An diesem Wochenende soll Wladimir Putins Macht einmal mehr zementiert werden. Am ersten Tag der Wahl kommt es aber zu zahlreichen Zwischenfällen.
Moskau – Sie läuft. Aber nicht so reibungslos, wie von Wladimir Putin und seinen Gefolgsleuten erhofft. Am ersten Tag der noch bis diesen Sonntag laufenden Wiederwahl des russischen Präsidenten sind diverse Zwischenfälle dokumentiert worden. Und das dicke Ende zieht wohl erst am Sonntagmittag herauf.
Putin und die Wahl in Russland: Mehrere Personen machen Stimmzettel mit Farbe unbrauchbar
In mehreren Wahllokalen schütteten Personen Farbe in die Urnen und machten die darin liegenden Wahlzettel unbrauchbar. Unter anderem der Telegram-Kanal des unabhängigen Mediums Astra Press zeigt diverse Videos solcher Aktionen und bezieht sich dabei teilweise auf lokale Berichte. Eine Aufnahme soll aus Moskau stammen, hier lässt eine Frau eine dunkle Flüssigkeit auf die Zettel regnen. In Simferopol wählt eine andere Frau die Farbe Grün.
Eine weitere Frau soll den Behörden nach ihrer Festnahme gebeichtet haben, ihr sei am Telefon eine Belohnung von 30.000 Rubel – knapp 300 Euro – angeboten worden, wenn sie einen solchen Farbanschlag verübt. In Lytkarino bei Moskau nutzte demnach auch ein Mann diese Farb-Methode, in Weliki Nowgorod ein Rentner.
Eine weitere derartige Attacke gab es demnach auch im Dorf Kuragino in der Region Krasnojarsk, wobei allerdings keine Stimmzettel in der Wahlurne beschädigt worden seien. In Jekaterinburg soll ein Mann noch rechtzeitig von einem Wahlhelfer gestoppt worden sein.
Zwischenfälle bei Putin-Wahl: Kabinen mit Feuer zerstört - Ordnungskräfte greifen ein
Andere Aufnahmen zeigen mutmaßliche Brandanschläge. Hier sind Feuer in den Wahllokalen zu sehen. Ebenso Szenen, wie Personen von Ordnungskräften festgehalten oder abgeführt werden. So verschüttet eine Frau eine brennbare Flüssigkeit in der Wahlkabine. Dieser Vorfall soll sich im Südosten Moskaus ereignet haben. In der Stadt Mytischtschi soll eine ältere Frau auf ähnliche Weise eine Kabine zerstört haben.
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Im Wartebereich eines Wahllokals im westsibirischen Kogalym ist auf einem Video ein Feuer zu sehen, das gelöscht wird. In St. Petersburg hielt eine Kamera fest, wie eine Person vor dem Eingang eines Hauses zweimal einen Molotowcocktail wirft, ehe sich dieser entzündet. Danach wird sie von mehreren Personen verfolgt und gestellt. Es soll sich um eine Studentin handeln. Ihr Ziel war offenbar ein Wahlplakat. Die junge Frau erwartet nun wie auch die anderen Störenfriede ein Strafverfahren.
Russland-Wahl für Putin: Menschen werfen mehrere Stimmzettel ein - Kreuze verschwinden durch Hitze
Für besonderes Aufsehen dürfte ein Video sorgen, das der Chefredakteur des in Amsterdam sitzenden russischsprachigen TV-Senders Doschd vor einem Wahllokal aufgenommen haben soll. Zu sehen sind hinter einer großen Fensterfassade zwei Personen, die zahlreiche Zettel in die Wahlurnen werfen. „So werfen sie es also hinein. Für wen, frage ich mich?“, rätselt der Mann hinter der Kamera. Die Bilder sollen in Dscherschinsk in Nischni Nowgorod entstanden sein.
Der ukrainischsprachige Telegram-Kanal NEWS.GRP zeigt in einem Video mithilfe eines Feuerzeugs, dass die Schreibtinte bei Hitze komplett verschwindet. Wo erst noch zwei Kreuze zu sehen waren, sind die Kästchen plötzlich wieder blank. Deshalb wird den Bürgern geraten, eigene Stifte mitzubringen.
Außerdem werden hier zwei Aufnahmen präsentiert, die während einer Explosion entstanden sind – eine davon in einem Wahllokal. Diese sollen aus der Stadt Belgorod nahe der ukrainischen Grenze stammen. Hier wollen russische Partisanen die Stellungen zerstören, mit denen von ihrem Heimatland aus seit mittlerweile rund zwei Jahren zivile Ziele in der Ukraine ins Visier genommen werden.
Russland und die Putin-Wahl: Mit Aktion am Sonntagmittag sollen Wahllokale lahmgelegt werden
Beunruhigt ist offensichtlich auch die Moskauer Staatsanwaltschaft – wegen angeblicher Aufrufe auch an minderjährige Personen, zu einer vorgegebenen Uhrzeit in geballter Konzentration an festgelegten Wahllokalen zu erscheinen. So sollen die Helfer vor Ort wohl überfordert werden.
Es handele sich um einen Verstoß gegen das Wahlrecht, andere Bürger würden bei der Ausübung ihres Wahlrechts und die Wahlkommissionen bei ihrer Arbeit beeinträchtigt werden. Diese Vergehen könnten nach geltendem Recht mit Haftstrafen geahndet werden.
Die Aktion ist als „Mittag gegen Putin“ bekannt und animiert die Adressaten dazu, am Sonntag um 12 Uhr zur Wahl zu gehen. Sie wird auch von Anhängern des in einem sibirischen Straflager verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny sowie dem einstigen Oligarchen Michail Chodorkowski unterstützt.
Hohe Beteiligung bei Putins Wiederwahl: Kreml-Chef macht sein Kreuz online
Derweil berichtet das Portal Sever.Realii von einer ungewöhnlich hohen Wahlbeteiligung. Laut der Zentralen Wahlkommission hätten bis 20.18 Uhr Ortszeit bereits 30 Prozent der Bürger ihre Stimme abgegeben. In einigen Regionen seien es sogar schon mehr als die Hälfte gewesen, auch im umkämpften Belgorod. Zum Vergleich wird die Wahl zur Staatsduma 2021 herangezogen: Damals hätten nach dem ersten Tag erst 9,16 Prozent der Wähler abgestimmt.
Allerdings wird auch erwähnt, dass in Medien und auf Telegram über Druck auf Staatsbedienstete berichtet wird, gleich am ersten Tag wählen zu gehen. Auch Putin hat seine Stimme schon abgegeben. In einem Video spaziert der Kreml-Chef in ein Büro, setzt sich vor einen Bildschirm und macht sein Kreuz online. Anschließend winkt er brav in die Kamera, ehe das Bild die Botschaft zeigt, er habe erfolgreich abgestimmt.
Damit kann er sich wieder voll auf seinen Ukraine-Krieg konzentrieren. Das dürfte ihn vom teilweise chaotischen Auftakt seiner Wiederwahl ablenken. (mg)