Solarenergie: Deutsche Wirtschaft schwört geeint auf grünen Strom - Die Gründe liegen auf der Hand

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Die hohen Energiepreise stellten in den vergangenen Monaten für viele Unternehmen eine große Belastung dar. Als Reaktion stiegen viele Firmen auf Solarenergie um - eine weise Entscheidung, wie sich herausstellt.

Berlin - Monatelang hatte Philip Matthias auf seinen Vater eingeredet, doch der war zunächst skeptisch. Schließlich ging es auf dem Dach des Metallbetriebes Tridelta im thüringischen Hermsdorf um eine Millioneninvestition. Doch nach einem intensiven Blick auf die Zahlen verdoppelte dieser dann fast die geplante Investition, mit deren Leistung nicht nur die Fabrik, sondern weitere 900 Haushalte mit Strom versorgt werden können. „Die Anlagen amortisieren sich nach ungefähr sieben, siebeneinhalb Jahren. Der Hersteller gibt aber 20 Jahre Garantie. Das heißt, das ist ein extrem lukratives Investment“, sagt Matthias.

Photovoltaik hat zwar bereits im vergangenen Jahr in Deutschland einen Boom erlebt, in dem insgesamt rund 15 Gigawatt Leistung auf Freiflächen oder Hausdächern installiert wurden - so viel wie nie zuvor und eine Verdoppelung gegenüber 2022. Doch das enorme Potenzial auf Gewerbe- und Industriedächern wurde noch verhältnismäßig wenig genutzt.

Solarpaneele auf einem Firmengebäude: Immer mehr Unternehmen entdecken die Photovoltaik für sich.
Solarpaneele auf einem Firmengebäude: Immer mehr Unternehmen entdecken die Photovoltaik für sich. © Jan Woitas / dpa

Solarenergie: Warum die Industrie darauf schwört - und warum Hausbesitzer zögern

Das hat sich in diesem Jahr geändert: Gewerbe und Industrie legten in den ersten vier Monaten über 80 Prozent mehr Module auf die Dächer als im Vorjahreszeitraum. Bei Dächern von Wohnhäusern waren es nur ein Prozent. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Der vielleicht wichtigste: Der rasante Anstieg der Energiepreise 2022 hat viele Unternehmer verunsichert und bot einen Anreiz, günstigen Strom selbst zu produzieren. Die wie bei Tridelta angestoßenen Projekte brauchen aber eine gewisse Zeit bis zur Umsetzung.

Der Preisschock im Zuge des russischen Angriffs auf die Ukraine hat Spuren hinterlassen, auch wenn die extremen Ausschläge vorbei sind. Stärkere Energieunabhängigkeit ist daher das Ziel. Die Firmen merkten zudem, dass sich Solar rechne: „Ich glaube auch, weil jetzt so langsam absehbar ist, dass auch auf absehbare Zeit die Strompreise auch in Deutschland nicht sinken werden“, sagt Marie-Theres Husken, Energieexpertin des Bundesverbandes der Mittelständischen Wirtschaft (BMVW).

Ampel greift Unternehmen unter die Arme

Dazu kommt, dass die Bundesregierung mit ihren Gesetzespaketen zur Solarenergie und zum Bürokratieabbau den Firmen hilft. Die Einspeisung überschüssigen Stroms ins Netz wird wieder höher vergütet. Die meist chinesischen Solarmodule werden günstiger. „Das bedeutet, dass die Anlage, die wir jetzt bauen, ungefähr 20 Prozent günstiger ist, als wenn wir sie vor einem Jahr gebaut hätten oder vor anderthalb“, sagt Matthias.

Enpal, der größte deutsche Solarmonteur für Wohngebäude, steigt daher auch in den Gewerbemarkt ein. Die Solarfirma Enviria hat sogar einen Schwerpunkt auf Industriekunden. „Die Nachfrage war zunächst nicht so da wie bei den Wohngebäuden“, sagt Melchior Schulze Brock, Gründer und Chef von Enviria. „Aber ich glaube, das Wachstum wird dafür jetzt dauerhaft sein.“

Umfrage spricht Bände: Gesamte Industrie will auf Solarenergie umrüsten

Eine Umfrage von YouGov im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft zeigt, dass die Hälfte der Firmen mit einem geeigneten Dach in den kommenden drei Jahren eine Solaranlage plant. Laut Mittelstandsverband BVMW setzen bis 2030 alle produzierenden Firmen auch auf Solar.

Darunter sind auch bekannte Namen. Die Firma Sunrock erhielt im Mai etwa einen Auftrag von Mercedes-Benz, um ein Solarprojekt mit einer Leistung von 23 Megawatt auf den Dächern des Konzerns umzusetzen. Mercedes investiert weltweit einen dreistelligen Millionenbetrag in Solaranlagen. Ziel ist, eine langfristige Preisstabilität und damit mehr Planungssicherheit zu erreichen. „Wir sehen in Deutschland einen sehr starken Markt, der sich noch beschleunigt“, sagt Sunrock-Entwicklungschef Hugo Willink. (reuters, lf)

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