Chef Christian Lindner signalisierte Offenheit für Merz‘ Vorschläge. Er sagte der Bild: „Die FDP steht zu überparteilichen Anstrengungen bereit, neuen Realismus in der Migration von Bund und Ländern konsequent durchzusetzen.“ Lindner sieht demnach Überschneidungen zwischen Merz‘ Ideen und FDP-Positionen.
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Debatte über Migrations- und Asyl-Politik nach Anschlag in Solingen
Die neue Asyl-Debatte entbrannte nach einem Messerangriff in Solingen. Ein Mann tötete drei Menschen bei einem Stadtfest. Tatverdächtiger ist ein 26-Jähriger aus Syrien – die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Terrorverdachts. Der Täter hätte abgeschoben werden sollen.
Der CDU-Chef will den Zuzug über Grenzkontrollen regeln. Er erinnerte an EU-Recht: Asylanträge müssen im Ersteinreiseland gestellt werden. Merz fordert zudem mehr Kompetenzen für die Bundespolizei. Besonders Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan sollen zurückgewiesen werden, dies seien Merz zufolge die problematischsten Gruppen.
Der Kanzler sagte, die Bundesregierung arbeite bereits an Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien. Dies soll für Schwerstkriminelle gelten. Scholz betonte die Notwendigkeit enger Kooperation zwischen Bund und Ländern.
Seit Oktober 2023 gibt es Kontrollen an mehreren Grenzen. Innenministerin Nancy Faeser und Bundespolizei-Präsident Dieter Romann loben die Maßnahmen. Sie verweisen auf Schleuser-Festnahmen und Zurückweisungen.
Merz rudert nach Asyl-Vorstoß teilweise zurück
Nach heftiger Kritik ruderte Merz teilweise zurück. „Eine Änderung des Asylrechts im Grundgesetz fordern wir nicht“, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden vierseitigen „Fragen und Antwort“-Papier, das Merz an die Mitglieder des Bundesvorstands seiner Partei nach seinem Treffen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) verschicken ließ.
Merz verteidigt seinen umstrittenen Vorschlag für einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan grundsätzlich – spricht aber nur noch von einem „faktischen Aufnahmestopp“, zu dem seine Vorschläge führen würden.
Der CDU-Chef schlug vor, zwei Unterhändler einzusetzen. Diese sollen konkrete Gesetzesvorlagen erarbeiten. Merz drängt zudem auf eine schnelle Umsetzung: Er habe Scholz vorgeschlagen, mögliche Gesetzesänderungen in der Haushaltswoche im September zu verabschieden. (mit dpa)