Italien trieb Kooperation voran - Kritik war heftig: Die überraschende Bilanz des Flüchtlings-Deals von Rechtsaußen Meloni
Frontex: Rückgang dank Kooperation mit Tunesien
Als Grund für den deutlichen Rückgang nennt Frontex-Exekutivdirektor Hans Leitjens vor allem neue Kooperationen der EU mit Partnerländern vor allem in Nordafrika - und hier ganz besonders Tunesien. „Die Zusammenarbeit mit Tunesien ist ein wichtiger Faktor für die Zerschlagung der Schleusernetze“, sagte Leitjens der „FAZ“.
In den Jahren zuvor waren Schlepper anderer Mittelmeerländer immer öfter nach Tunesien ausgewichen und hatten von dort immer mehr Migranten in völlig überladenen Booten Richtung EU geschickt. 2023 hatte die EU dann einen Deal mit Tunesien zur Eindämmung der Migration ausgehandelt, der maßgeblich von Italiens Ministerpräsidentin Georgia Meloni vorangetrieben worden war. Es wurde unter anderem vereinbart, härter gegen Schlepperbanden vorzugehen und die tunesische Küstenwache bei der Eindämmung illegaler Migration Richtung EU zu unterstützen. Laut Frontex stammen die Menschen hauptsächlich aus Bangladesch, Syrien und Tunesien.
Menschenrechtsverstöße im Blick
Das Drängen Melonis auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit Tunesien trotz der Einigung der EU-Regierungschefs im EU-Parlament nicht unumstritten, da mehrere Menschenrechtsorganisationen dem tunesischen Präsidenten Kais Said schwere Menschenrechtsverstöße vorwerfen. Dies könnte sich auch auf Flüchtlinge auswirken, die bislang über Tunesien versuchten, in die EU zu gelangen und nun dort unter Umständen festsitzen.
"Wer mit einem Land wie Tunesien, das Migrantinnen und Migranten in die Wüste treibt, damit sie sterben, ein Migrationsabkommen schließt, verhöhnt die Menschenrechte und macht sich ausdrücklich schuldig am Tod von noch mehr Menschen auf der Flucht", sagte damals eine EU-Parlamentarierin der Linken. Sie fordert eine Rücknahme der Vereinbarung. Außerdem monierten Kritiker, die Vereinbarung könnte womöglich die Migration gar nicht signifikant eindämmen.
Zudem steht Meloni in Italien der Partei „Fratelli d'Italia“ (Fdl) vor. Diese Partei wird immer wieder als rechtsnational und rechtsextrem kritisiert. Im EU-Parlament zählt die Fdl allerdings nicht zur antieuropäischen Fraktion „Identität und Demokratie“, zu der neben dem „Rassemblement National“ von Marine Le Pen und der italienischen „Lega“ bis zu ihrem Ausschluss im vergangenen Jahr auch die AfD die AfD zählte. Die Fdl ist Teil der Fraktion der „Europäischen Konservativen und Reformer“, zu der auch die rechtskonservative polnische PiS gehört.
An zwei Stellen deutlich mehr illegale Grenzübertritte
Noch deutlicher als auf der zentralen Mittelmeerroute ging die Zahl illegaler EU-Grenzübertritte an der Balkanroute zurück. Sie ging um 78 Prozent auf 21.520 Fälle zurück. An zwei Stellen stiegen die Zahlen auch wieder in die Höhe. Den zahlenmäßig höchsten Wert mit einem Anstieg von 14 Prozent verzeichnete Frontex im vergangenen Jahr mit knapp 70.000 illegalen Grenzübertritten aus der Region des östlichen Mittelmeers.
Und auch die kanarischen Inseln werden mit knapp 47.000 illegalen Übertritten (Anstieg: 18 Prozent) immer öfter als Fluchtroute ausgewählt. Die meisten Migranten, die von dort aus illegale Wege in die EU suchen, stammen aus Mali, dem Senegal und Marokko.