Der erste Monat Merz hat viele überrascht – doch vor Schwarz-Rot liegen riesige Kraftakte
Die neue Regierung ist besser gestartet, als manche Kritiker glaubten. Doch die großen Herausforderungen kommen jetzt erst, kommentiert Christian Deutschländer.
Der Monat Merz, mit so viel Aufregung begonnen, hat manche Mauler leiser werden lassen. Langsam freunden sich die Deutschen mit ihrem Kanzler an, jedenfalls fremdeln sie etwas weniger. Und der Spott über den 69-jährigen Kanzler-Azubi, den Quereinsteiger ohne Politikerfahrung, der ist verstummt. Zu einem wesentlichen Teil liegt das an Merz‘ gelungenem außenpolitischen Debüt und dem klugen, vorsichtigen, aber nicht unterwürfigen Auftritt bei Donald Trump im Oval Office. Die Souveränität, mit der Merz Deutschland vertrat (und Trump trotzdem in dessen historischen Exkursen korrigierte), hat viele überrascht: Ach, kann er‘s vielleicht doch besser als so manche Sofa-Experten weissagten?
Merz seit einem Monat Bundeskanzler – Wettlauf gegen die Zeit hat bei Migrationspolitik längst begonnen
Ein erster Monat, das ist dennoch zu kurz für ein seriöses Urteil über diese Regierung Merz. Zumal jetzt in rascher Folge Fallstricke ausliegen. Außenpolitisch droht konkret eine neue russische Großoffensive gegen die Ukraine, der Verlauf von Nato- und G7-Gipfeln im Juni ist mit Gast Trump kaum vorherzusagen, auch der Zollstreit ist ja ungelöst; und gegenüber Israel wird die deutsche Regierung immer klarere Worte finden müssen.
In der Innenpolitik dürfte für Merz der juristische Ärger um die Grenz-Abweisungen heikel werden. Da hat längst ein Wettlauf gegen die Uhr begonnen: Schlagen weitere Einzel-Urteile Dobrindts im Ziel berechtigten Kurs kurz und klein, oder reißt erstmal in diesem jungen Bündnis der Geduldsfaden der SPD? All das, bevor oder nachdem die Deutschen beginnen, der Regierung den ernsten Willen zur Migrationswende zu glauben?
Merz seit einem Monat im Amt – vor Schwarz-Rot liegen riesige Kraftakte
Vor allem hat diese Regierung ja noch auf keinem Feld damit begonnen, notwendige unangenehme Entscheidungen zu treffen. Die wogenden Debatten über Sozialbeiträge und Beitragsbemessungsgrenzen zeigen, dass die Koalition noch keinen Plan in der Tasche hat, die real explodierenden Kosten zu dämpfen. So wie es auch kein Konzept gibt, die Krankenhauslandschaft neu zu ordnen, ein mindestens ebenso unpopuläres Thema. Eigentlich ist auch allen schwarz-roten Fachpolitikern glasklar, dass sie Schritte Richtung Dienstpflicht unternehmen müssen, die Zeit drängt. Traut sich nur keiner.
Merz ist gut gestartet, doch vor seiner Koalition liegen noch riesige Kraftakte.