Deutschlands Wirtschaft in der Krise – wie die Trendwende gelingen kann
Die deutsche Wirtschaft schrumpft. Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, werden gerade verschiedene Vorschläge diskutiert – die reichen von einer Soli-Abschaffung über Steuersenkungen bis hin zu schuldengestützten Subventionen.
München – „Kranker Mann Europas“: So wurde Deutschland Anfang der 2000er von führenden Ökonomen häufig genannt. Der Grund dafür: Die Wirtschaftsleistung sank, die Arbeitslosenquote war hoch. Und wenn man auf die aktuellen Zahlen blickt, scheint dieser Titel leider wieder zu passen. So ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP), also der erwirtschaftete Wert aller Waren und Dienstleistungen eines Landes, im Jahr 2023 um 0,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Heraus sticht dabei besonders das produzierende Gewerbe: Hier wurde laut dem Statistischen Bundesamt sogar ein Rückgang von 2 Prozent festgestellt.
Finanzminister Lindner schlägt Abschaffung des Solidaritätszuschlags vor
Die Frage, auf welche Weise die Trendwende gelingen und Deutschlands Wirtschaft wieder gestärkt werden könnte, wird in Politik und Wirtschaft gerade heiß diskutiert. Die Vorschläge und Ideen sind dabei durchaus unterschiedlich. Finanzminister Christian Lindner (FDP) favorisiert eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Unternehmen. Laut Schätzungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zahlen diesen aktuell rund 500 000 Unternehmen in Deutschland. „Der große Vorteil ist: Länder und Gemeinden würden durch eine solche Entlastung der Betriebe nicht in Anspruch genommen werden“, sagte Lindner in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

Zustimmung für Lindners Vorschlag kommt von Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Abschaffung sei längst überfällig, sagte Hüther der Rheinischen Post, da der Soli „im Grund eine verkappte Unternehmenssteuer ist“. Auch der Bund der Steuerzahler begrüßt den Vorschlag des Finanzministers. „Davon würden auch viele kleine und mittlere Betriebe profitieren“, erklärte Verbandschef Rainer Holznagel im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Ökonom Fuest fordert Sonderschulden und Steuersenkungen
Für Steuersenkungen für Unternehmen zeigte sich zuletzt auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) offen. Er möchte diese über ein sogenanntes Sondervermögen, also weitere Schulden, finanzieren. Kritik daran kommt von Finanzminister Lindner – eine Finanzierung auf Pump lehnt der FDP-Politiker ab. Rückendeckung erhält er aus der Union. „Der Finanzminister hat Recht: Wachstum subventioniert man nicht herbei“, schrieb Fraktionsvize Jens Spahn auf dem Kurznachrichtendienst X.
Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts, spricht sich hingegen für Sonderschulden für öffentliche Investitionen in die Infrastruktur, Digitalisierung und Dekarbonisierung aus. „Es wird viel zu wenig investiert in Deutschland, von öffentlicher und vor allem von privater Seite“, sagte der Ökonom im Gespräch mit der FAZ.
Des Weiteren plädiert Fuest für eine ersatzlose Streichung der Besteuerung für nachhaltige Finanzen sowie für eine Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen auf zehn Prozent. Zusammen mit der Gewerbesteuer sollten Unternehmen maximal 25 Prozent Steuern zahlen.