Vor Neuwahlen in Frankreich: Marine Le Pens Partei wird bei Frauen immer beliebter

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Die rechtsextreme Partei Rassemblement National gewinnt bei Frauen an Beliebtheit. Ein Phänomen, das die politische Landschaft Frankreichs verändert.

Paris – Frauen neigen in der Regel dazu, politisch eher links zu wählen als Männer – ein Phänomen, das so weit verbreitet ist, dass es sogar als ‚Racial Right Gender Gap‘ bezeichnet wird. Bei den anstehenden Neuwahlen in Frankreich könnten jedoch gerade Frauen die entscheidende Rolle spielen, um einer potenziellen radikal rechten Regierung zum Sieg zu verhelfen. Laut einer Umfrage, die am Tag der Europawahlen durchgeführt wurde, stimmten mehr Frauen als Männer für die rechtsextreme Partei Rassemblement National (RN).

Die RN erzielte in einer Umfrage von Opinionway für die Nachrichtenseite Les Echos 31,37 Prozent der Stimmen – nahe an den 31,4 Prozent, die die Partei bei der Europawahl tatsächlich erhielt. Frauen stimmten dabei etwas häufiger für die Partei von Marine Le Pen, mit insgesamt 33 Prozent für die RN, während bei den Männern der Wert bei nur 30 Prozent lag. Auch in den Umfragen für die Neuwahlen liegt Le Pens Partei deutlich vorn.

Marine Le Pen (Rassemblement National) bei einem Interview kurz vor den Neuwahlen in Frankreich.
Marine Le Pen formte die Strategie, die die Rassemblement National noch heute fährt. © IMAGO/MAXPPP/PASCAL BONNIERE

RN-Chef Bardella wandelt Partei – und punktet mit Migrationspolitik

Bei den nationalen Wahlen 2019 lag der Wert für Frauen noch bei 21 Prozent und für Männer bei 25 Prozent. Woher kommt also dieser Wandel? Erwan Lestrohan, Forschungsdirektor beim französischen Meinungsforschungsinstitut Odoxa, sieht das erweiterte Verständnis von „Schutz“ als entscheidend für die Entwicklung der Partei an.

Jordan Bardella, der Parteichef der RN, hat die Partei zu einer „Catch-All-Party ... mit der dazugehörigen Unterstützung“ gemacht, so Lestrohan gegenüber Politico. Dabei spielt das Thema Migration eine wichtige Rolle: „Tatsächlich sind diese beiden Themen miteinander verwoben.“

Grundstein für Strategie der Rassemblement National: Marine Le Pen brach mit der Politik ihres Vaters

Ein weiterer Faktor für den Wandel ist sicherlich der frische Wind, den Marine Le Pen in die Partei brachte, nachdem ihr Vater Jean-Marie Le Pen immer wieder durch abfällige Kommentare gegenüber Frauen negativ aufgefallen war. Laut Le Monde lag Jean-Marie Le Pen im Jahr 2002 bei nur 11 Prozent der weiblichen Stimmen, während Männer ihn mit 26 Prozent wählten.

Marine Le Pen hat maßgeblich die „Dédiabolisation“ (Entteufelung) eingeleitet, bei der negative Stigmata durch ein positives Image ersetzt werden sollten. Eine Analyse der Stiftung Jean Jaurès zeigte, dass Le Pen durch ihre Strategie einen Großteil der ursprünglichen Wählerschaft behalten und zusätzlich einen größeren Anteil der Wechselwähler gewinnen konnte.

Laut einem Interview des französischen Zentrums für wissenschaftliche Recherche (CNRS) mit der Wahlsoziologin Nonna Mayer spielt auch die Normalisierung von Marine Le Pen als rechte Kandidatin eine Rolle. „Sie präsentierte sich als moderne, beruflich und politisch emanzipierte französische Frau, mit der sich die Frauen identifizieren können“, so Mayer.

Bardella setzt bei Neuwahlen in Frankreich explizit auf Frauen

Die RN hat in ihrer neuen Strategie auch immer wieder feministische Themen für sich beansprucht, wie Bardella, der in einer Wahlkampf-Ankündigung auf der Onlineplattform X am 17. Juni erklärte, er wäre ein „Premierminister, die die Rechte und Freiheiten aller Frauen und Mädchen in Frankreich garantiert“. Dabei wandte er sich auch gegen die „extreme Linke“, die versuche, „das Monopol auf die Verteidigung der Rechte der Frauen zu erlangen“.

Hinzu kommt das Potenzial der Frauenrechte, das die rechte Partei gegen liberale Migrationspolitik einsetzt. „Unsere europäischen Werte werden denjenigen, die Frauen versklaven und hinter Kopftüchern einsperren, immer überlegen sein“, sagte er in einer Rede vor dem Europäischen Parlament im Jahr 2023.

Die Strategie der RN, die Bardella nun fortsetzt, zeigt Wirkung. „Frankreich war lange Zeit ein perfektes Beispiel für den ‚radical right gender gap‘“, sagt die Politikwissenschaftlerin Anja Durovic laut TV5 Monde der AFP. „Aber diese Zeiten sind vorbei, das Geschlecht hat keinen Einfluss mehr auf die Wahl des RN“. (lismah)

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