Französin gibt alles für die Freundschaft zwischen Kempten und Quiberon
Kempten – Marie-Claude Coantic ist für viele in Kempten untrennbar mit der französischen Partnerstadt Quiberon verbunden. Sie möchte dazu beitragen, dass sich weiterhin viele Deutsche und Franzosen kennenlernen.
Als die Übersetzungsfunktion auf Facebook kürzlich nicht mehr funktionierte, war sie ganz und gar nicht erfreut. Denn über die Plattform hält sie Kontakt nach Kempten. Sie folgt den Kemptener Feuerwehr genauso wie der offiziellen Seite der Stadt oder des Kreisboten. Sie hat ganz genau im Blick, was in der Allgäuer Stadt passiert, und verziert viele Facebook-Posts von dort mit „Likes“. Marie-Claude Coantic ist DAS Gesicht, das vielen Kemptenerinnen und Kemptenern in den Sinn kommt, wenn sie an die französische Partnerstadt Quiberon denken.
Unzählige Kemptener hat Marie-Claude Coantic bereits in Familien in Quiberon untergebracht, Schüler-Austauschreisen begleitet, deutsch-französische Radtouren gestemmt, zu Literatur- und Chorfestivals in die Bretagne eingeladen mit Schriftstellern beziehungsweise Sängern aus Kempten und Letzteren sogar aus Sopron. Auf den Patenwein-Ausschänken von Kemptens Partnerstadt Bad Dürkheim bei der Festwoche – „La fête d‘Allgäu, Das Fest des Allgäus“, wie man in Quiberon sagt – ist sie keine Unbekannte. Drei Kemptener Oberbürgermeister zählt sie zu ihren Bekanntschaften.
Überraschung für den Kemptener Oberbürgermeister
Ins Schwärmen gerät Marie-Claude Coantic, wenn sie von gegenseitigen Besuchen der Quiberoner und der Lenzfrieder Feuerwehr berichtet, oder wenn sie sich an Oberbürgermeister Thomas Kiechles freudige Überraschung erinnert, als er entdeckt hat, dass sein Vater Ignaz Kiechle im Jahr 1971 den ersten Freundschaftsvertrag zwischen Quiberon und Sankt Mang unterzeichnet hat. Genauso begeistert spricht sie von deutsch-französischen Ehen und Kindern, die die Kemptener Städtepartnerschaft geboren hat. Und selbst eine ihrer eigenen Töchter lebt in Hamburg, die Enkelkinder parlieren Deutsch und Französisch, das erzählt sie nicht ohne einen gewissen Stolz.
Seit mittlerweile zwölf Jahren ist Marie-Claude die Präsidentin im „Comité de Jumelage“, dem Verein für Partnerstädte in Quiberon. Seit nunmehr 30 Jahren wirkt sie dort als Mitglied mit und hat immer wieder neue Ideen, wenn es darum geht, die Menschen aus den beiden Städten zusammenzubringen. „Es ist wichtig, aufeinander zuzugehen und sich kennenzulernen“, sagt die 76-Jährige. Wenn immer möglich, bringt sie die Menschen, die an einem Austausch teilnehmen, in Familien unter. „Es geht darum einzutauchen und darum, den Alltag, die Küche, die Traditionen, das Schulleben des anderen kennenzulernen.“ Dabei sei es egal, ob man die Sprache des anderen spreche oder nicht. „Es ist eine Bereicherung, sich kennen- und verstehen zu lernen.“ Hinterher sind die Menschen viel offener, weiß sie aus ihrer Erfahrung.
„Ich mache es aus tiefem Herzen und nicht für Medaillen“
Marie-Claude weiß auch, dass immer weniger Franzosen Deutsch lernen, Spanisch ist leichter, das Schulsystem trage aber auch dazu bei, dass die Schar der Deutschlernenden abnimmt. Und zu ihren Erfahrungen gehört auch, dass die einmal geknüpften Freundschaften zwischen den Austauschpartnern heutzutage nicht mehr so lange halten wie früher. Die Hemmungen, an so einem Austausch teilzunehmen, sind größer als einst. Dass sich weiterhin viele Deutsche und Franzosen kennenlernen, dazu möchte sie beitragen.
Kürzlich hat sie mit der Vereinigung Deutsch-Französischer Gesellschaften für Europa eine Ausstellung konzipiert zum 70. Jahrestag des Elysée-Vertrags, die nun in den Schulen zirkuliert. „Die Ausstellung gibt es auch auf Deutsch“, sagt Marie-Claude, „wenn sie die Stadt Kempten zeigen möchte, ist das möglich.“ Und gerade hilft die Vorsitzende dabei, ein dreiwöchiges Praktikum von elf Schülerinnen und Schülern der FOS/BOS Kempten in Quiberoner Firmen kommenden Mai vorzubereiten.
Petra Le Meledo-Heinzelmann: „Sie ist sehr wichtig für uns“
Als eine „Gallionsfigur“, beschreibt Petra Le Meledo-Heinzelmann, Vorsitzende im Kemptener Freundschaftskreis für Partnerstädte und zuständig für Quiberon, ihr französisches Pendant. „Sie ist eine Fighterin für Quiberon und Kempten, eine Figur an einem alten Segelschiff, die vorneweg fährt und sich von nichts aufhalten lässt. Sie setzt sich voll ein mit allem, was sie hat.“
Meine news
Aber woher nimmt diese Frau ihre Energie? „Körperliche Aktivität in der Gruppe tut gut“, sagt die quirlige Partnerstadtbeauftragte, die viele Jahre lang Ausbilderin im Modern Jazz war und selbst jetzt noch Gymnastikkurse gibt. „Das hilft mir und den Teilnehmern“, sagt sie. Eine gute Schule für ihr Leben sei auch ihre Arbeit mit Kindern mit Behinderung gewesen. „Diese Leute kämpfen dafür, mehr aus ihrem Leben zu machen. Da habe ich einige schöne Lektionen gelernt.“
Unterstützung erfährt Marie-Claude auch durch ihren Mann Élie, einem ehemaligen Taucher, der in Quiberon ein Heimatmuseum mit allerhand nautischen Gegenständen betreibt und Deutsch spricht. „Ein bewundernswertes Ehepaar“, findet Gudrun Flaig, die viele Jahre lang im Büro des Oberbürgermeisters zuständig war für die Partnerstädte. Flaig ist beeindruckt von der Agilität und den Ideen der Coantics, zu denen über die Jahre eine gute Freundschaft entstanden ist.
Neue Projekte stehen nach schweren Zeiten an
Hart war für Marie-Claude die Zeit, als der Krebs in ihr Leben trat. Drei Jahre kämpft sie nun gegen die Erkrankung, die mittlerweile in Remission gegangen ist. Die Chemo-Behandlung ist nicht leicht gewesen. Als sie sich an ihr Treffen mit den deutschen Freunden bei der Allgäuer Festwoche diesen Sommer erinnert, kommen ihr die Tränen. „Das war so ein freundlicher Empfang!“, schwärmt sie, „die Auszeit aus der Krankheit war sehr wichtig.“ Auch die Bergluft habe ihr gutgetan.
Und jetzt stehen die nächsten Projekte an: Ein Kemptener Boule-Verein möchte nächstes Jahr sein Pendant aus Quiberon treffen. Und wie sie die Freundschaft zwischen den beiden Städten weiter beleben kann, weiß Marie-Claude auch schon: „Es wäre schön, wenn ein junger Mensch ein Jahr im Deutsch-Französischen Freiwilligendienst in Quiberon verbringen würde, und bei seiner Arbeit in der Stadt und der Schule zeigen würde, was man in Deutschland macht und wie man dort lebt.“