Vom Erhard-Gipfel reicht der Blick bis ins All
Was die Welt bewegt, ist Thema beim Erhard-Gipfel in Kaltenbrunn. Im Fokus steht ein starkes Deutschland, aber der Blick reicht bis ins All. Astronaut Matthias Maurer sprach über die Bedeutung der Raumfahrt und das Gefühl von Schwerelosigkeit. Unterdessen freuen sich die Organisatoren über die Anziehungskraft des Gipfels.
Kaltenbrunn – Die Frage, ob es wohl Außerirdische gebe, beantwortet Matthias Maurer ohne Zögern. „Ja klar. Ich war doch selbst schon einer.“ Der Saarländer (54) ist einer von bisher zwölf Deutschen, die im Weltraum unterwegs waren. Als Astronaut der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA gehörte der promovierte Werkstoffkundler sechs Monate lang, von November 2021 bis Mai 2022, zum Team auf der internationalen Raumstation ISS. Ein Außenbordeinsatz gehörte dazu. Wie Alice im Wunderland habe er sich da draußen gefühlt, berichtet Maurer im Gespräch mit Interviewer Oliver Rolof. Beim „Future & Finance Day“ des Erhard-Gipfels auf Gut Kaltenbrunn spricht Maurer über die Chancen, die Experimente im Weltall für die Entwicklung neuer Technologien bieten.
Experimente im Zeitraffer bei Schwerelosigkeit
Auch für die Medizin: In der Schwerelosigkeit mutierten Tumore in zwölf Tagen so stark wie ansonsten in zwölf Jahren, berichtet Maurer, der sich selbst mit Materialien beschäftigt. Eng getaktet hat er auf der ISS unzählige Experimente durchgeführt, allesamt von hochkarätigen Wissenschaftlern entworfen. Maurer hat Sorge, dass Deutschland bei der rasanten Entwicklung der Raumfahrt den Anschluss verpassen könnte und anderen Ländern den Wachstumsmarkt im All überlässt. „Wir müssen mehr tun.“ Es lohne sich, jetzt zu investieren: „Das ist wie beim Internet vor 20 Jahren.“
Maurer träumt von der Mond-Mission, trotz der deutlich höheren Lebensqualität auf der Erde. Auf der ISS hat er eine Tasse Capuccino vermisst. „Kaffee gab’s selten, und wenn, dann nur aus Pulver gemacht in Beuteln.“
Gipfel bietet viel Raum für Gespräche
Beim Gipfel hingegen gab’s jede Menge Kaffee, von edlen Maschinen gebrüht, fein Gekochtes in zarten Schüsselchen und viele Möglichkeiten, miteinander ins Gespräch zu kommen. „Die Leute haben Zeit, wenn sie zu uns kommen. Das wäre in München anders“, sagt Verleger Wolfram Weimer, der den Gipfel gemeinsam mit seiner Frau Christiane Goetz-Weimer nun zum zehnten Mal auf die Beine gestellt hat. Das „Treffen der Entscheider“ ist Jahr um Jahr gewachsen. Zum ersten Mal geht er heuer über drei Tage. Das wird so bleiben. „Wir könnten auch einen vierten Tag füllen“, meint Weimer. Pro Tag kommen rund 1000 Besucher, um die über 100 Speaker aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zu hören. Die besondere Tegernseer Stimmung, so Weimer, sei dabei erhalten geblieben.
Der Höhepunkt: Verleihung des Friedenspreises an Julia Nawalnaya
Am heutigen Freitag wird Julia Nawalnaya erwartet, die für sich und ihren verstorbenen Ehemann Alexej Nawalny den Freiheitspreis der Medien entgegennimmt, begleitet von weiteren russischen Oppositionellen. Für Weimer ist dies der Höhepunkt des Gipfels. Weil es unter die Haut geht, Menschen zu begegnen, die bereit sind, ihr Leben für die Freiheit zu opfern. Dass heute auch Demonstranten kommen wollen, findet er gut, sofern alles friedlich abläuft: „Die Politik soll sehen, was los ist im Land.“ Dass Bürger auf ihre Nöte aufmerksam machen, „passt zum Geist des Gipfels“.