Deutschland klettert auf Platz drei der größten Volkswirtschaften – und überholt Japan

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Nach den USA und China hatte Japan lange Zeit auf dem dritten Platz der größten Volkswirtschaften gelegen. Nun verliert das Land seinen Platz – an Deutschland. Verantwortlich dafür sind interne Probleme.

Tokio – Im vierten Quartal 2023 ist Japan in eine Rezession abgerutscht und musste seinen Status als drittgrößte Volkswirtschaft an Deutschland abgeben. Die japanische Regierung teilte am Donnerstag mit, dass das nominale Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2023 auf 4,21 Billionen Dollar (3,9 Billionen Euro) geschrumpft ist. In Deutschland beträgt es aktuell 4,46 Billionen Dollar, weswegen Japan auf den vierten Platz abrutschte. Als Gründe hierfür nannte Tokio die schwache Binnennachfrage und den starken Kursverlust des Yen.

Wert eines Yen gegen den Euro 0,0062 Euro (15. Februar)
BIP Japan 4,21 Billionen Dollar (Viertes Quartal 2023)
Wirtschaftswachstum Japan Minus 0,1 Prozent
Japanischer Leitzins Minus 0,1 Prozent (Seit 2016)

Wirtschaftswachstum in Japan geht zurück

Zwischen Oktober und Dezember schrumpfte Japans Wirtschaft, verglichen mit dem Vorquartal, um 0,1 Prozent. Weil das nun das zweite Quartal war, in dem die Wirtschaft zurückging, sprechen Volkswirte von einer technischen Rezession. Beim privaten Verbrauch, der bereits zum dritten Mal in Folge sank, hatte Japan ein Minus von 0,2 Prozent zu verzeichnen. Dieser trägt zu einem wesentlichen Teil der Wirtschaftskraft bei; ein Rückgang macht sich daher deutlich bemerkbar.

Japanischer Premierminister Fumio Kishida (zweiter von links) und andere Offizielle nach einem Erdbeben in Zentraljapan.
Japanischer Premierminister Fumio Kishida (zweiter von links) und andere Offizielle nach einem Erdbeben in Zentraljapan. Deutschland klettert auf Platz drei der größten Volkswirtschaften. © IMAGO / Kyodo News

Japans Haushalte haben aktuell mit steigenden Lebenshaltungskosten und sinkenden Reallöhnen zu kämpfen. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, leidet das Land zugleich unter einer enormen Überalterung.

Schwacher Leitzins treibt Exporte

Im vergangenen Sommer sah das noch ganz anders aus. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs zwischen April und Juni 2023 um 1,5 Prozent, übertraf sogar den Höchststand vor der Pandemie. Mitverantwortlich für Japans erstaunliche Wirtschaftsstärke war die japanische Notenbank. Diese hatte den Leitzins jahrelang niedrig gehalten (seit 2016 lag er bei minus 0,1 Prozent), um die Wirtschaft zu stützen. Japanische Exporte waren wegen der Abwertung des Yen auf dem Weltmarkt vergleichsweise günstig, Importe dagegen besonders teuer. Während Japan auf Exportseite ein stetes Wachstum zu verzeichnen hatte, so berichtete die Tagesschau, gingen die Importe konstant zurück.

Für Japan war die steigende Inflation laut den Ökonomen ein kleiner Segen. Vorher hatte das Land über Jahrzehnte mit einer Deflation gekämpft. Von einer solchen ist die Rede, wenn das allgemeine Preisniveau zurückgeht, was wiederum zu einer Abwärtsspirale führen kann. Zu sinkenden Umsätzen gesellen sich dann fallende Löhne, dazu können überzählige Arbeitskräfte und letztendlich fehlende Investitionen kommen. „Japan ist gerade dabei, eine tief verwurzelte deflationäre Denkweise abzuschütteln“, hieß es beim asiatischen Vermögensverwalter Nikko AM.

Privater Verbrauch schwächelt – Wirtschaft knickt ein

Ökonomen hatten allerdings schon damals vorhergesehen, dass dieser wirtschaftliche Höhenflug nicht von Dauer sein würde. Japans privater Konsum konnte den schwachen Außenhandel lange Zeit kompensieren; mehrfach in Folge erhöhten die japanischen Haushalte ihre Ausgaben. Im Laufe des Jahres 2023 schwächte sich dieser Effekt zusehens ab. „Aus dem Ausland kommt nun Gegenwind, insbesondere aus China“, zitierte die Wirtschaftswoche Martin Schulz, den Chefökonomen von IT-Riese Fujitsu.

Neben dem nachlassenden privaten Verbrauch, der nun auf das BIP drückt, machte Japan schon damals der abflauende Handel mit China zu schaffen. Im Juli sanken Japans Ausfuhren zum ersten Mal seit zweieinhalb Jahren. China, sonst ein wichtiger Handelspartner Japans, nahm weniger Autos, Edelstahl und Halbleiter an, die Exporte sanken um 13 Prozent. Das Reich der Mitte kämpft nach wie vor mit den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie. Obwohl die beiden asiatischen Länder einander wichtige Handelspartner sind, sehen viele Nachbarn im asiatischen Raum mit Misstrauen auf Chinas militärische Ambitionen.

Eines der größten Probleme in Japan ist außerdem die zunehmende Überalterung. Die Regierung hatte bereits angekündigt, dass sie sich arbeitende Rentner wünsche – je länger die Arbeitskräfte aktiv sind, umso besser. Fast jeder vierte japanische Rentner ist noch erwerbstätig, die Geburtenrate sinkt. Genau wie in Deutschland und anderen westlichen Staaten gibt es noch keine passgenaue Lösung.

Strukturreformen in Japan – Zentralbank könnte Zinsen anheben

Für die japanische Regierung ist Deutschlands Überholmanöver ein Warnsignal. Es „zeigt, dass wir unbedingt Strukturreformen vorantreiben und eine neue Phase des Wachstums schaffen müssen“, sagte dazu der Minister für wirtschaftliche Wiederbelebung, Yoshitaka Shindo. Das braucht jedoch Zeit. Für 2024 sehen Ökonomen einen weiteren Rückgang von Japans Wirtschaftsleistung voraus. Im ersten Quartal des Jahres seien es noch die sinkenden Exporte, die auf die Wirtschaftsentwicklung drücken.

Im April rechnen Ökonomen wie Yoshiki Shinke vom Dai-ichi Life Research Institute damit, dass die Zentralbank die Zinsen anheben wird – zum ersten Mal seit fast acht Jahren. Viele Unternehmen würden ihre „relativ niedrige“ Produktivität deutlich erhöhen müssen. Welche Auswirkungen dies auf die Unternehmen haben wird – zumal japanische Arbeitnehmer dann die Lohnforderungen hochschrauben könnten – sei noch nicht absehbar.

Mit Material von dpa

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