Lindner und die FDP wollen „Rente mit 63“ endlich abschaffen – aber mit einer Sonderregel

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Die Tage der sogenannten „Rente mit 63“ sind wohl gezählt. Immer mehr Politiker und Ökonomen plädieren für eine Abschaffung der Frührente. Der Finanzminister gehört auch dazu.

Berlin – Die „Rente mit 63“ ist und bleibt ein Streitthema. Die deutsche Wirtschaft ringt um jeden einzelnen Mitarbeiter, doch gehen jährlich hunderttausende Menschen in Frührente. Seit 2014 gibt es für Personen, die seit 45 Jahren bei der gesetzlichen Rentenversicherung sind, die Möglichkeit abschlagsfrei früher in Rente zu gehen – was sehr viele Menschen auch tun. Doch das belastet nicht nur die Unternehmen, die gute Mitarbeiter dadurch verlieren müssen, sondern auch die Rentenkasse.

Entsprechend heizt sich die Debatte um die Abschaffung der Regelung zunehmend auf. Neben den Wirtschaftsweisen fordert das der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sowie auch der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne). Und auch die FDP fordert das mittlerweile öffentlich, auch wenn sie sich damit gegen die Wünsche des Koalitionspartners SPD stellt. Hintergrund ist ein Streit um die Frage, wie man Unternehmen in Deutschland entlasten könnte. Die FDP würde gerne Steuern senken – was aber dann zu weiteren Kürzungen im Haushalt führen müsste.

Lindner und die FDP halten Rente mit 63 für nicht mehr zeitgemäß

So sagte der Haushaltspolitiker der FDP, Otto Fricke, am Montagmorgen (5. Februar) im Gespräch mit rbb24 Inforadio, dass sämtliche Posten im Haushalt neu bewertet werden müssten, um Unternehmen in Zukunft steuerlich zu entlasten. „Dann muss man sagen, auf welche Sachen kann man verzichten? Und dann schauen, an welchen Stellen werden Sozialleistungen angepasst an das, was notwendig ist. Wo ist wirklich der Bedarf da?“ Als Beispiel nannte Fricke die Rente mit 63. Die Haltung der FDP sei hier, dass diese nicht mehr zeitgemäß sei. „Was aber wiederum nicht heißt, dass diejenigen, die besonders harte Jobs haben, nicht eine Sonderregelung bekommen“, so Fricke. Unklar ist, was nach Ansicht Frickes zu diesen harten Jobs gehören würde.

Dem schließt sich auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) an. Bei einer Rede im Übersee-Club in Hamburg, über die die Bild-Zeitung berichtete, kritisierte er die „paradoxe“ Tatsache, dass hochqualifizierte Menschen frühzeitig in Rente gehen dürften, obwohl sie noch weiterarbeiten könnten. Dies sei eine „Stilllegungsprämie“. Und weiter: „Wir müssen die Lebensarbeitszeit verlängern“, sagte er.

Was ist die „Rente mit 63“?

Die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte (45 Versicherungsjahre) wird zwar umgangssprachlich „Rente mit 63“ genannt, doch dieser Begriff ist irreführend: Denn der Rentenbeginn hängt nicht nur von der Versicherungszeit, sondern auch vom Geburtsjahr ab.

So konnten alle vor 1953 Geborenen noch ohne Abschläge mit 63 Jahren in Rente gehen. Doch das gilt nicht mehr für alle Menschen, die zwischen 1953 und 1963 geboren sind. Das Eintrittsalter verschiebt sich mit dem Geburtsjahr graduell nach oben, weil das Rentenalter schrittweise angehoben wird. Beim Geburtsjahrgang 1964 oder später kann man dann erst ab 65 Jahren nach 45 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen

Lindner und seine FDP positionieren sich damit klar gegen ihre Koalitionspartner SPD und Grüne, die überwiegend für einen Verbleib der Rente mit 63 stehen. So stellte Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) im Januar erneut klar, dass es mit ihm kein Ende der Frührente geben würde.

 „Es gibt gar keine Rente mit 63 mehr, das Eintrittsalter für besonders langjährig Versicherte liegt bei über 64 und wird auf 65 Jahre steigen“, sagte er. „Wer 45 Jahre lang gearbeitet hat, hat dann ein Recht darauf, früher abschlagsfrei in Rente zu gehen. Eine Rente mit 70, wie es viele Konservative wollen, wird es mit mir nicht geben“, sagte Heil. Und auch Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang nannte die Frührente in einem Gespräch mit der Berliner Morgenpost einen „Ausdruck von Respekt für die Lebensleistung“ einer Person.

Bundestag - Christian Lindner
Christian Lindner hält die Rente mit 63 für nicht mehr zeitgemäß. © Michael Kappeler/dpa

Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Anträge auf eine abschlagsfreie Rente nach 45 Arbeitsjahren auf ein Rekordniveau an. Wie die Bild-Zeitung Ende Oktober (28.10.2023) unter Berufung auf die Deutsche Rentenversicherung meldete, gab es bis Ende September 2023 bereits gut 245.000 Anträge auf die abschlagsfreie Rente ab 63 – etwa 17 Prozent mehr zum selben Zeitpunkt des Vorjahres.

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