Ausschluss für immer? Wie es für Krah und die AfD nach der Europawahl weitergeht

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Nach dem Wahlerfolg der AfD ist die Zukunft des Skandal-AfD-Spitzenduo Krah und Bystron ungewiss. Für die Arbeit im EU-Parlament könnten sie aber unverzichtbar sein.

Berlin – Trotz aller Skandale im Wahlkampf hat die AfD bei der Europawahl Gewinne verbuchen können. Im Osten ist sie sogar auf Platz eins gelandet. Zur Wahlparty am Sonntag (9. Juni) in Berlin waren aber zwei AfD-Politiker nicht eingeladen: Die Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron feierten den Sieg ihrer Partei im Hintergrund.

Der Grund: Anfang 2024 hatte die AfD noch mit wesentlich höheren Zugewinnen gerechnet – damals lag sie in Umfragen noch teils deutlich über 20 Prozent. Diese Werte konnte sie allerdings nicht in Stimmen umsetzen. Womöglich haben die Affären und Skandale um die Spitzenkandidaten Krah und Bystron und entsprechende strafrechtliche Ermittlungen der Partei diesen Dämpfer verpasst.

Auftrittsverbot für Krah bewahrt AfD wohl vor Absturz bei der Europawahl

Vor einem weiteren Abrutschen bewahrte die AfD wohl, dass die Parteiführung Krah und Bystron aus dem Verkehr gezogen hat. Die Parteiführung verhängte für Krah ein Auftrittsverbot. Für die letzten Wochen vor der Wahl wurde der Listendritte René Aust zum Frontmann der Rechtsaußen-Partei. Der 37-Jährige aus dem thüringischen Landesverband von Björn Höcke sitzt in Erfurt im Landtag. Der ehemalige Sozialdemokrat sollte retten, was kaum noch zu retten schien. Er absolvierte fortan die großen Wahlkampfveranstaltungen und Fernsehauftritte.

Krah hat das Rekordergebnis seiner Partei als „wunderbar“ bezeichnet. „Allen Schmutzkampagnen zum Trotz haben wir völlig neue Möglichkeiten erschlossen für eine patriotische Politik“, schrieb Krah am Sonntagabend (9. Juni) im Online-Dienst X.

Petr Bystron
Petr Bystron. © Carsten Koall/dpa

Krah will nach Europawahl „Hooligan-Fraktion“: AfD-Chefin Weidel verfolgt andere Pläne

Die Frage ist nun, wie es mit Krah und Bystron und der Partei im EU-Parlament weitergeht. Diese Antwort ist aktuell noch offen. Nach dem Bruch mit ihren bisherigen Mitstreitern in der ID-Fraktion infolge Krahs verharmlosender SS-Äußerungen dürften komplizierte Gespräche mit potenziellen Partnern anstehen. „Unsere Hand ist ausgestreckt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir einer Fraktion angehören werden“, sagte Parteichef Chrupalla.

Aust glaubt sogar an eine Wiederaufnahme in die ID-Fraktion. Den Ausschluss der AfD nannte er eine „Beziehungspause“ und kündigte eine erneute Kontaktaufnahme an.

Krah dagegen äußerte in der Vergangenheit wenig Interesse, im EU-Parlament als Mann der Parteichefin Alice Weidel aufzutreten, die auf eine engere Zusammenarbeit mit den großen europäischen Rechtsparteien wie Marine Le Pens Rassemblement National (RN) setzte.

Krah hatte schon damals einen anderen Plan favorisiert: Die AfD als größter, seriösester Partner in einer Fraktion kleiner rechtsradikaler bis rechtsextremer Gruppierungen, vor allem aus mittel- und osteuropäischen Staaten. In Brüssel heißen diese bisher fraktionslosen Abgeordneten die „Hooligans“, in der AfD spricht man daher vom Plan einer „Hooligan-Fraktion“.

Um Spitzenkandidat zu werden, stellte Krah solche Überlegungen zurück, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Mit seiner Weigerung, alle Mitglieder der nationalsozialistischen Terroreinheit SS als Verbrecher zu bezeichnen, gab er Marine Le Pen die Gelegenheit, sich von der AfD zu trennen. Die AfD sei „führungslos“, gehe „von Provokation zu Provokation“ und gebe „radikalen Gruppen“ zu viel Raum, sagte Le Pen. Kurz gesagt: Sie ist eine Hooligan-Partei.

Nach dem Wahlerfolg der Partei bleibt spannend, wer in die EU-Delegation aufgenommen wird. Aust könnte beispielsweise von den neu gewählten AfD-Abgeordneten als ihr Delegationsleiter bestimmt werden. Unklar dagegen bleibt, ob Krah überhaupt in die Delegation aufgenommen wird.

AfD-Politiker Krah und Bystron bleiben nach der Europawahl selbstbewusst

Dennoch: Krah und Bystron sind für die Partei unverzichtbar, wenn die AfD den Weg zur „Hooligan-Fraktion“ gehen will. Und das, so rechnen sich die beiden aus, wird spätestens dann passieren, wenn sich Austs Hoffnung auf einen zweiten Frühling mit der Ex-Fraktion als naiv herausstellt.

„Unsere Verhandler mit der ID-Fraktion werden es schwer haben“, sagte Bystron dem RND. „Marine Le Pen und Matteo Salvini haben das Tischtuch zur AfD ja öffentlich zerschnitten. Da kämen die zu Hause in Erklärungsnöte.“

AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah im Europaparlament.
AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah im Europaparlament. © Jean-Francois Badias/picture alliance/dpa/AP

Bystron spinnt den Faden weiter: „Fraktionslosigkeit wäre gleich Bedeutungslosigkeit – das kommt für uns nicht infrage“, sagte er dem RND. Also wäre der einzige Weg, die „Hooligan-Fraktion“. Daher „werden wir nach der Wahl auch die Angebote befreundeter Parteien ernsthaft prüfen, die mit uns eine neue Fraktion gründen wollen“, führte er aus. „Darin kann auch eine Chance liegen – es kann uns die Perspektive eröffnen, in einem konservativen Lager der Mehrheitsmacher zu werden.“

Ergebnis der Europawahl erhöht Druck auf AfD: Bundesparteitag steht bevor

Die AfD hat mit rund 16 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis bei Europawahlen eingefahren und zieht mit einer deutlich vergrößerten Delegation in das neue EU-Parlament ein, dem Krah bereits angehört. Krah hob bei X besonders auf das starke Ergebnis der AfD bei jungen Wählern ab. „Da wollte ich hin; und es ist nur der Anfang“, schrieb Krah. Bei den Unter-24-Jährigen wurde die AfD gemeinsam mit der Union stärkste Partei.

Unklar ist, ob das Ergebnis den parteiinternen Gegenwind für die Parteichefs Weidel und Chrupalla etwas entkräftet. Zuletzt sagte etwa der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen, dass „nicht wenige“ in der Fraktion von ihnen „mehr Professionalität“ erwarteten. Weidel und Chrupalla wurde immer wieder vorgeworfen, sich aus Rücksicht vor radikalen Kräften in der Partei trotz inhaltlicher Differenzen und sinkender Umfragewerte nicht rechtzeitig von Spitzenkandidat Krah getrennt oder klar genug distanziert zu haben.

Chrupalla sprach von einem „guten Start ins Wahljahr“. Ende des Monats steht in Essen der Bundesparteitag an, auf dem sich die Parteivorsitzenden der Wiederwahl stellen müssen. (bg/dpa)

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