Blutiger Deal: Nordkorea benötigt Kampfjets – und bezahlt Putin mit Soldaten

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Blutiger Deal: Nordkorea benötigt Kampfjets – und bezahlt Putin mit Soldaten

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Objekt der Begierde: Offenbar haben die nordkoreanischen Machthaber seit langem ein Auge auf die Suchoi Su-35 geworfen. Dieser Kampfjet würde die Luftwaffe von Kim Jong-un aus dem Windschatten der U.S.-amerikanischen sowie der südkoreanischen Luftstreitkräfte herauskatapultieren. © IMAGO / SNA

Moderne Technik im Tausch gegen menschliches Leben: Möglicherweise hat Diktator Kim Jong-un einen Weg gefunden, seine marode Luftwaffe zu sanieren.

Pjöngjang – „Kanonenfutter“ im Austausch gegen moderne Kampfjets, so urteilt Boyko Nikolov, sei der Kern eines Deals zwischen den beiden Potentaten Kim Jong-un und Wladimir Putin. Nordkoreas Diktator wolle sich am Ukraine-Krieg gesundstoßen und günstig an moderne Kampfjets kommen – seine Währung seien Menschenleben, so die These des Autoren des Magazins Bulgarian Military.

Wie das ZDF unter Berufung auf den südkoreanischen Geheimdienst berichtet, trainieren aktuell mindestens 3.000 nordkoreanische Soldaten an vier Standorten in Russland – wofür, ist noch fraglich, möglicherweise sogar für die Luftwaffe. 10.000 Mann sollen demnach bis Dezember nachrücken. Der deutsche Analyst Gustav C. Gressel geht davon aus, dass die nordkoreanischen Truppen vorerst in Kursk eingesetzt würden; darüber hinaus bezweifelt er die reibungslose Integration der Soldaten des Diktators Kim Jong-un. Dazu müssten auch genügend russische Offiziere nordkoreanisch sprechen. Immerhin zeigt Kim seinen guten Willen – vermutlich mit einem gewichtigen Hintergedanken.

Gegner USA und Südkorea: Offenbar will Kim Jong-Un jetzt aus dem Windschatten herausfliegen

Die These untermauern könnte die Tatsache, dass Nordkoreas Luftwaffe tatsächlich einem Trauerspiel gleichzukommen scheint. Als „verfallen“ bezeichnen sie Noam Hartoch and Alon Levkowitz – offenbar hat der nordkoreanische Diktator seinen Fokus auf ballistische Raketen gesetzt und seine Luftwaffe hintenüber fallen lassen. Jedenfalls halten die beiden Analysten des Begin-Sadat Center for Strategic Studies an der israelischen Bar-Ilan-Unversität die nordkoreanischen Luftstreitkräfte für hoffnungslos unterlegen gegen ihre erklärten Gegner Südkorea und USA.

„Zwar verfügt die KPAF theoretisch über mehr als 400 einsatzfähige taktische Kampfflugzeuge, doch handelt es sich dabei fast ausschließlich um Entwürfe aus der Sowjetzeit oder chinesische Versionen davon aus den 1950er und 1960er Jahren. Darüber hinaus reichen die Flugstunden der Besatzung kaum aus, um ihre Kenntnisse in den Grundlagen des Fliegens aufrechtzuerhalten.“

Offenbar will Kim Jong-un jetzt aus deren Windschatten herausfliegen. Die in die Ukraine entsandten rund 13.000 Truppen soll Putin vergelten mit zwei bis drei Dutzend Suchoi Su-35-Kampfflugzeugen, wie Nikolov schreibt und sich auf ungenannte Quellen stützt. Ende vergangenen Jahres hatte die Zeitschrift Flugrevue gemeldet, dass der Iran Su-35-Maschinen erhalten würde –möglicherweise hat sich der nordkoreanische Armeeführer dadurch inspirieren lassen, das Alteisen seiner Korean People‘s Army Air and Anti-Air Force (KPAF) ebenfalls auszutauschen.

„Zwar verfügt die KPAF theoretisch über mehr als 400 einsatzfähige taktische Kampfflugzeuge, doch handelt es sich dabei fast ausschließlich um Entwürfe aus der Sowjetzeit oder chinesische Versionen davon aus den 1950er und 1960er Jahren. Darüber hinaus reichen die Flugstunden der Besatzung kaum aus, um ihre Kenntnisse in den Grundlagen des Fliegens aufrechtzuerhalten“, schreibt beispielsweise Haena Jo. Neben den Kampfjets listet sie 80 leichte Bomber und mehr als 200 Transportflugzeuge auf. Mit „Fliegen gegen alle Widrigkeiten“ hat die Verteidigungsanalystin des Thinktank International Institute for Strategic Studies (IISS) ihre Analyse überschrieben

Nordkoreas Luftwaffe: Modernisierungsstau über mehrere Jahrzehnte

Die Widrigkeiten beginnen tatsächlich schon im Cockpit. Nordkoreas Kampfpiloten sollen lediglich 15 bis 25 Flugstunden pro Jahr absolvieren, schreibt Martin Kölling – der Autor der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) beruft sich auf eine Studie des U.S.-amerikanischen Geheimdienst und stellt dem die angestrebten 180 Flugstunden jährlich von Nato-Piloten gegenüber. Die mäßige Praxis der Nordkoreaner sei vor allem dem Sprit-Mangel geschuldet, mutmaßt Kölling.

Die koreanische Luftwaffe kennt Mangel offenbar in verschiedenen Sektoren, analysiert Haena Jo. Unter den fehlenden Flugstunden leide die Einsatzbereitschaft der gesamten Teilstreitkraft. Der Widerwille Chinas, Maschinen an Kim zu verkaufen sowie fehlende Teile aufgrund wirtschaftlicher Sanktionen haben einen Modernisierungsstau über mehrere Jahrzehnte verursacht. Die in der Luft operierende Luftwaffe Nordkoreas sei demnach selbst der Schlagkraft der eigenen Luftabwehr meilenweit unterlegen, schließt die Analystin.

Nordkoreas Optionen am Himmel: Nichts, wovor eine gegnerische Luftwaffe Angst haben müsste

Laut Boyko Nikolov verfügt die nordkoreanische Luftwaffe über maximal 600 Maschinen, eine Zahl, die vom Magazin Simple Flying (SF) gestützt wird. Nikolov zufolge seien Kims wichtigste Flugzeugmodelle die MiG-15 und die MiG-21, die beide auf die 1950er und 1960er Jahre datieren. Von der MiG-15 sollen 400 Exemplare für die koreanische Volksarmee produziert worden sein. Die MiG-21, ein moderneres Flugzeug mit Überschallgeschwindigkeit, sei ebenfalls von sowjetischen Verbündeten geliefert worden in einer geschätzten Menge von bis zu 200 Maschinen.

Simple Flying spricht von lediglich 26 einsatzbereiten Maschinen dieses Typs. Darüber hinaus soll Nordkorea noch insgesamt 100 MiG-23 und MiG-29 fliegen, wie Simple Flying schreibt. Die MiG-17, 19 und 21 wären demnach von China in Lizenz hergestellt und unter den Bezeichnungen Shenyang und Chengdu in die nordkoreanische Luftwaffe integriert worden. Die KPAF betreibe außerdem eine große Flotte von Jagdbombern vom Typ Suchoi Su-7, von Kampfflugzeugen vom Typ Suchoi Su-25 und von Bombern vom Typ Iljuschin II-28, wie die SF-Autoren Omar Memon und Alexander Mitchell zusammenfassen. Alles nichts, wovor eine gegnerische Luftwaffe Angst haben müsste, resümieren sie.

Trotz des Begehrens: China wehrt sich gegen die Aufrüstung der nordkoreanischen Luftwaffe

Offenbar wehrt sich China vehement gegen die Aufrüstung der nordkoreanischen Luftwaffe, um keinen Zorn der USA zu provozieren. Tatsächlich hatte der U.S.-Thinktank Stimson Center 2010 berichtet, Nordkoreas damaliger Machthaber Kim Jong-il habe vergeblich um den Verkauf chinesischer Chengdu J-10-Kampfjets gebeten, um den südkoreanischen F-15 und F-16-Jets beizukommen; als Quelle galt die Tageszeitung Chosun Ilbo. China hatte offenbar abgelehnt, mit dem Trost, dem Land im Notfall beizustehen.

Gleichzeitig mutmaßte das Blatt damals von Spekulationen, dass Nordkorea gezwungen sei, „sich auf China zu stützen, weil es nicht über das Geld verfügt, um teure Suchoi-Kampfflugzeuge von Russland zu kaufen“. Neben der Vorsicht Chinas bezüglich der aktuellen geopolitischen Spannungen, könnte Pekings Ablehnung auch darin resultieren, den nordkoreanischen Diktator etwas zu deckeln: „Darüber hinaus möchte China seine Rolle als stabilisierende Kraft in der Region beibehalten und ist daher geneigt, die Lieferung moderner Militärsysteme an Pjöngjang zu begrenzen, um unerwünschte Folgen zu vermeiden“, schreibt Nikolov.

Die Vermutungen decken sich mit einem Bericht des südkoreanischen Magazins Military Watch von 2020, nachdem Nordkorea bereits Mitte der 2010er-Jahre Interesse am Erwerb russischer Su-35-Schwergewichtskampfjets der „4++ Generation“ gezeigt haben soll – die seien interessant gewesen als vermeintlich wirksames Gegenmittel zu amerikanischen F-22- und südkoreanischen F-15K- und F-35A-Kampfjets, wie das Magazin schreibt.

Mögliches Szenario: Einsatz als gemeinsame operative Einheit unter Russlands Führung

Aktuell existieren offenbar mehrere Szenarien, der nordkoreanische Luftwaffe zu neuen Höhen zu verhelfen, wie Boyko Nikolov behauptet und Bezug nimmt auf den U.S-Amerikaner A.B. Abrams, einen Buchautor und Experten für Nordkorea. Offenbar sind bereits nordkoreanische Soldaten in Russland stationiert, um sich auf moderneren Maschinen schulen zu lassen. „Die Ausbildung nordkoreanischer Piloten auf russischem Boden könnte ein entscheidender Schritt sein, wenn Nordkorea moderne Kampfjets wie die Su-35 oder Su-57 erwerben will.“

„Diese Ausbildung könnte nicht nur in Russland stattfinden, sondern auch weniger riskante Kampfeinsätze in der Ukraine umfassen, die den nordkoreanischen Piloten einen Vorgeschmack auf die moderne Luftkriegsführung geben“, behauptet der US-Autor, wie ihn Nikolov zitiert. Sollte der Deal mit den Su-35 platzen – so er denn überhaupt aktuell sein sollte – könnte auch die Modernisierung der in die Jahre gekommenen MiG eine Option darstellen oder die Lieferung alter Bestände russischer MiG-29.

Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit des tatsächlichen Verkaufs moderner russischer Kampfjets wie der Su-35 oder der Su-57, die dann entweder auf nordkoreanischen oder russischen Basen stationiert und von russischen Piloten geflogen würden, wie Abrams wiedergegeben wird:

„Dieser Einsatz könnte als gemeinsame operative Einheit unter russischer Führung gestaltet werden, unabhängig von der tatsächlichen Kommandostruktur. Da diese Langstreckenjäger von russischen Stützpunkten aus schnell über die koreanische Halbinsel fliegen können, könnten sie zwischen Stützpunkten in Russland und Nordkorea hin- und hergeschickt werden, was den Eindruck einer einheitlichen Luftverteidigungsstrategie noch verstärkt.“

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