Der Leitartikel "Die neue Weltunordnung: Was zwei Europäer uns über Frieden lehren" von FOCUS-online-Autorin Tanit Koch trifft auf eine gespaltene Leserschaft. Die Leser diskutieren den Wert von Friedensinitiativen und Europas Umgang mit dem Ukraine-Krieg. Einige bezweifeln die Wirksamkeit solcher Auszeichnungen, andere betonen ihre symbolische Kraft. Die Stimmung: nachdenklich, kritisch – und geprägt von der Frage, was Frieden in einer zerrissenen Welt heute noch bedeutet.
Grundsatzkritik am Friedensdiskurs
Ein Teil der Leser äußert grundsätzliche Skepsis gegenüber Friedenspreisen und Friedensforschung. Ihr Argument: Sie befürworten symbolische Ehrungen, die reale Konflikte nicht lösen, sondern bestenfalls Journalisten Material liefern. Der von Tanit Koch dargestellte Fall von zwei geehrten Friedensakteuren zeigt, wie groß die Erwartungen an solche Auszeichnungen sind – und wie wenig Relevanz manche Kommentatoren darin sehen.
Hinter der Anerkennung stehe oft politisches Kalkül statt wirksame Friedensarbeit. Der Eindruck: Friedenspreise wirken wie "Gütesiegel für Vermittlung" – ohne dass tatsächliche Friedensprozesse sichtbar werden. Diese Haltung verweist auf eine tiefere Unzufriedenheit mit öffentlich geförderten Symbolen im Umgang mit Krieg und Frieden.
"Die Friedenszeiten, so erstrebenswert sie sind, sind meist von kurzer Dauer, und ein Träumer ist, wer an die Friedensfähigkeit des Menschen glaubt. Aus diesem Grund sind Friedenspreise und die Auswahl der Preisträger in den allermeisten Fällen reine Effekthascherei und nicht friedenserhaltend." Zum Originalkommentar
"Fast alle in der letzten Zeit vergebenen Preise werden so politisch opportun verteilt, dass der Eindruck vorauseilenden Gehorsams entsteht. Man könnte nur vermuten, dass dies geschieht, damit weiter Fördermittel an die entspr. Instanzen fließen." Zum Originalkommentar
"Friedensforscher? Wer? Schlögel? Ok, er passt ins Bild der Aufrüstungsspirale, die in der EU vollzogen wird, sonst gäbe es auch keine Auszeichnung. Putin verteufeln reicht heute, um einen Preis zu bekommen!" Zum Originalkommentar
Distanz zu Lehren aus dem Krieg
Ein nicht unerheblicher Teil der Leser reagiert ablehnend auf die Idee, Lehren aus dem Krieg in der Ukraine ziehen zu sollen. Sie kritisieren, dass in Deutschland Forderungen nach Wehrpflicht, Erinnerungskultur oder militärischer Beteiligung mit der ukrainischen Situation verknüpft würden, ohne deren Komplexität zu berücksichtigen. Der Tonfall ist zynisch: Wer sich nicht in Opferrollen begeben oder Kriegsdienste leisten wolle, werde dennoch angesprochen. Diese Reaktion verweist auf ein Spannungsfeld zwischen Solidarität, Erwartung und persönlicher Abwehrhaltung gegenüber militärischen oder gesellschaftlichen Vorbildern.
"Von der Ukraine lernen. Soll ich lachen? Oder heulen..." Zum Originalkommentar
"Sorry, aber wenn ich an Ukrainer denke, sehe ich nur Bürgergeld, nichts tun und die Aufforderung, unsere Kinder dort verheizen zu wollen, alle müssen zum Wehrdienst. Nein, das ist keine Option." Zum Originalkommentar
"Was soll man denn von der Ukraine lernen ..." Zum Originalkommentar
Zweifel an der NATO-Logik
Einige Leser vertreten die Ansicht, dass Neutralität Konflikte zumindest eindämmen könnte – etwa durch einen Verzicht auf militärische Bündnisse. Im Artikel wird hingegen argumentiert, dass Frieden keine Automatismus ist. Die Kommentatoren wenden das um: Sie sehen in der westlichen Einbindung der Ukraine und in Bündnissen nicht Stärkung, sondern Risiko. Ihr Einwurf: Vielleicht hätte eine anders strukturierte Außen‑ und Sicherheitspolitik größere Stabilität gebracht. Diese Haltung zeigt eine konträre Perspektive auf den Krieg – weniger Intervention als Selbstbeschränkung.
"Wir können von der Ukraine lernen, dass man Kriege vermeiden muss. Die Ukraine ist kein NATO-Mitglied. Wäre die Ukraine neutral geblieben, müsste sie jetzt nicht auf Gebiete verzichten." Zum Originalkommentar
"Immer diese unbewiesenen Thesen. Russland hat ganz klar seine Ziele im Krieg genannt. Und die sind noch nicht erreicht. Übrigens auch die Alternativen, wenn es die nicht erreicht." Zum Originalkommentar
"Schlögels Begriff 'neue Weltunordnung' ist zynisch, denn das bedeutet ja, dass die Welt vorher in Ordnung war. Das sehen viele Völker anders." Zum Originalkommentar
Ursachenforschung im eigenen Land
Weitere Leser richten ihre Kritik auf innere Ursachen von Konflikten: die ihrer Meinung nach verwöhnte Gesellschaft, politische Selbstzufriedenheit und fehlende Bereitschaft, Frieden aktiv zu verteidigen. Im Kommentar von Koch wird die Generation Friedensverwöhnter benannt, die sich schwer damit tue, Abschied vom Frieden zu nehmen. Die Kommentatoren sehen darin eine Warnung: Nicht äußere Feinde seien allein das Problem, sondern eine Gesellschaft, die ihre Sicherheit für selbstverständlich hält und damit angreifbar wird. Das Thema wird mit Missmut verknüpft: Frieden sei kein passiver Zustand, sondern eine aktive Errungenschaft.
"Es bewahrheitet sich leider immer wieder: Geht es einem Volk zu gut, zettelt es einen Krieg an, und geht es einem Volk sehr schlecht, zetteln die Politiker zur Ablenkung auch einen Krieg an." Zum Originalkommentar
"Die Jugend ist einfach viel zu behütet in den letzten 20-30 Jahren aufgewachsen. Auch die Medien haben ihr Allermeistes getan, alle zu verweichlichen! Dabei war schon seit 1998 klar, dass Europa nicht auf Frieden gebaut ist! Schon da hat der Russe wieder mit Krieg begonnen und bis heute nicht aufgehört ..." Zum Originalkommentar
Lob für Karl Schlögel
Schlögel wird auch als differenzierten Denker, der pazifistische Grundsätze mit realistischer Außenpolitik verbindet, gelobt. Die Zustimmung richtet sich darauf, dass er nicht nur warnend spricht, sondern ein komplexes Verständnis von Krieg, Frieden und Geschichte vermittelt. Damit gilt er als Hoffnungsträger für einen reflektierten Dialog.
"Schlögel scheint ein schlauer Mann zu sein. Im Gegensatz zu Leuten, die bei Ukrainern an Bürgergeld denken..." Zum Originalkommentar
Ablehnung exponierter Persönlichkeiten
Ein teil nimmt eine ablehnende Haltung gegenüber Personen ein, die öffentlich als Friedensbotschafter auftreten. Ihre Kritik zielt auf Prominenz und Inszenierung: Friedensarbeit werde hier als Show verstanden, nicht als Substanz.
"Ich habe von diesen Personen noch nie was gehört. Und deren Gerede hat noch nie zu Frieden beigetragen, sondern andere waren daran beteiligt. Lasst mich endlich mit solchen Menschen in Frieden, die von gewissen Gruppen schon immer hofiert wurden, aber im Endeffekt unnützer sind, als man denkt." Zum Originalkommentar
Sonstiges
Die verbliebenen Leser vereinen verschiedenste ironische, sarkastische und pointierte Kommentare, die sich kritisch, teils zynisch mit Frieden, Politik und dem Diskurs auseinandersetzen.
"Ich Wahnsinniger habe mir gestern doch mal wieder die Tagesschau angetan - der Redenschnipsel von Herrn Schlögel, in dem er verkündet, was die "die Ukrainer" so alles wollen und tun, hat mir gereicht." Zum Originalkommentar
"Inzwischen ist es ganz selbstverständlich geworden, vom Ende des Friedens in Europa zu sprechen." Zum Originalkommentar
Diskutieren Sie mit! Was lehrt uns der Umgang mit Frieden? Wie sehen Sie die Rolle von Europa in der aktuellen Weltlage? Sind Friedenspreise noch zeitgemäß oder braucht es ganz andere Impulse? Diskutieren Sie mit und teilen Sie Ihre Einschätzung in den Kommentaren!
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