„Unsere Bezahlkarte ist härter“: Söder erklärt, wie Bayern Asyl-„Anreize“ beseitigen will

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Die Bezahlkarte für Asyl-Bewerber kommt. Bayern geht dabei einen Sonderweg. Schneller und härter soll die „Bayern-Karte“ kommen, wie Markus Söder betont.

München – Die Bezahlkarte für Asylbewerber steht schon lange ganz oben auf der Wunschliste des Freistaats. Schon im November hatte die Staatsregierung von Markus Söder (CSU) mit Ausschreibungen für das Projekt begonnen. Nun ist Söder verbal nochmal in die Offensive gegangen. Bereits zuvor war bekannt geworden: Bayern geht bei der Maßnahme einen Sonderweg.

„Unsere Bezahlkarte kommt schneller und ist härter“, sagte Bayerns Ministerpräsident der Bild am Sonntag (BamS, 4. Februar). Sein erklärtes Ziel: Anreize für Asylsuchende reduzieren. Ob das auf diesem Wege klappen kann, ist gleichwohl unter Beobachtern und Experten zumindest umstritten.

Söder lobt Bayerns Asylbewerber-„Bezahlkarte“: „Wir stoppen Überweisungen ins Ausland“

Söder stellte indes klar, dass Bayern bei der Bezahlkarte aufs Tempo drücke. „Während die Karte woanders erst ausgeschrieben wird, starten wir schon in einem Monat die Tests in der Praxis“, kündigt er in der BamS an. Geplant ist ein Pilotprojekt in vier Kommunen – in Oberbayern, Schwaben und Niederbayern.

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern und Parteivorsitzender.

Die „Bayern-Karte“ soll deutlich weniger Bargeldabhebungen ermöglichen, als es in anderen Bundesländern vorgesehen sei. Sie solle nur in der Nähe der Unterkunft genutzt werden können und für ein stark eingeschränktes Warensortiment gelten. „Es können nur noch Waren in Geschäften des täglichen Gebrauchs gekauft werden“, sagte Söder. „Wir stoppen Online-Shopping, Glücksspiel und Überweisungen ins Ausland. Bargeld gibt es nur noch als kleines Taschengeld bis 50 Euro.“ Anderenorts gebe es deutlich mehr Geld.

„Wir sagen Ja zu Hilfe für Geflüchtete, aber Nein zum Geldtransfer ins Ausland“, betonte Söder am Sonntagmorgen auch noch einmal in einem Post auf der Plattform X: „Es hilft niemandem, wenn Asylbewerber von Deutschland aus Geld in die Heimat schicken. Stattdessen braucht es vernünftige Programme vor Ort.“ Ähnlich hatte sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) geäußert: Die finanzielle Unterstützung diene „bei allem Verständnis“ nicht der Finanzierung der Familien im Heimatland.

Söder geht beim Asyl in die Offensive: „Weg vom individuellen Recht“

Söder stellte am Wochenende auch das individuelle Grundrecht auf Asyl infrage – und rüttelte an Bürgergeld-Zahlungen für gerade erst in Deutschland angekommene Menschen. „Wir müssen weg vom individuellen Recht auf Asyl hin zu einem objektiven Anspruch“, sagte Bayerns Ministerpräsident der Rheinischen Post. „Das Bürgergeld sollte gestrichen werden für jemanden, der neu nach Deutschland kommt“, erklärte er zudem.

Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Bundeskanzler Konrad Adenauer (mit Zylinder, CDU), Bundesratspräsident Karl Arnold (l, CDU) und Fritz Schäffer (r, CSU) bei der feierlichen Eröffnungssitzung des Deutschen Bundestages am 07.09.1949 in Bonn.
28. September 1945 – 21. Dezember 1946: Wilhelm Hoegner (SPD), ernannt durch die USA.
21. Dezember 1946 –
 14. Dezember 1954: Hans Ehard (CSU) mit Ehefrau Sieglinde.
14. Dezember 1954 – 16. Oktober 1957 (zweite Amtszeit): Wilhelm Hoenger (SPD) trat nach Verlust der Mehrheit im Landtag zurück.
Bayerns Ministerpräsidenten seit 1945

Auch die Unions-Fraktionschefs hatten zuletzt das Thema Asyl wieder ganz oben auf die Agenda gesetzt. Sie forderten einen Sonder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz (SPD). Das sei auch wegen Großdemonstrationen gegen AfD und Rechtsextremismus wichtig, hieß es in einem Beschluss. Der dort ersichtliche „Vertrauensvorschuss der Mitte der Bevölkerung“ dürfe nun nicht durch „Untätigkeit zerstört werden“.

Länder einigen sich auf Bezahlkarte, Bayern mit Sonderweg – Forscher zweifelt an Effekt von „Pull-Faktoren“

Am Mittwoch (31. Januar) hatten sich nach Angaben Hessens 14 der 16 Bundesländer auf Standards für eine Bezahlkarte für Asylbewerber verständigt. Neben Bayern geht demnach auch Mecklenburg-Vorpommern einen eigenen Weg. „Mit der Einführung der Bezahlkarte senken wir den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen, unterbinden die Möglichkeit, Geld aus staatlicher Unterstützung in die Herkunftsländer zu überweisen und bekämpfen dadurch die menschenverachtende Schlepperkriminalität“, hatte Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU) als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) gesagt.

Die neue Bezahlkarte für Asyl-Bewerber

Bei der Bezahlkarte für Asylbewerber soll eine guthabenbasierte Karte mit Debit-Funktion werden. Eine Kontobindung ist nicht vorgesehen. Über die Höhe des Barbetrags sowie über weitere Zusatzfunktionen entscheidet jedes Bundesland selbst. Grundsätzlich soll die Karte bundesweit gelten, dennoch sollen regionale Einschränkungen, die auch bestimmte Branchen betreffen, möglich sein. Ausgeschlossen sind nach den gemeinsamen Plänen der Bundesländer: ein Einsatz im Ausland, Überweisungen im In- und Ausland sowie Karte-zu-Karte-Überweisungen.

Die Referentin für Soziales der Organisation „Pro Asyl“, Andrea Kothen, zeigte sich bei stern.de überrascht über die schnelle Einigung der MPK gezeigt. Sie verwies auf „gescheiterte“ Beispiele – etwa im Landkreis Erding. Helfer schilderten dort tatsächlich viele „Alltagsprobleme“. Landrat Martin Bayerstorfer zog hingegen zuletzt im Erdinger Anzeiger ein positives Fazit zum „Kommunalpass“.

Der Migrationsforscher Matthias Lücke vom Kieler Institut für Weltwirtschaft hatte bereits im November vor überzogenen Erwartungen an Bezahlkartenlösungen gewarnt. „In dem Rahmen, in dem wir kürzen könnten, sind Sozialleistungen kein Pull-Faktor“, betonte er bei IPPEN.MEDIA. „Es bleibt schwierig, der Öffentlichkeit die komplexen Ursachen und Wirkungen von Migration und die Einflussmöglichkeiten der Politik zu vermitteln“, klagte er. (fn mit Material von Reuters)

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