Spitzentreffen Ampel-Koalition: Diese Einsparungen können auf die Bürger zukommen

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Nach dem Urteil aus Karlsruhe muss die Koalition den Gürtel enger schnallen. Welche Projekte werden gestrichen und welche bleiben erhalten?

Berlin – Nach dem Karlsruher Haushaltsurteil muss die Koalition sparen. Am Mittwochabend (29. November) treffen sich die Spitzen der Ampel-Koalition nun mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Es soll festgelegt werden, wofür der Bund im nächsten Jahr weniger Geld ausgibt. Noch immer ist offen und heftig umstritten, welche Konsequenzen die Regierung aus dem Richterspruch zieht.

Im Streit über den Haushalt hat Scholz in einer Regierungserklärung erste Prioritäten für den Etat 2024 genannt, aber klare Festlegungen vermieden. Bei der Unterstützung der Ukraine und der Bewältigung der Energiekrise dürfe man „auf keinen Fall nachlassen“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag im Bundestag. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters aus Regierungskreisen ist die Aufstockung der Ukraine-Militärhilfe auf acht Milliarden Euro gesichert.

Energiepreisbremse läuft definitiv aus

Der Kanzler verkündete zudem das Ende der Energiepreisbremsen Anfang 2024 und verwies darauf, dass auch die Länder „allerhöchstes Interesse“ an Investitionen etwa in Chip-Fabriken hätten. Der Bevölkerung versprach er, dass sie von dem Karlsruher Urteil im Alltag nicht betroffen sei. „Der Staat wird seinen Aufgaben auch weiterhin gerecht.“ 

Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Grüne) und  Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
Alle müssen sparen: Christian Lindner (FDP), Robert Habeck (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). © IMAGO/dts

Finanzminister Christian Lindner hat seine Ampel-Kollegen schon auf „erhebliche Kraftanstrengungen“ eingestimmt. Vor der Aufstellung eines verfassungsfesten Haushalts für 2024 müssten intensive Diskussionen geführt werden, „die nicht immer einfach sein werden“, warnte der FDP-Chef. Was konkret der FDP-Chef plant, blieb allerdings offen.

Heizungsförderung – was geht im Klima- und Transformationsfonds?

Seit dem Urteil aus Karlsruhe fehlen der Bundesregierung 60 Milliarden Euro, die schon fest für Investitionen in den kommenden vier Jahren eingeplant waren. Damit sollten unter anderem die Milliardenförderung für Chipfabriken von Intel und TSMC, die Förderung für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen, die Sanierung der Bahn, Ladeinfrastruktur für Elektroautos und viele andere Projekte finanziert werden.

Rechtsverbindlich zugesagte Mittel können 2024 auch ohne die 60 Milliarden fließen, weil der Fonds eigene Einnahmen und genug Geld hat. Auch schon sicher: Bei der Heizungsförderung soll erstmal nicht gekürzt werden. Doch was ist mit dem Rest? Die Vorhaben beträfen den „wirtschaftlichen Kern Deutschlands“, warnt Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Die Union schlägt vor, die Heizungsförderung rückabzuwickeln. Eine Möglichkeit wäre auch, über Steuererhöhungen mehr Einnahmen zu generieren - was aber die FDP rigoros ablehnt.

Milliardenloch im Etat 2024

Das Urteil betrifft nicht nur den Klimafonds, es hat über Umwege auch ein Milliardenloch in den Etat für 2024 gerissen. Insgesamt muss die Koalition wohl knapp unter 20 Milliarden Euro zusammenkratzen.

Das liegt vor allem daran, dass die Bundesregierung den Sondertopf für die staatlichen Energiepreisbremsen auflösen muss, den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Zinszahlungen daraus kommen nun auf den Kernhaushalt zu, ebenso Hilfen für Flutopfer, die bisher aus einem Sondervermögen gezahlt wurden. Außerdem muss die Regierung schon im laufenden Jahr tiefer in ihre während der Flüchtlingskrise aufgebaute Rücklage greifen. Diese Milliarden fehlen 2024 ebenfalls.

Die WSF-Auflösung hat konkrete Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher: Die Energiepreisbremsen laufen Ende des Jahres aus und nicht erst wie geplant Ende März. Auch wenn die Preise inzwischen deutlich gesunken sind – die Bundesregierung hatte die Verlängerung der Bremsen als Versicherung gegen unerwartete Risiken bezeichnet.

Scholz will „Ausgaben beschränken“

Höhere Strompreise könnten auch aus anderem Grund auf die Bürger zukommen: Eigentlich hatte der Bund einen Zuschuss von bis zu 5,5 Milliarden Euro zu den Netzentgelten geplant. Das Problem: Dieser Zuschuss sollte aus dem WSF finanziert werden. Dieses Geld müsste jetzt aus dem Kernhaushalt kommen.

Scholz hat angekündigt, Schwerpunkte zu setzen und „natürlich auch Ausgaben zu beschränken“. Doch was wegfallen soll, ist offen. Die Union dagegen hat schon eine Streichliste. Darauf: Bürgergeld, Kindergrundsicherung, Sozialleistungen. Das lehnen SPD und Grüne ab. Grüne wollen dagegen an aus ihrer Sicht klimaschädliche Subventionen ran, etwa steuerliche Vergünstigungen für Dienstwagen.

Grundsatzentscheidung zur Schuldenbremse

Noch immer läuft die Debatte zur Schuldenbremse. Viele Politiker von SPD und Grünen plädieren für eine Reform, sodass der Staat für wichtige Investitionen mehr Kredite aufnehmen darf. Dann stünden einige Projekte nicht mehr auf der Kippe. Auch Ökonomen halten das für sinnvoll, sogar einzelne CDU-Ministerpräsidenten zeigten sich gesprächsbereit. Die FDP jedoch besteht bislang darauf, die Regelung im Grundgesetz nicht anzutasten und ist damit auf der Linie von CDU-Chef Friedrich Merz.

Das Thema spaltet jedoch die Union. Berlins CDU-Bürgermeister Kai Wegner pocht weiter auf Änderungen. „Ich habe eine klare Haltung“, sagte er gegenüber dem Magazin stern. „Die Reform der Schuldenbremse für Zukunftsinvestitionen ist dringend erforderlich.“

Merz hatte Wegner daraufhin öffentlich gerügt. „Die Entscheidungen werden hier im Deutschen Bundestag getroffen und nicht im Rathaus von Berlin“, sagte der Unionsfraktionschef in seiner Replik auf die Regierungserklärung des Kanzlers. Die Ampel brauche sich „keine Illusionen“ zu machen, dass sie einen Keil in die Union treiben könne. „Wir werden an der Schuldenbremse des Grundgesetzes festhalten.“ (skr/afp/dpa)

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