Merz sorgt sich um die Wurst: Heute stimmt das EU-Parlament ab

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Im EU-Parlament wird heute über ein Verbot von Bezeichnungen wie „Wurst“ für fleischlose Ersatzprodukte abgestimmt. Das sagt die deutsche Politik dazu.

Straßburg – Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) will Begriffe wie „Wurst“, „Schnitzel“, „Steak“ oder „Burger“ für vegetarische und vegane Ersatzprodukte verbieten. Heute, am Mittwoch (08. Oktober) stimmt das Europäische Parlament in Straßburg über den Bericht dazu ab. Damit der Vorschlag zum Gesetz wird, braucht es noch die Zustimmung der Mitgliedsstaaten im Europäischen Rat. Für Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist die Sache klar, die deutsche Wirtschaft warnt vor Millionenkosten.

Eine Frau hält ein veganes Burgerpatty vor einer Kühltheke in den Händen
Begriffe wie „Burger“ könnten für Fleischersatzprodukte verboten werden © IMAGO/Geisser

Die EVP sieht in Bezeichnungen wie „Wurst“ eine Irreführung der Verbraucher. Es bestehe „ein echtes Verwechslungsrisiko“, sagte eine Vertreterin der EVP der dpa. Außerdem schütze das Vorhaben die Landwirte. Sie hätten seit Generationen den Ruf tierischer Lebensmittel aufgebaut. Die Hersteller pflanzlicher Produkte versuchten nun, dies für die Vermarktung von Konkurrenzprodukten zu nutzen.

Bundesregierung unterstützt Verbot von Fleisch-Begriffen für Ersatzprodukte

Die Bundesregierung unterstützt den Vorschlag der EVP. „Eine Wurst ist eine Wurst. Wurst ist nicht vegan“, sagte Merz am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Caren Miosga“. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) stimmt Merz zu: „Für mich persönlich ist ein Schnitzel aus Pute, Kalb oder Schwein“, sagte er der Bild. Sein Ministerium verwies außerdem auf den Koalitionsvertrag, in dem festgehalten sei, dass Verbraucher selbstbestimmt über ihre Ernährung entscheiden sollen. Dafür brauche es Transparenz und Informationen beim Einkauf in den Läden. Die Unionsparteien CDU und CSU sind Teil der EVP.

Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) ist da allerdings anderer Meinung. Sie warb in der Augsburger Allgemeinen am Mittwoch dafür, sich an der deutschen Lösung zu orientieren. Verbraucher müssten zwar sehen können, ob ein Produkt Fleisch enthalte oder nicht. Das sei aber bei Bezeichnungen wie „Tofu-Schnitzel“ oder „Gemüse-Burger – rein pflanzlich der Fall“.

Auch die Grünen sind gegen ein Verbot. „Ein Verbot alltäglicher Begriffe würde nicht nur die Transparenz verringern, sondern aktiv eine aufstrebende Branche sabotieren, die enormes Potenzial für Innovation, Nachhaltigkeit und Wachstum hat“, sagte Agrarpolitikerin Zoe Mayer laut Südwest Presse im Bundestag.

Verbraucherschützer und Wirtschaft gegen Verbot von „Wurst“ für vegetarische Produkte

Verbraucherschützer wie Foodwatch, BEUC und die Verbraucherzentrale Bundesverband sehen ein mögliches Begriffsverbot kritisch. Ein Foodwatch-Sprecher betonte gegenüber dem WDR, es gehe bei dem Verbot nicht um Verbraucherschutz, „sondern aus unserer Sicht darum, irgendwie der Fleischindustrie einen kleinen Gefallen zu tun.“ Stephanie Wetzel von der Verbraucherzentrale sagte der dpa, bei einem Begriff wie „veganes Seitan-Schnitzel“ wüssten Verbraucherinnen und Verbraucher, was sie geschmacklich erwarte und welche Ersatzzutat das Produkt enthalte.

Eine Warnung kommt auch aus der Wirtschaft. Der Lebensmittelhersteller Rügenwalder Mühle stellt traditionell Fleischprodukte her, ist aber seit einigen Jahren Marktführer für fleischlose Ersatzprodukte. Rund 60 Produkte stellt das Unternehmen inzwischen her. Der Hersteller warnt deswegen vor einem Verbot von Fleisch-Begriffen für seine Produkte. „Die kurzfristigen Umstellungskosten schätzen wir auf einen einstelligen mittleren Millionenbetrag“, sagte eine Unternehmenssprecherin. Durch eine EU-Regelung könnten zweistellige Millionenbeträge im Jahr verloren gehen, weil bis zu 20 Prozent der Neukäufer abspringen könnten. Die Sprecherin sagte, Fleisch-Begriffe seien für Verbraucher eine wichtige Orientierung, weil sie so erkennen könnten, was sie geschmacklich erwarte. Fantasienamen könnten Verbraucher nach ihrer Einschätzung sogar noch mehr verwirren. Außerdem sei zum Beispiel das „Sellerie-Schnitzel“ seit mehr als 150 Jahren in der deutschen Küche gebräuchlich.

EU-Parlament stimmt heute über neue Regel für vegane und vegetarische Produkte ab

Die Abstimmung im Europäischen Parlament findet heute am Mittwoch ab 12:30 Uhr statt. Sollte der Vorschlag angenommen werden, muss er noch im Europäischen Rat von den EU-Mitgliedstaaten angenommen werden. Erst dann wird ein Gesetz gültig. Bisher verstößt es gegen EU-Recht, wenn Mitgliedstaaten Begriffe „Wurst“, „Burger“, „Schinken“ oder „Steak“ für pflanzliche Erzeugnisse pauschal verbieten. Das hat der Europäische Gerichtshof im Jahr 2024 entschieden. (Quellen: dpa, Bild, WDR (cdz)