Paulaner-Spezi soll die Welt erobern - geht das? Die kleine Kulturgeschichte des bayerischen Kult-Getränks
Paulaner will seinen Spezi in den USA auf den Markt bringen – darf das dank Dauerzwist mit Erfinder Riegele aber nur unter neuem Namen. Ob sich „Sunset“ in Übersee gut verkauft, ist fraglich. Denn Spezi ist zwar Kult – aber eben fast nur in Bayern.
Augsburg – Spezi. So nennt der Bayer einen guten Freund. Wie passend, dass auch sein alkoholfreies Nationalgetränk so heißt. Im Bierzelt, nach durchzechten Nächten, in der Wirtschaft – ein kalter Spezi geht immer.
1965 tüftelt ein Braumeister der Familienbrauerei Riegele in Augsburg die Rezeptur aus Cola, Saft und Limo aus. Die „SPEZIalmischung“ nennt er liebevoll Freund. So zumindest erzählt Riegele heute von der Firmenlegende, quasi vom Spezi-Urknall.
Die kleine Brauerei hatte sich den Markennamen in Wahrheit schon 1956 schützen lassen – als Bezeichnung für ein Bier, zusammen mit dem Slogan „ein Spezi muss dabei sein“. Deshalb gilt Riegele heute amtlich als Erfinder des Spezis. In welcher Wirtschaft Cola und Orangenlimo sich aber erstmals zum liebsten Erfrischungsgetränk der Bayern vereinigt haben, bleibt fraglich. In den 50er-Jahren wurde gern und viel gepritschelt – zum Unmut der Wirte. Beim Mischen von Radler, Russ und dem besagten Cola-Limo-Mix blieb in den Flaschen oft ein Lackerl übrig. Verschwendung – aber der Gast war verrückt nach den neuen Mischkreationen.

Doch nur wenige Brauereien stellen damals Softgetränke her. „Die Limoherstellung war unter der Würde der Brauer“, erklärt Sebastian Priller, heute Geschäftsführer der Riegele-Brauerei. „Meine Vorfahren erkannten den Trend und füllten den Spezial KM als Erste als fertig gemischtes Getränk ab.“ Weil „Spezial Kolamisch“ so holprig klang, taufte man es Spezi ColaOrange. Es wurde zum Renner.
Der, die oder das Spezi? Welcher Artikel ist korrekt?
An der Frage, ob es der, die oder das Spezi heißt, scheiden sich die Geister. Der Duden gibt für das „Getränk aus Limonade und Cola“ die Artikel „die“ oder „das“ an. Der Artikel „der“ wird bei gleicher Rechtschreibung nur für „jemanden, mit dem man in einem besonderen, engeren freundschaftlich-kameradschaftlichen Verhältnis steht“ verwendet, den menschlichen Spezi also – nicht den zum Trinken.
Die Brauereien haben dagegen eigene Regeln: Während Paulaner seinen Spezi etwa im Internet mit dem Artikel „der“ führt, stellt Spezi-Erfinder Riegele aus Augsburg „das Spezi“ her. Es kommt eben darauf, auf welchen Begriff sich der Name bezieht: Ist der bairische Freund Namensgeber, wählt man „der“. „Das“ kommt durch das Limo und „die“ wohl von der standarddeutschen Limonade. Je nach Region heißt Spezi auch mal ganz anders: zum Beispiel Gwasch, Moorwasser oder Diesel. (sco)
Riegele schaffte es allein nicht mehr, die Nachfrage zu bedienen. Partner sollten in Lizenz Spezi abfüllen. Das Konzept war erfolgreich. Seit 1982 gibt es den Slogan „Spezi ist spitze“. 1989 läuft der erste Werbespot im Fernsehen. Kurz danach kommt die hellblaue Getränkekiste auf den Markt.
Paulaner sichert sich 1974 Lizenz für Markennamen „Spezi“
Auf diesem Siegeszug gibt es aber einen schwarzen Tag – zumindest aus Sicht der Brauerei Riegele. 1974 bezahlt ihr der Münchner Konzern Paulaner einmalig 10 000 Mark, um sein eigenes Colamischgetränk zu produzieren. Ein Vertrag regelt, dass Paulaner es „Paulaner-Spezi“ nennen darf. Nur ein Kürzel auf der Flasche verweist noch auf das Riegele-Warenzeichen. Beide
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Vergangenes Jahr lag der Absatz von „Paulaner Spezi“ bei fast einer Million Hektolitern. Damit ist er inzwischen sogar größer als der Bierumsatz von Hacker-Pschorr. Jetzt soll der „Paulaner-Spezi“ über den großen Teich schwappen und die USA erobern. Allerdings unter anderem Namen, denn laut Koexistenzvertrag mit Riegele darf das Getränk im Ausland nicht Spezi heißen. Im August beantragte Paulaner den Schutz der Wortmarke „Paulaner Sunset“ und macht seitdem auch auf Englisch Werbung – was dem Konzern im Netz schon einigen Spott von eingefleischten Spezi-Fans einbrachte.

Es ist nicht der erste Versuch, das bayerische Kult-Getränk im Ausland groß zu machen. Pepsi bringt 1969 SchwipSchwap auf den Mark, CocaCola 1973 seinen MezzoMix. Beide sind umsatzstärker als das Original. Um die Vorherrschaft wird vor allem im Süden Deutschlands und Österreich gebuhlt. „Wir haben es mit Spezi mal in der Schweiz probiert“, erklärt Sebastian Priller. „Bis auf touristische Orte, wo Deutsche unterwegs sind, konnten wir uns aber nicht etablieren – Spezi ist halt ein bayerisches Kultgetränk.“
Der Namensstreit zwischen Spezi-Erfinder Riegele und der Paulaner
Seit Anfang Dezember 2023 ist klar: Die Paulaner-Brauerei darf ihr Cola-Limonade-Mischgetränk weiter „Paulaner Spezi“ nennen. Das Oberlandesgericht München hatte damals von Vorneherein deutlich gemacht, dass es die Forderung der Augsburger Brauerei Riegele nach einer Lizenzvereinbarung ablehnen werde, sagte Riegele-Geschäftsführer Sebastian Priller. „Weil das so klar war, haben wir die Berufung zurückgezogen.“
Für Sebastian Priller ist es ein Kampf zwischen David und Goliath. Im Vertrag, den seine Vorfahren abgeschlossen haben, gebe es keine Kündigungsklausel. Er wollte einen Lizenzvertrag abschließen und Geld dafür bekommen, dass Paulaner den Namen Spezi nutzt. Riegele zahlt jedes Jahr fünf- bis sechsstellige Beträge für die Markenrechte, so Priller. Dass der Paulaner-Konzern sich an den Kosten nicht beteiligt, sei nicht nachzuvollziehen.
Das Gericht urteilte Anfang Dezember 2023: Die Vereinbarung von 1974 sei mit dem Willen zur endgültigen Beilegung der Streitigkeiten geschlossen worden. Abgrenzungsvereinbarungen könnten nur außerordentlich gekündigt werden. Paulaner habe sich aber vertragstreu verhalten. Eine Paulaner-Sprecherin sagte damals: „Wir freuen uns sehr, dass wir mit dem heutigen Tag Rechtssicherheit haben.“ Priller ist indes sicher: „Hätten wir in Düsseldorf oder Augsburg verhandelt, hätten wir Recht bekommen, nur eben in München nicht.“ (sco/dpa)
Vor allem seine Farbe stößt offenbar im Ausland ab. Im Wall Street Journal erschien einmal ein Artikel über die bizarre Brause der Deutschen, die die Amerikaner gern „Sumpfwasser mit Kohlensäure“ oder „verdünnten Hustensaft“ nennen. Ob da „Paulaner-Sunset“ das Ruder rumreißt, wird sich zeigen. (sco)