Merz schlägt Entsetzen entgegen: Nachbarländer reagieren auf Deutschlands Migrations-Knall

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Merz und Dobrindt verlieren keine Zeit und kündigen härtere Grenzkontrollen sowie Asyl-Zurückweisungen an. Doch im Ausland kommt das nicht überall gut an.

Berlin – Fehlenden Tatendrang kann man dem neuen Innenminister Alexander Dobrindt nicht vorwerfen. Kaum einen Tag im Amt rief der CSU-Politiker verschärfte Grenzkontrollen sowie die Zurückweisung von Asylsuchenden aus. Während eine Mehrheit der Deutschen den Vorstoß unterstützt, kommt der Vorschlag bei den Nachbarländern nicht gut an – das bekam Bundeskanzler Friedrich Merz prompt zu spüren.

Merz‘ Migrations-Knall: Grenzkontrollen und Asyl-Zurückweisungen stoßen Polen und der Schweiz sauer auf

Zwar fand das Thema bei Merz‘ Besuch in Frankreich – zumindest öffentlich – keine Beachtung, jedoch stieß die neue deutsche Regierung in Polen auf massiven Widerstand. „Deutschland wird in sein Gebiet lassen, wen es will. Polen wird nur in sein Gebiet lassen, wen es akzeptiert“, sagte Donald Tusk bei einer Pressekonferenz mit Friedrich Merz. Polens Ministerpräsident erklärte weiter, er sehe „keinen Sinn“ in den Grenzkontrollen. Denn „wenn jemand eine Kontrolle an der polnischen Grenze einführt, wird Polen auch eine solche Kontrolle einführen“.

Die Schweiz kritisiert die strengeren Regeln für Migranten an den deutschen Landesgrenzen derweil gar als rechtswidrig. „Systematische Zurückweisungen an der Grenze verstoßen aus Sicht der Schweiz gegen geltendes Recht“, schrieb das Schweizer Justizministerium nach der Dobrindt-Ankündigung auf X. Die Schweizer Behörden „prüfen gegebenenfalls Maßnahmen“; Justizminister Beat Jans habe bereits ein Treffen auf Ministerebene vorgeschlagen. Eine Sorge der Schweizer ist, dass schärfere Kontrollen das Leben von Pendlern erschweren, die täglich zur Arbeit in die Schweiz fahren. 

Asyl-Pläne von Dobrindt: Österreich und Tschechien wollen abwarten

In Österreich fiel die Reaktion auf Dobrindt-Pläne zur Migration entspannter aus. „Die verstärkten Bemühungen in Deutschland im Kampf gegen Schlepperkriminalität und illegale Migration“ würden gar „begrüßt“, hieß es in einer Mittelung des österreichischen Innenministeriums. Man werde auf eine „enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit der schwarz-roten Regierung setzen. Der österreichische Innenminister habe dazu bereits in der vergangenen Woche mit seinem frisch gebackenen Amtskollegen Alexander Dobrindt telefoniert.

Ähnliches ist aus Tschechien zu hören. Auch in Prag habe sich Innenminister Vit Rakusan schon mit Dobrindt telefonisch über die Grenzkontrollen ausgetauscht; man erwarte „keine größeren Auswirkungen auf die Tschechische Republik und ihre Bürger“. Wie auch die Merz-Regierung strebe man „eine rasche Änderung des Asylrechts an“. Rakusan hatte sich bereits Anfang März aufgeschlossen für eine weitreichende Verständigung mit Deutschland über Zurückweisungen an der gemeinsamen Grenze gezeigt. Zugleich warnte er jedoch vor einem möglichen Dominoeffekt der Grenzkontrollen im Schengenraum. 

Grenzkontrollen in Deutschland: Bayern und NRW stocken auf – Zurückweisungen „ab sofort“

Doch wie sieht die Lage an den deutschen Grenzen überhaupt aus? Die Bundespolizei in Bayern verstärkt ab sofort ihre Kontrollen an den Grenzen zu Österreich und Tschechien. „Wir achten darauf, dass die Beeinträchtigungen so gering wie möglich sind“, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München der Deutschen Presse-Agentur. Zum Beispiel werde an der Saalbrücke in Freilassing nahe Salzburg wieder ein fester Kontrollpunkt eingerichtet. An viel befahrenen Routen wie der Autobahn 8 zwischen München und Salzburg kontrolliert die Bundespolizei schon länger.

Der Sprecher der Bundespolizei bestätigte, dass bei den Grenzkontrollen in Bayern wie von Dobrindt angekündigt vorgegangen werde: „Zurückgewiesen werden ab sofort auch Personen, die ein Schutzersuchen vorbringen, bei denen die Voraussetzungen für eine Einreise aber nicht vorliegen.“ Vulnerable Gruppen wie Schwangere und Kleinkinder würden weiter an Erstaufnahmeeinrichtungen weitergeleitet. Ob Asylsuchende bis zum Donnerstagmorgen schon zurückgewiesen wurden, konnte der Bundespolizei-Sprecher zunächst nicht sagen.

Unter dem neuen Bundeskanzler Friedrich Merz sollen die Grenzkontrollen verschärft und Asylsuchende zurückgewiesen werden. Doch im Ausland kommt das nicht überall gut an. © Montage: Patrick Pleul/dpa Michael Kappeler/dpa

Auch in Nordrhein-Westfalen hat die Bundespolizei ihre Kräfte nach eigenen Angaben bereits aufgestockt. „Wir haben nochmals die Kräfte der Bundespolizei an der deutsch-niederländischen und deutsch-belgischen Grenze deutlich erhöht“, sagte ein Sprecher am Morgen. Er verwies dabei auf das mobile Einsatzkonzept in NRW: Kontrolliert werde im 30-Kilometer-Grenzraum. Die rechtsgerichtete niederländische Regierung hatte Ende 2024 beschlossen, Grenzkontrollen einzuführen, um illegale Migration und Menschenschmuggel einzudämmen.

Von wegen Koalitions-Zoff: SPD „geschlossen“ hinter Dobrindts Asyl-Plänen

Zwar gelten die verschärften Grenzkontrollen und Zurückweisung von Asylsuchenden als Unions-Vorstoß, doch von einem drohenden Koalitions-Zoff will man in der SPD nichts wissen. Man stehe voll hinter der angekündigten Asylpolitik von Innenminister Dobrindt, sagte Dirk Wiese dem „Berlin Playbook Podcast“ des Nachrichtenportals Politico. Auch die Parteilinke stehe hinter der Migrationswende von Dobrindt. „Wir als SPD agieren immer geschlossen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion und verwies auf „eine gute Grundlage im Koalitionsvertrag“.

Aus der Opposition kritisierten die Grünen das Vorhaben. „Pauschale Zurückweisungen von Asylgesuchen an den Grenzen sind schlicht europarechtswidrig und stellen die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern grundsätzlich infrage“, sagte Irene Mihalic dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion warnte, dies werde „zu einer nie da gewesenen Überlastung der Bundespolizei führen“. Wenn diese „massiv an die Grenze verlegt“ werde, würden Kräfte von Kriminalitätsschwerpunkten wie Bahnhöfen, aber auch von Flughäfen abgezogen – so rissen an anderer Stelle Sicherheitslücken auf.

Nach verstärkten Grenzkontrollen: Söder spricht bereits von „Asylwende“

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm, verteidigte die Migrationspolitik. Verstärkte Grenzkontrollen seien „ein erster Schritt in der Migrationswende, ein wichtiger Schritt“, so Throm im ARD-„Morgenmagazin“. Die Kontrollen würden schrittweise hochgefahren, es werde kein Nachbarstaat überfordert. Die Abstimmungsgespräche mit den Nachbarländern seien „am Laufen“.

Darüber hinaus hat CSU-Chef Markus Söder die neuen Regeln an den deutschen Landgrenzen als Beginn einer „Asylwende“ bezeichnet. „Seit gestern ist die Asylwende in Deutschland eingeleitet worden. Jetzt gilt wieder der alte Zustand, wie vor 2015“, sagte Bayerns Ministerpräsident in einem auf X geteilten Video. „Das Recht steht wieder an erster Ordnung. Wie versprochen, so gehalten.“ (nak mit dpa)

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