Debatte um Handgeld für Abgeschobene: 1000 Euro für afghanische Straftäter – Was steckt dahinter?
Am Freitagmorgen wurden 28 afghanische Straftäter abgeschoben. Wegen eines Förderprogramms des Bundes erhielt jeder nun 1000 Euro Handgeld.
Berlin/Leipzig - Nach der Abschiebung von 28 Straftätern nach Afghanistan entzündet sich unter anderem im Netz eine Debatte daran, dass Abgeschobenen auch ein sogenanntes Handgeld von 1000 Euro mitgegeben wurde. „Dass Vergewaltiger und andere Schwerstkriminelle auch noch bei der Rückreise in ihr Heimatland ein Handgeld von 1000 Euro bekommen, ist inakzeptabel! Ist die Ampel nun endgültig von allen guten Geistern verlassen?“, schrieb beispielsweise der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß bei X, dem ehemaligen Twitter.
Diese und zahlreiche weitere Posts zu diesem Thema führten online zu einer Debatte. Nutzer verwiesen dabei auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2022, die darauf abstellt, dass ein ausreisepflichtiger Ausländer nach seiner Rückkehr „gegebenenfalls durch ihm gewährte Rückkehrhilfen, in der Lage ist, seine elementarsten Bedürfnisse über einen absehbaren Zeitraum zu befriedigen“.
Abschiebungen nach Afghanistan: Niedersachsen bestätigt Zahlung von 1000 Euro
Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte sich in Berlin auf Nachfrage nicht konkret dazu und verwies auf die Zuständigkeit der Bundesländer bei Abschiebungen. Die SPD-Politikerin sprach aber von einem üblichen Verfahren, um Rechtssicherheit herzustellen, damit Gerichte die Abschiebung nicht stoppen.
Eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums hatte bestätigt, dass fünf Männer, die aus Niedersachsen abgeschoben wurden, jeweils 1000 Euro bekamen. Ihren Informationen zufolge hatten sich alle beteiligten Bundesländer auf diesen Betrag geeinigt. Das Geld solle reichen, um sechs bis neun Monate den Lebensunterhalt in Afghanistan bestreiten zu können, erklärte sie.
1000 Euro Handgeld für Straftäter: Kontroverse um Zahlung an 28 Afghanen
Deutschland zahlt auch freiwilligen Rückkehrern Geld, die ihren Asylwunsch wieder fallen lassen, zur Wiedereingliederung im Herkunftsland. Für das entsprechende Programm „Reag/Garp“ gaben Bund und Länder 2022 nach Angaben des Bundesinnenministeriums 17,5 und im vergangenen Jahr 21,5 Millionen Euro aus.
Erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren hat Deutschland wieder Afghanen in ihr Herkunftsland abgeschoben. Unter den 28 Männern sind nach Angaben der beteiligten Länder Sexualstraftäter und gewaltbereite Kriminelle. Die Straftäter hätten mindestens zwei Drittel ihrer Strafe in Deutschland bereits abgesessen, berichteten mehrere Abgeordnete aus einer Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses, die den Anschlag in Solingen zum Thema hatte.
Abschiebeflug nach Afghanistan: Bundesregierung setzt auf Unterstützung aus Katar
Deutschland unterhält zu den Taliban-Machthabern in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim Ende Mai hatte Kanzler Olaf Scholz angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und auch Syrien wieder zu ermöglichen.
Meine news
Bei der Abschiebung setzte die Bundesregierung nun auf die Unterstützung des Emirats Katar. Zum Einsatz kam ein Charterjet von Qatar Airways, der auf dem Tracking-Portal Flightradar zu verfolgen war und demnach am Nachmittag in Kabul landete. Der Abschiebeflug startete zwar wenige Tage nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten tödlichen Messerattentat von Solingen, hat aber einen deutlich längeren Vorlauf, wie es aus Behördenkreisen hieß. Das Nachrichtenmagazin Spiegel schrieb von zwei Monaten.
Das Vorgehen könnte nun auch eine Blaupause für künftige Abschiebungen nach Afghanistan und möglicherweise auch Syrien sein. Die Bundesregierung prüft Möglichkeiten zur Abschiebung in diese Länder seit Monaten. Dabei sollen auch Nachbarstaaten wie Usbekistan eine Rolle spielen. (dpa/fmü)