Saskia Esken klebt trotzig an der SPD-Macht, dahinter stecken psychologische Motive

Die Rücktrittsforderungen an Saskia Esken begannen am Abend der für die SPD schwachen Bundestagswahl und wurden seither immer lauter. Aber einige psychologische Gründe sorgen dafür, dass sie an ihrem Posten festhält. Warum können Spitzenkräfte und Führungspersönlichkeiten oft nicht loslassen, so wie Saskia Esken jetzt als SPD-Chefin? 

Genauso war es einst auch bei Jogi Löw, der 2014 Weltmeister wurde und dann eine Niederlage nach der anderen hinnehmen musste und man sich fragte, warum er nicht früher losgelassen hat. Oder auch bei Joe Biden. Es gibt mehrere psychologische Gründe für all das.

Über den Experten Kishor Sridhar

Kishor Sridhar, Executive Berater, Keynote Speaker und Buchautor, ist anerkannter Experte für Change, Führung und Digitalisierung. Er begleitet deutsche und internationale Entscheider und Führungskräfte operativ in der Unternehmensentwicklung und bei Veränderungsprozessen. In Change-Prozessen bringt er dabei praxisbewährte Erkenntnisse aus seinen Wirtschaftsstudien, wie z.B. „KI in deutschen Unternehmen“ ein und verknüpft diese mit psychologischen Effekten zum „Erfolgsfaktor Mensch“. Kishor Sridhar lehrt an der International School of Management in München u.a. Cross Cultural Leadership und New Work.

Findet bei Saskia Esken eine Wahrnehmungsverzerrung statt?

Zum einen neigen Menschen dazu, wie Löw nach einem großen Erfolg wie der Weltmeisterschaft oder Saskia Eskens Erfolg mit Olaf Scholz als Kanzler, Misserfolge nur als Ausnahme zu betrachten. 

Das führt zu einer Wahrnehmungsverzerrung, in der man die eigenen Fähigkeiten überschätzt und Misserfolge den Umständen zuschreibt, was den Wunsch verstärkt, den vermeintlichen Ausrutscher zu korrigieren. 

Vielleicht war jedoch der Erfolg eher die Ausnahme und der Misserfolg die Regel – eine interessante Frage.

Der teure Preis des Festhaltens

Zweitens spielt der Sunk Cost-Effekt eine Rolle. Man hat viel Leidenschaft und Arbeit investiert und kann deshalb schwer loslassen, selbst wenn die Investition nicht mehr zum Erfolg führt.

Wer bin ich ohne diese Rolle?

Drittens stellt sich die Frage nach der Identität. Joe Biden etwa fürchtete den Verlust seiner Identität als Präsident, genauso wie Führungspersonen in Unternehmen, die sich schwertun, loszulassen, weil sie sich fragen: Wer bin ich ohne diese Rolle? Welche Bedeutung habe ich dann noch? 

Loslassen erfordert, eine neue Relevanz im Leben zu finden – ein sehr schwieriger Schritt, der jedoch jedem zu wünschen ist, der in solch einer Situation steckt. Denn festzuhalten schadet letztlich allen Beteiligten.

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