Nato-Geheimdienste zittern wegen Donald Trumps Kurswechsel

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Trumps Stopp der Weitergabe von Geheimdienstinformationen an Kiew ruft Unsicherheiten bei der Nato hervor. Agenten fürchten um ihre Sicherheit.

Brüssel/Washington D.C. – Nachdem die USA die Weitergabe von Geheimdienstinformationen an die Ukraine vorerst gestoppt haben, könnte auch die Nato bald ohne Wissen der CIA dastehen. „In den Hallen der Nato gibt es viele Gerüchte über die Zukunft des Geheimdienstaustauschs innerhalb des Bündnisses“, zitiert Politico Julie Smith, die bis November US-Botschafterin bei der Nato unter Joe Biden war.

Sie fügte hinzu, sie habe „von einigen Verbündeten Bedenken gehört“, ob Washington weiterhin Geheimdienstinformationen mit dem Bündnis teilen werde. Laut Daniel Stanton, einem ehemaligen Mitarbeiter des kanadischen Auslandsgeheimdienstes CSIS, werde in einer Zeit, in der eigentlich mehr Geheimdienstinformationen benötigt werden, weniger in diese investiert. Es bestehe weniger Konsens darüber, wer „der gemeinsame Feind ist“ und „die Leute werden eher zurückhaltend sein, Informationen preiszugeben“, so Stanton gegenüber Politico.

Wegen Trumps versöhnlichen Ansatz zu Putin: Geheimdienstagenten fürchten um ihre Sicherheit

Die Kehrtwende Donald Trumps in der US-Ukraine-Politik könnte aber auch die USA selbst von Geheimdienstinformationen abschirmen. Denn NBC News berichtet, dass einige US-Verbündete als Reaktion auf den versöhnlichen Ansatz der Trump-Regierung gegenüber Russland erwägen, ihren Geheimdienstaustausch mit Washington einzuschränken. Der Grund: Die Agenten fürchten, ihre Identität könnte auffliegen. Man habe Angst, dass die Identität unbeabsichtigt aufgedeckt werden könnte, sagten die Quellen gegenüber NBC News.

Das Verhalten von Präsident Trump gegenüber Präsident Selenskyj zeigen klar: Europa kann sich nicht länger auf die USA verlassen.
Das Verhalten von Präsident Trump gegenüber Präsident Selenskyj zeigen klar: Europa kann sich nicht länger auf die USA verlassen. © IMAGO/ZUMA Press Wire

Denn jeder Geheimdienst sei seinen ausländischen Agenten gegenüber verpflichtet, für dessen Sicherheit zu sorgen und ihre Identität zu schützen. Alles, was diese Verpflichtung gefährdet, wäre ein Vertrauensbruch, sagen ehemalige Beamte. Das könnte dazu führen, dass einige Geheimdienste den Informationsaustausch mit Washington zurückhalten.

Die US-Verbündeten, darunter Israel, Saudi-Arabien und Mitglieder der sogenannten Five-Eyes-Spionageallianz englischsprachiger Demokratien, prüfen wie die aktuellen Protokolle für den Informationsaustausch möglicherweise überarbeitet werden können, um den sich verbessernden Beziehungen der Trump-Regierung zu Russland Rechnung zu tragen, so die Quellen gegenüber NBC News.

Nach Stopp der Weitergabe von US-Geheimdienstdaten: Experten warnen vor Folgen für Ukraine-Krieg

Bereits am Montag (3. März) hatte US-Präsident Donald Trump die Aussetzung der Militärhilfe für die Ukraine angeordnet. Am Mittwoch folgte der Stopp der Weitergabe von Geheimdienstdaten. Experten sehen die von den USA gelieferten Geheimdienstinformationen aber als entscheidend für den ukrainischen Abwehrkampf gegen die russischen Truppen.

Die USA hingegen scheinen die Drohungen, künftig keine Informationen mehr aus der Nato zu erhalten, wenig abzuschrecken: „Die USA verfügen über konkurrenzlose Geheimdienstkapazitäten“, so der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses Brian Hughes in einer E-Mail die NBC News vorliegt.

Wie wichtig der Austausch geheimdienstlicher Informationen sein kann, zeigte sich als die Biden-Regierung lauthals die Vorbereitungen Russlands auf einen Angriff auf die Ukraine verkündete. Dies trug entscheidend dazu bei, die Verbündeten zu alarmieren und eine Reaktion herbeizuführen, berichtet Politico.

Ex-CIA-Chef: Stopp von US-Geheimdienstinfos sei Erpressung und bringe „verheerenden Konsequenzen“

Derweil hat ein früherer Chef des US-Geheimdiensts CIA den Entzug von Geheimdienstinformationen für die Ukraine als Erpressung bezeichnet und vor „verheerenden Konsequenzen“ gewarnt. Ein vergleichbares Vorgehen habe er in seinen knapp 35 Jahren Geheimdiensterfahrung nicht erlebt, sagte John Brennan dem Sender Times Radio. Er war von 2013 bis 2017 CIA-Chef. 

Niemals in seiner Karriere, die bis in die Amtszeit Jimmy Carters (1977–1981) zurückreiche, sei die Weitergabe von Geheimdienstinformationen aus politischen Gründen gestoppt worden. „Ich denke, es könnte auf dem Schlachtfeld verhängnisvoll sein, wenn dies über längere Zeit bestehen bleibt“, sagte Brennan. Er warnte zudem, Europa könne den Verlust der US-Informationen aus den Bereichen Militär, Sicherheit und jene der Geheimdienste nicht kompensieren.

Hintergrund: Am Mittwoch hatte der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, John Ratcliffe, erklärt, dass die Übermittlung von Geheimdiensterkenntnissen an die Ukraine derzeit „pausiere“. Zur Begründung sagte Ratcliffe, US-Präsident Donald Trump stelle sich die Frage, ob der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj „dem Friedensprozess verpflichtet“ sei (bg/dpa).

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