Falsche Erwartungen - Tätowierer warnt: Diese Tattoo-Bilder aus dem Netz sind pure Illusion

Worüber sollte man sich bewusst sein, wenn man sich über Tattoos in den sozialen Medien informiert?

Bei der Tattoorecherche in den sozialen Medien, aber auch generell bei der Informationsbeschaffung, sollte man beachten, dass es extrem wichtig ist, sich auch Bilder der verheilten Tattoos – am besten auch direkt in live – anzuschauen. Man kann sich bei den Fotos auf den Webseiten oder auf Social Media nicht mehr sicher sein, ob das echte Tattoos sind, ob sie wirklich gestochen oder mit KI oder Filtern verfälscht oder sie einfach mit einem Bearbeitungsprogramm auf die Haut projiziert wurden.

Meiner Einschätzung nach haben etwa 70 Prozent der Bilder, die man online findet, nichts mehr mit den realen Tattoos zu tun. Insbesondere, wenn die Tattoos älter als 6 Monate sind, haben diese Bilder meist rein gar nichts mehr mit der Realität zu tun.

Inwiefern führt die ständige Konfrontation mit bearbeiteten Bildern zu unrealistischen Erwartungen?

Das Problem ist zum einen, dass man größtenteils nur bearbeitete Bilder zu sehen bekommt. Zum anderen werden diese Bilder durch bezahlte Anzeigen deutlich mehr verbreitet und den Nutzern angezeigt, um mehr Reichweite zu generieren. Die Tätowierer und Tätowiererinnen bearbeiten die Bilder dann in der Regel auch noch sehr stark, legen Filter darüber, oder jagen es nochmal durch die künstliche Intelligenz.

Das Ganze geht mittlerweile schon so weit, dass es teilweise nicht mal mehr echte Tattoos sind, sondern Fotos genommen werden und durch die KI direkt im Bild auf die Haut projiziert werden. So sieht es dann aus, als wenn sie tätowiert wären. Dadurch haben Kunden eigentlich Erwartungen, die unter dem Strich nicht mehr wirklich zu erfüllen sind.

Ähnlich wie vor 30 Jahren, als alle dachten es gäbe sogenannte „Bio-Tattoos“, die es bis heute nicht gibt! Damit kommen sogar heute noch Kunden zu uns ins Studio, die sich vor 30 Jahren ein „Bio-Tattoo“ stechen haben lassen. Leider sieht das zum einen nach so langer Zeit Jahren immer noch genauso schlecht aus wie damals. Zum anderen ist es auch nicht nach ein bis drei Jahren verschwunden, so wie es damals angepriesen wurde. Das war genauso ein Fake, wie er heute mit den bearbeiteten Bildern betrieben wird und Erwartungen bei den Kunden hervorruft, die einfach nicht erfüllbar sind.

Was sind die häufigsten unrealistischen Wünsche und Erwartungen, denen Tätowierer begegnen?

Meistens sind das die Wünsche der Kunden, die dann irgendwelche Bilder aus dem Internet mitbringen, die durch KI, Photoshop, Filter etc. manipuliert wurden. Das wurde zwar früher auch gemacht, aber definitiv nicht in diesem massiven Ausmaß!

Es arbeitet ja heutzutage fast keiner der Tätowierer mehr ohne den Einsatz von digitalen Kameras, Handyausrüstung mit speziellen Lichtern und Filtern, mit Linsen, um Glanzpunkte zu entfernen, usw. und dem nachträglichen Einsatz von KI oder Photoshop. Es ist dadurch sehr schwer, den Kunden zu erklären, dass das Tattoo, was ihnen da online präsentiert wird, in der Realität nach sechs Monaten nicht mehr „so“ aussieht.

Welche Rolle spielt hier die Aufklärung im Erstgespräch?

Die Aufklärung im Vorgespräch ist sehr wichtig. Wenn ein Kunde mit solchen Bildern oder falschen Erwartungen kommt, muss unbedingt erläutert werden, was Realität ist und was nicht. Bei uns kommt das äußerst selten vor, weil unsere Kundinnen und Kunden wissen, was sie bei uns bekommen. Ich bin seit 30 Jahren im Geschäft und wir haben zahlreiche Bilder auf unserer Webseite sowohl von frischen als auch verheilten Ergebnissen, die sich die Menschen anschauen können.

Zusätzlich sind aber auch Tausende Kundinnen und Kunden sowie Freunde, Bekannte und Familie in der Welt unterwegs, die meine Arbeiten auf der Haut tragen und somit die beste Werbung für mich und mein Studio darstellen. Viele, die zu uns ins Studio kommen, sind genau deshalb auf uns aufmerksam geworden. Deswegen haben wir das Problem der falschen Erwartungen bei uns nicht wirklich, aber andere Tätowierer, die im farbigen Fotorealismus unterwegs sind und diese Stilrichtungen tätowieren, werden sicherlich oft genug damit konfrontiert.

Wir plädieren für eine offene, ehrliche Kommunikation, bei der man die Kunden aufklärt, was realistisch ist und was nicht geht. Bilder zu faken und unrealistische Erwartungen zu wecken, die dann nicht eingehalten werden können, hilft keinem.