Hubertus Heil ist raus: So könnte die neue SPD-Ministerriege im Kabinett Merz aussehen
Bis Anfang nächster Woche dürfte auch die SPD ihre Minister präsentieren – aber es gibt noch Klärungsbedarf, die Kritik an der Führung wird lauter.
Berlin – Überragend war das Ergebnis am Ende nicht. Zwar stimmten rund 85 Prozent für den Koalitionsvertrag – allerdings nahmen nur 56 Prozent der SPD-Mitglieder überhaupt an der Abstimmung teil. Als es das letzte Mal um die Bildung einer schwarz-roten Koalition gegangen war, hatten noch knapp 80 Prozent der Mitglieder abgestimmt.
SPD-Votum zur Bundesregierung: „Mit der Faust in der Tasche zugestimmt“
Einerseits mag die magere Beteiligung am Kanzler in spe Friedrich Merz gelegen haben: Der konservative CDUler hat bei vielen Sozialdemokraten weniger Sympathien, als etwa Angela Merkel zu ihrer Zeit. Das vermutet etwa der Juso-Vize Lasse Rebbin im Gespräch mit dieser Redaktion: „Ich glaube, dass viele SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag nur mit der Faust in der Tasche zugestimmt haben. Auch die Wahlbeteiligung ist nicht sehr hoch, vielleicht haben sich manche wegen der Inhalte sowie der personellen Aufstellung der Union einer Stimme enthalten“, so der niedersächsische Rebbin.
Andererseits könnte die Tatsache, dass die Abstimmung nur digital lief, ein Problem gewesen sein. „Es war nicht klug, keine Briefwahl anzubieten. Das schreckt viele, vor allem ältere Mitglieder ab“, mutmaßte im Vorfeld der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Serdar Yüksel im Gespräch mit dieser Redaktion. „Man wollte ein paar Euro sparen, aber das ist ein Bärendienst.“
Dass Schwarz-Rot kommt, steht indes nun fest. Nachdem die Union bereits ihre Ministerinnen und Minister bekannt gegeben hat, stellt sich jetzt die Frage nach der sozialdemokratischen Ministerriege. Sieben der 17 Ministerien fallen an die SPD. Am Montag wird der Koalitionsvertrag im Berliner Gasometer unterschrieben – bis dahin soll die Auswahl offiziell benannt werden.
Klingbeil als SPD-Minister gesetzt – und sonst so?
Klar ist bislang, dass SPD-Chef Lars Klingbeil Vizekanzler und Finanzminister im Kabinett Merz wird. Als sicher gilt außerdem, dass Boris Pistorius Verteidigungsminister bleibt. Am Montag sollen die sechs anderen Ministerinnen und Minister der SPD benannt werden. Klingbeil versprach eine „bestmögliche Teamaufstellung“. Er wolle auf Erfahrung setzen, „aber auch auf neue Gesichter und sichtbare Schritte zu einem Generationswechsel in der SPD, wie wir ihn angekündigt haben“, heißt es in einem Schreiben an die SPD-Bundestagsfraktion.
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Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wird wohl nicht mehr Teil der Bundesregierung sein. „Ich war gern Arbeitsminister, ich bin das auch noch bis nächste Woche. Aber es ist in Ordnung, dass wir nicht die gesamte Regierung mit niedersächsischen Männern aus der SPD besetzen können“, so Heil gegenüber dem TV-Sender Pro7. Ex-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas könnte seinen Posten übernehmen. Heil gilt derweil noch als Kandidat für den Posten des Fraktionschefs. Als mögliche Kandidaten für einen Ministerposten werden außerdem der bisherige Ostbeauftragte Carsten Schneider (Bau), die Brandenburger Sozialdemokratin Sonja Eichwede (Justiz) und die Rheinland-Pfälzische Verena Hubertz (Umwelt) gehandelt. Entwicklungsministerin Svenja Schulze darf sich dem Vernehmen nach Chancen ausrechnen, im Amt zu bleiben.
Esken und Heil mit unklarer Zukunft, Jusos machen der SPD Druck
Noch völlig offen ist, wie die politische Zukunft von SPD-Co-Parteichefin Saskia Esken aussehen könnte. Bei manchen an der Parteibasis ist sie dem Vernehmen nach nicht wohlgelitten, es gibt Rufe nach Rücktritt. Anderen hingegen missfällt, dass Esken leer ausgeht und die Verantwortung für das schlechte Abschneiden der SPD bei der Bundestagswahl übernehmen soll – während sich Klingbeil als neuer starker Mann geriert. Aktuell ist keineswegs ausgeschlossen, dass Esken ins Kabinett einzieht und im Juni auf dem SPD-Parteitag erneut für den Vorsitz kandidiert.
Kritisch gegenüber allen in der Führungsebene geben sich derweil die Jusos, die offen für die Ablehnung des Koalitionsvertrags geworben haben. „Die gesamte Parteispitze hat natürlich genauso wie andere Akteure dieses Wahlergebnis mitzuverantworten und dementsprechend auch die Verantwortung, es aufzuarbeiten und daraus Konsequenzen zu ziehen“, sagte Rebbin im Gespräch. Die Jungsozialisten dürften im Willy-Brandt-Haus die kommenden Jahre noch für einiges Kopfzerbrechen sorgen. Rebbin gibt die Richtung vor: „Wir werden diese Bundesregierung kritisch begleiten und kritisieren, wenn wir finden, dass sie sich in die falsche Richtung bewegt. Wir Jusos betrachten uns schon immer als Korrektiv.“