Irans Präsident Raisi ist tot: Er ist jetzt sein Nachfolger – Zeitrahmen für Neuwahlen steht fest

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Irans Präsident Ebrahim Raisi stirbt bei einem Hubschrauberabsturz. Vorerst springt als Stellvertreter Mohammed Mochber ein. Bald stehen Neuwahlen an.

Teheran – Mehr als ein halber Tag verging, bis aus der Befürchtung Gewissheit wurde. Der Absturz des iranischen Präsidentenhubschraubers vom Sonntag hat alle neun Insassen das Leben gekostet, also auch Regierungschef Ebrahim Raisi und Außenminister Hussein Amirabdollahian. Dichter Nebel hatte die Suche der Rettungskräfte und mehrere Drohnen erheblich erschwert und war möglicherweise auch der Auslöser für das Unglück.

Nachdem nach ersten Meldungen eines Unfalls respektive einer „harten Landung“ noch Hoffnung verbreitet wurde, es könnte alles glimpflich ausgegangen sein, wird der seit August 2021 amtierende Raisi in iranischen Medien nun als Märtyrer betrauert. Seine letzte Tat für das Land war die Einweihung eines Staudamms in der nordwestlichen Provinz Ost-Aserbaidschan. Wie Aufnahmen zeigen, traf der Präsident dafür mit dem aserbaidschanischen Machthaber Ilham Alijew zusammen.

Ebrahim Raisi und Reste eines Hubschraubers
Ein Hubschrauberflug wurde ihm zum Verhängnis: Irans Präsident Ebrahim Raisi stirbt mit 63 Jahren. © IMAGO / ZUMA Wire, IMAGO / ZUMA Press Wire

Iran trauert um Präsident Raisi: Kabinett spricht von Opfer für die Nation und Märtyrertod

Auf der Rückreise verunglückte die Maschine, während die beiden anderen Helikopter aus der Flotte mit weiteren Ministern an Bord wohlbehalten zurückkehrten. Das iranische Kabinett gedachte in einem ersten Statement dem „fleißigen und unermüdlichen Präsidenten des Iran, der nichts anderes tat als den großartigen Menschen im Iran auf dem Weg zum Fortschritt und der Entwicklung des Landes zu dienen“.

Er habe sein Versprechen gehalten und „opferte sein Leben für die Nation“. Auch hier ist von einem „Märtyrertod“ die Rede. Zudem wird versprochen, dass der eingeschlagene Weg fortgesetzt werden soll und es „keine Fehler bei der Verwaltung der Angelegenheiten des Landes geben“ wird.

Passend dazu zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Irna den Religionsführer Ajatollah Ali Chamanei, als dessen Nachfolger Raisi gehandelt wurde, mit dem Versprechen: „Die Menschen im Iran sollten sich keine Sorgen machen, es wird keine Störungen in der Arbeit des Landes geben.“ Diese Sätze stammten jedoch noch aus den Stunden, als der Präsident offiziell als verschollen galt.

Iran nach dem Tod von Raisi: Vizepräsident Mochber übernimmt - binnen 50 Tagen muss gewählt werden

Vorerst übernimmt mit Mohammad Mochber der erste Vizepräsident gemäß Protokoll die Regierungsgeschäfte. Er hatte bereits am Sonntagabend eine Notsitzung einberufen, am Montagmorgen folgte eine weitere Sondersitzung unter seiner Leitung. Die Zeit drängt. Denn die Verfassung legt fest, dass binnen 50 Tagen Neuwahlen stattfinden müssen. Demnach also – vom Tag des Absturzes ausgehend – spätestens am 8. Juli.

Beobachter erwarten nun einen Machtkampf, in dem auch Hardliner mitmischen könnten, die Raisis Präsidentschaft als zu schwach beurteilen könnten. So sieht es etwa der Iran-Experte Arash Azizi, der in einer Analyse für die US-Zeitschrift The Atlantic vor dem Fund des ausgebrannten Präsidentenhubschraubers schrieb: „Der Tod von Raisi würde das Machtgleichgewicht zwischen den Fraktionen innerhalb der Islamischen Republik verändern.“

Der verstorbene Präsident stand jedoch auch für einen erzkonservativen Kurs. In seine Amtszeit fallen die landesweiten Proteste infolge des Todes von Mahsa Amini, der der ganzen Welt vor Augen führte, wie rücksichtslos Raisi die Einhaltung des Kopftuchzwangs überwachen ließ. Bereits in seiner Zeit als Staatsanwalt hatte er sich den Beinamen „Schlächter von Teheran“ verdient, galt als Verfechter der Todesstrafe.

Ebrahim Raisi (r.) sitzt neben Mohammad Mochber und spricht in ein Mikrofon
Der verstorbene Präsident und sein Stellvertreter: Nach dem Tod von Ebrahim Raisi (r.) übernimmt offiziell Mohammad Mochber die Regierungsgeschäfte. © IMAGO / ZUMA Press Wire

Wie verändert sich der Iran ohne Raisi? „Die Grundlagen dieser Politik werden dieselben bleiben“

Keine große Veränderung des iranischen Kurses erwartet derweil Jason Brodsky. Laut The Times of Israel sagte der politische Direktor der gemeinnützigen Organisation United Against Nuclear Iran: „Der Präsident der Islamischen Republik setzt um, er ist kein Entscheidungsträger. Die Politik der Islamischen Republik, die Grundlagen dieser Politik, werden also dieselben bleiben.“

Im selben Artikel kommt auch Ori Goldberg von der Reichman University in Tel Aviv zu Wort. Laut dem auf den modernen Iran spezialisierten Dozenten arbeitet Raisi lediglich für Chamenei, seine Präsidentschaft sei ohnehin fragwürdig gewesen: „Er wurde in den am wenigsten demokratischen Wahlen gewählt, die die Islamische Republik jemals hatte.“

Für Goldberg steht nun auch ein Test für den mächtigen Religionsführer an. Denn dieser müsse nicht nur das Land, sondern auch seine Führungsrolle durch die Übergangszeit tragen.

Menschen in einem Waldstück
Sie können nichts mehr für die Hubschrauberinsassen tun: Dieses Bild soll die Rettungskräfte am Unglücksort zeigen. © IMAGO / ABACAPRESS

Kommt Unruhe im Iran auf? Politische Schwäche könnte weitere Anschläge heraufbeschwören

Während vor allem im Westen und in Jerusalem befürchtet wurde, Teheran könnte sich im Nahost-Krieg mit zunehmender Dauer offensichtlicher einmischen und die Gemengelage in der Region umso mehr für seine Zwecke nutzen, wird nun erwartet, dass der Iran vorerst mit innenpolitischen Fragen gebunden sein wird.

Auch die Gefahr für weitere Anschläge im Land ist wohl nicht von der Hand zu weisen, sollte die aktuelle Führung Schwäche zeigen. Verwiesen wird auf Bluttaten der vergangenen Monate, allen voran die Bombenanschläge am 3. Januar, dem vierten Todestag von General Qasem Soleimani, bei denen fast 100 Trauernde ums Leben kamen.

Während Teheran aus der ganzen Welt – etwa von der EUBeileidsbekundungen erreichen, steht das Land also vor einer ungewissen Zukunft. Längst nicht nur die mehr als 80 Millionen Menschen im Iran werden die weiteren Entwicklungen mit Spannung verfolgen. (mg)

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