Kniffliges in der Führerscheinprüfung: Auffahrten bringen Schüler ins Schwitzen
Berganfahren und zugleich abbiegen - das sorgt bei Fahrschülern für Stress. Auch sonst gibt es einige knifflige Stellen im Landkreis. Unterwegs mit dem Fahrlehrer.
Bad Tölz – Spiegel eingestellt, Sitz zurechtgerückt, Handbremse gelöst und die Hand am Schlüssel im Zündschloss: Erwartungsvoll schaut Radiana Dechkova zu ihrem Fahrlehrer Marco Miesl. Es ist eine ihrer letzten Fahrstunden vor dem großen Prüfungstag. Miesl nickt, dann setzt seine Fahrschülerin langsam den Wagen in Gang und rollt aus der Parklücke vor der Fahrschule Strunck an der Lenggrieser Straße in Tölz. Von hier geht es Richtung Isarbrücke.
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Ob für den Weg in die Arbeit, zum Bahnhof, zum Einkaufen oder um die Kinder in die Kita zu bringen: Der Führerschein hat in ländlichen Regionen einen hohen Stellenwert, für viele ist er unverzichtbar. In Bad Tölz und Umgebung gibt es aber einige Stellen, die so manchen Fahrschüler nervös machen. Unsere Zeitung war mit einer Fahrschülerin und ihrem Lehrer unterwegs zu einigen neuralgischen Punkten.
Berganfahren und Abbiegen - diese Kombination sorgt für Stress
Den ersten Kreisverkehr meistert Dechkova souverän und lenkt den Wagen um die S-Kurve. „Hier kommt jetzt gleich eine Stelle, vor der viele Fahrschüler Angst bekommen.“ Miesl meint die Ampel zum Abbiegen auf die Isarbrücke neben der Marktstraße. „Man muss berganfahren und dazu abbiegen, das versetzt Anfänger in Stress.“
Auch Dechkova wird nervös, als ein Bus auf der Gegenspur auf das Fahrschulauto zukommt und nur knapp an ihrer Fahrertür vorbei in die Spur Richtung ZOB einbiegt. „Alles gut, da ist noch genug Platz“, beruhigt Miesl die Fahrschülerin. Als die Ampel grün wird, fährt sie an. Es glückt. Der Motor stirbt trotz der markanten Steigung nicht ab. Die 42-Jährige hat schon viel Übung. Immerhin ist es ihre 30. Fahrstunde.
Auch der Moraltverteiler ist für viele eine Hürde
Miesl, der seit August 2023 in der Fahrschule Strunck arbeitet, und früher als Kraftverkehrsmeister und Berufskraftfahrer tätig war kennt die kniffligen Stellen in und um Bad Tölz mittlerweile gut. „Vor allem an Stellen, an denen mehrere Abläufe gleichzeitig flüssig vom Schüler bewältigt werden müssen, hapert es gerne mal“, sagt er. Die Auffahrten auf die Bundesstraßen – beispielsweise in Reichersbeuern – würden viele Fahrschüler am Anfang fürchten. „Da muss es zügig gehen, und wir haben in der Umgebung einige sehr kurze Auffahrten, die sind auch für Erfahrene sportlich.“
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Eine weitere Hürde für Anfänger ist der Kreuzungsbereich zwischen Lenggrieser Straße und B13 in Bad Tölz, der Moraltverteiler. Die gute Nachricht: „Mit viel Übung, ist das gut in den Griff zu bekommen.“ Miesl lässt in den meisten 90-minütigen Fahrstunden diese Stelle ansteuern. „Deswegen ist fast noch niemand durchgefallen.“
Busse mit eingeschalteter Warnblickanlage - das kann eine Falle sein
Größere Fallen seien in dieser Hinsicht Busse mit Warnblinkanlage, rote Ampeln oder Stoppschilder. „Wenn da ein Fehler in der praktischen Prüfung passiert, kann kein Auge mehr zugedrückt werden“, mahnt er. „Aber zum Glück passiert das bei der Praktischen nicht so oft wie in der Theorie.“
Laut dem Fahrlehrer ist die Durchfallquote in der theoretischen Prüfung wesentlich höher. „Da fallen beim ersten Anlauf leider durchschnittlich 45 Prozent durch.“ Der 45-Jährige beobachtet, dass es immer mehr technische Prüfungsfragen gebe. Für viele Lernende eine Hürde. Bei der praktischen Prüfung sei zwar oft das Muffensausen größer. „Aber da liegt bei unserer Fahrschule die Durchfallquote unter 15 Prozent.“ Anzumerken sei aber auch, dass es auf dem Land etwas leichter ist, Fahren zu lernen, als in Großstädten. „Da kämpfen Fahrschüler in München schon mit ein paar mehr Stresssituationen.“
Einige entscheiden sich erst spät, den Führerschein zu machen
Auch Radiana Dechkova ist deswegen froh, in Tölz den Führerschein zu machen. „Nach München zu fahren, würde mir schon Angst bereiten.“ Die 42-Jährige ist ohnehin eine Nachzüglerin. „Ich habe bisher nicht dringend einen Führerschein gebraucht“, sagt sie. „Mittlerweile lebe ich in Tölz und arbeite in Gaißach. Deswegen will ich nun mobiler sein. Und es ist schon ein gutes Gefühl, hier draußen nicht nur auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen zu sein“, sagt die Krankenschwester. Dennoch sei es eine Überwindung für sie gewesen. „In der Fahrschule sind vor allem wesentlich Jüngere.“
Wobei Miesl ergänzt: „Großteils stimmt das schon. Aber es kommt immer wieder vor, dass sich Menschen auch in späteren Jahren noch dazu entschieden, den Führerschein zu machen. Mein ältester Fahrschüler war 62.“
Auch erfahrene Autofahrer würden die praktische Prüfung nicht unbedingt bestehen
Dechkova biegt nach ein paar Runden in der Stadt von der Arzbacher Straße auf die B472 Richtung Heilbrunn ab. Miesl gibt ihr nach in paar Metern die Anweisung, einen Lkw zu überholen. „Bei solchen Situationen werde ich immer noch nervös“, gibt die 42-Jährige zu und führt leicht zögerlich das Überholmanöver durch. Kurz darauf zischt ein weiteres Auto an dem Lkw und dem Fahrschulauto vorbei. „Das regt mich immer sehr auf“, meint der Lehrer. „Die Autofahrer sind wahnsinnig ungeduldig und meist auch aggressiv gegenüber Fahrschulautos. Das kann man nicht nachvollziehen.“
Fehler würden nicht nur Fahrschüler machen. „Auch erfahrene Autofahrer würden nicht unbedingt die praktische Prüfung bestehen“, meint er. Viele missachten etwa das Stehenbleiben an Stoppschildern oder brettern einfach über durchgezogene Linien. „Und zu schnell fahren ist natürlich das größte Problem.“