Habecks Heizungsgesetz „zurücknehmen“ – warum die Forderung der Union wohl Wunschdenken bleibt

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Jüngst heizte die Forderung nach dessen Zurücknahme Diskussionen an. Doch kann man das Heizungsgesetz einfach zurücknehmen?

Berlin – Diskussionen über das novellierte Gebäudeenergiegesetz, seit der Debatte um die Neuregelungen ab 2024 umgangssprachlich auch Heizungsgesetz genannt, reißen nicht ab. Die jüngste Forderung der Union, das Heizungsgesetz „zurückzunehmen“, wie CDU-Vize Jens Spahn wortwörtlich sagte, hatte nicht nur in der Branche für Aufruhr gesorgt, sondern hat auch viele Verbraucher verunsichert. Angesichts der Debatten stellen sich wohl viele die Frage, ob das Gesetz nochmal angefasst werden könnte. Doch muss man sich wirklich Sorgen über eine „Zurücknahme“ oder „Abschaffung“ des Heizungsgesetzes machen?

Union will Heizungsgesetz „zurücknehmen“ – Branche in Aufruhr

Zunächst einmal ist noch nicht genau definiert worden, was genau die Union überhaupt umsetzen will. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung hatte CDU-Vize Spahn zunächst ankündigt, das Heizungsgesetz „zurückzunehmen“ und Habecks Subventionsprogramme beenden zu wollen. „Leider bleibt völlig unklar, was die Union konkret abschaffen möchte und was die Alternativen sein sollen“, sagte bereits Bastian Gierull, CEO von Octopus Energy Germany GmbH, zu IPPEN.MEDIA.

Weniger Heiz-Förderung: Der Haushalt 2024 der Ampel trifft auch Habecks Heizungsgesetz.
Weniger Heiz-Förderung: Der Haushalt 2024 der Ampel trifft auch Habecks Heizungsgesetz. © Kay Nietfeld / Jan Woitas / dpa (Montage)

Die Branche hatte kürzlich versucht, die Bürgerinnen und Bürger vorerst zu beruhigen. „Das Gebäudeenergiegesetz – kurz GEG – kann gar nicht abgeschafft werden“, sagte Helmut Bramann in einer aktullen Mitteilung. Bramann ist Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK).

Heizungsgesetz „abschaffen“ – ist das überhaupt möglich?

Hauptgrund ist, dass das GEG nicht nur als nationales Gesetz zu betrachten ist, sondern europarechtlich determiniert ist. „Es basiert in wesentlichen Teilen auf europäischen Vorgaben und muss sogar im Jahr 2026 von einer künftigen Bundesregierung wieder überarbeitet werden, um weitere europäische Vorgaben aufzunehmen. Das Ziel, klimaneutral im Gebäude zu werden, bleibt, und die Möglichkeiten, hierbei Fördermittel zu erhalten, werden nicht besser werden als sie jetzt sind“, sagte auch Bramann bereits.

Man könnte sagen, das GEG ist auf europäischer Ebene „vorverhandelt.“ Hierzu muss man sich die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) anschauen. Die Europäische Kommission hat am 15. Dezember 2021 ihre Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) vorgelegt. Die EPBD trat ab dem 28. Mai 2024 in Kraft und muss innerhalb von 2 Jahren in den EU-Mitgliedstaaten, also bis 2026, umgesetzt und in nationales Recht überführt werden. Das klare Ziel der Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie ist unter anderem die Verbesserung der Energieeffizienz und die Erreichung eines emissionsfreien Gebäudebestands bis 2050.

Schrittweise sollen in den EU-Mitgliedsstaaten Neubauten als Nullemissionsgebäude umgesetzt werden. Dies bedeutet, dass die Gebäude keine Vor-Ort-Kohlenstoffemissionen durch den Verbrauch fossiler Energieträger erzeugen dürfen. Zudem sollen die Gebäude in der Lage sein, ihren Verbrauch, die Erzeugung und die Speicherung von Energie bei Bedarf anzupassen. Ab dem 01.01.2028 soll dies für neue Gebäude in öffentlicher Hand und ab dem 01.01.2030 für alle neuen Gebäude umgesetzt werden.

Heizungsgesetz bzw. Novellierung des GEG fußt auf EU-Richtlinien

Konkret fordert die EU-Gebäuderichtlinie in Art. 7 Abs. 1, dass ab 2030 alle neuen Gebäude Nullemissionsgebäude sind. Dies bedeutet nach Art. 11 Abs. 1 EPBD, dass das Gebäude an seinem Standort keine CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen verursachen darf. In Deutschland wurde die Richtlinie über eine Anpassung des bestehenden Gebäude-Energie-Gesetzes (GEG) umgesetzt.

Die neuen Vorgaben des GEG zum erneuerbaren Heizen gelten seit dem 1. Januar 2024. Nach Paragraf 71 Abs. 1 des GEG ist die Vorgabe der Nutzung von 65 Prozent erneuerbarer Energien bei der Beheizung. In Neubaugebieten muss ab dem 1.1.2024 jede neu eingebaute Heizung mindestens 65 Prozent erneuerbare Energie nutzen. Für Bestandsgebäude und Neubauten, die in Baulücken errichtet werden, gilt diese Vorgabe abhängig von der Gemeindegröße nach dem 30.06.2026 bzw. 30.06.2028.

Bestehende Heizungen sind von den Regelungen nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch wenn eine Reparatur ansteht, muss kein Heizungsaustausch erfolgen. Um es den Eigentümern zu ermöglichen, die für sie passendste Lösung zu finden, kann für eine Übergangsfrist von fünf Jahren noch eine Heizung eingebaut werden, die die 65 Prozent EE-Vorgabe nicht erfüllt.

Kurzer Rückblick des GEG

Das GEG ist erstmals am 01.11.2020 in Kraft getreten und ersetzte seinerzeit die Regelungen des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG), der Energieeinsparverordnung (EnEV) und des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG). Mittlerweile wurde das mehrfach GEG novelliert, seit dem 01.01.2024 gilt die zweite Novelle des GEG (GEG 2024).

Am 19.10.2023 wurde die zweite Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG 2024) in Form des „Gesetzes zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, zur Änderung der Verordnung über Heizkostenabrechnung, zur Änderung der Betriebskostenverordnung und zur Änderung der Kehr- und Überprüfungsordnung“ im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Das GEG 2024 ist zum 01.01.2024 in Kraft getreten.

Union hält offenbar nichts vom Heizungsgesetz – SPD-Bauministerin fordert Reform

Man könnte also sagen: Die Forderung der Union, das Heizungsgesetz „zurückzunehmen“ hat weder Hand noch Fuß. Denn eine „Zurücknahme“ würde bedeuten, dass sich Deutschland von den EU-Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden weiter entfernen würde. Besonders die Regelungen für den Neubaubereich sind sehr streng, weshalb eine Änderung ausgesprochen unwahrscheinlich wäre. Doch wie zu Beginn erwähnt ist ohnehin nicht klar, was genau die Union plant und welche Alternativen sie erwägt.

Realistischer könnte die Umsetzung eines SPD-Vorschlags sein. Bauministerin Klara Geywitz sprach sich für eine Reform des GEG, umgangssprachlich Heizungsgesetz genannt, aus. Das Heizungsgesetz müsse einfacher und verständlicher werden, sagte die Bauministerin im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. „Man sollte die jetzigen Energieeffizienzanforderungen für den Neubau und vor allem den Gebäudebestand festschreiben und darauf setzen, mit nachhaltigen Baumaterialien zu arbeiten. Mit Holz und Lehm, mit Recycling-Materialien, grünem Beton oder grünem Stahl“, sagte Geywitz unserer Redaktion.

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