Trump-Putin-Treffen in Alaska: Warum die EU keine Rolle bei den Verhandlungen spielt

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Bei ihrem Treffen wollen Trump und Putin in Alaska über die Ukraine und die Sicherheitsarchitektur in Europa entscheiden – ohne europäische Beteiligung.

Alaska – Am Freitag blickt die Welt nach Alaska. Dort treffen sich US-Präsident Donald Trump und der russischen Machthaber Wladimir Putin, um über das Schicksal der Ukraine und die Sicherheitsarchitektur Europas zu entscheiden. Allerdings bezweifeln viele Experten, dass die beiden autoritären Staatsmänner tatsächlich an echten Friedensverhandlungen interessiert sind. Was feststeht: Die EU spielt bei den Gesprächen keine Rolle. Denn höchstwahrscheinlich wird kein europäischer Vertreter an dem Treffen teilnehmen.

Diese diplomatische Bedeutungslosigkeit resultiert grundlegend aus der fehlenden militärischen Stärke Europas – insbesondere wegen der ungleichen Verteilung der Hilfe für die Ukraine. Obwohl die europäische Unterstützung ansteigt, bleiben die USA – trotz der zeitweise gestoppten Waffenlieferungen – nach wie vor der wichtigste Partner. Zwischen Januar 2022 und Mai 2025 flossen aus den Vereinigten Staaten Waffen und Gelder für militärische Zwecke in Höhe von 65 Milliarden Euro, berichtete das Kieler Wirtschaftsinstitut.

Werden humanitäre und weitere finanzielle Hilfen summiert, erhielt die Ukraine von den USA Güter und Gelder im Wert von 114,6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum unterstützen die EU-Institution das Land von Präsident Wolodymyr Selenskyj mit 61,2 Milliarden Euro. Auf dem dritten und vierten Platz folgen Großbritannien (19,3 Milliarden Euro) und Deutschland (15,9 Milliarden Euro).

Trump-Putin-Treffen in Alaska: Ukraine abhängig von den USA

Auch wenn die EU künftig mehr Munition und Panzer als Trumps USA an die Front schicken könnte, bliebe die ukrainische Armee in einem entscheidenden Bereich weiterhin sehr abhängig von dem großen transatlantischen Partner: den US-Geheimdienstinformationen. Das zeigte sich vor allem, als die ukrainischen Streitkräfte viele Tote hinnehmen mussten, nachdem die USA im März zeitweise keine Informationen geteilt und das äußerst bedeutende Satellitennetzwerk Starlink des ehemaligen Trump-Beraters Elon Musk abgeschaltet hatten. Obwohl die Informationen nur wenige Stunden nicht weitergegeben wurden, waren die militärischen Verluste enorm.

Präsident Donald Trump spricht während eines Treffens mit der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, auf dem Trump Turnberry Golfplatz. © Jacquelyn Martin/dpa

Starlink ist so entscheidend, da viele Mobilfunkmasten und Festnetzverbindungen bei Kämpfen mit den russischen Invasoren beschädigt wurden. Zudem nutzen die ukrainischen Streitkräfte das System für die immer wichtiger werdenden Glasfaser-Drohnen, die nicht durch russische Störsignale abgewehrt werden können – im Gegenteil zu herkömmlichen Drohnen. Aus dieser militärischen Abhängigkeit der Ukraine von den USA und fehlender europäischer Alternativen resultiert, dass Europa bei den Friedensverhandlungen keine Rolle spielt.

Dies unterstreichen Aussagen europäischer Politiker. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hofft auf eine europäische Teilnahme am Trump-Putin-Treffen. Kanzler Friedrich Merz hofft, dass Selenskyj an den Gesprächen beteiligt wird. Aber: In der realpolitischen Welt ist das Prinzip Hoffnung kein Instrument, um seine Interessen durchzusetzen.

Vor Trump-Putin-Gipfel: EU-Abgeordnete betonen Europas Rolle im Ukraine-Krieg

Hier widerspricht Militärexperte Carlo Masala teilweise: Europa besitze ein Gewicht, weil es den Frieden absichern müsse, sagte er der Frankfurter Rundschau von IPPEN.MEDIA. Ähnlich argumentiert der EU-Abgeordnete Sergey Lagodinsky: „Europa ist gerade nicht auf der Höhe der Zeit, was sowohl an Entscheidungsstrukturen als auch an stotterndem Aufbau der eigenen Verteidigungsfähigkeiten liegt. Dennoch: Wie schon bei anderen Versuchen der USA, auszuscheren, hat Europa eine besondere Rolle als Garant der Interessen der Ukraine“, sagte er dieser Redaktion.

Ergänzend pflichtet ihm der EU-Abgeordnete David McAllister bei: „Ohne die Beteiligung der demokratisch gewählten ukrainischen Führung und den Rückhalt ihrer Bevölkerung wird es keine tragfähige Lösung geben“, sagte der Vorsitzende des EU-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten.

Das alles setzt allerdings voraus, dass Trump und Putin tatsächlich an einem Frieden interessiert sind. Letztlich könnte Trump einen Scheindeal verhandeln und diesen der Ukraine und Europa vorsetzten – mit der Forderung: Entweder ihr akzeptiert ihn, oder die USA unterstützen euch nicht mehr. Damit könnte Trump sein Gesicht wahren, nachdem er sich mit seinem Ultimatum an Putin selbst unter Druck gesetzt hatte. Wenn überhaupt will der Republikaner außenpolitische Erfolge – selbst wenn es keine Erfolge sind – innenpolitisch an seine Wähler und Unterstützer verkaufen, ganz im Sinne der MAGA-Philosophie.

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Putin will keinen Frieden im Ukraine-Krieg – Trump hält Trümpfe in der Hand

Und Putin hat zurzeit kein Interesse an einem Waffenstillstand. Er glaubt, dass das ukrainische Militär früher oder später unter dem russischen Druck zusammenbrechen wird. Jüngste Berichte über einen Vorstoß seiner Soldaten kommen für ihn zum perfekten Zeitpunkt. Putin will Trump beim Treffen täuschen, indem er seine angebliche Bereitschaft für Verhandlungen signalisiert.

Europa kann nur zusehen, weil es keine ausreichende militärische Macht besitzt. Die EU hat nur ein ökonomisches Gewicht, das durch den schrägen Zoll-Deal mit Trump auch angeknackst ist. Vermutlich wollte die Union mit dem für die USA profitablen Abkommen Trump entgegenkommen, um den US-Präsidenten für die Unterstützung der Ukraine und den Nato-Verbleib bei Laune zu halten.

In einer Welt, die sich von einer regelbasierten Ordnung zu einem Recht des Stärkeren entwickelt, spielt militärische Macht die entscheidende Rolle – ganz im Sinne von: Sicherheit ist nicht alles. Aber ohne Sicherheit ist alles nichts. Für Trump und Putin zählen nur Stärke – und zurzeit hält die EU keinen einzigen Trumpf in seinen Händen. (Jan-Frederik Wendt)

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