Kahlschlag bei großem Schokoladen-Hersteller: 2500 Arbeitsplätze in Gefahr
Die europäischen Schokoladenhersteller stehen unter Druck. Der nach eigenen Angaben weltweit größte Produzent von Schokolade baut nun Stellen ab. Tausende Stellen könnten wegfallen.
Lebekke – 2500 Arbeitsplätze sind in Gefahr. Der belgische Schokoladenhersteller Barry Callebaut hat vor, ein 2023 angekündigtes Sparprogramm durchzuziehen, und setzt den Rotstift an. Damit reiht er sich in eine Schlange anderer Unternehmen ein, die ebenfalls umfangreichen Stellenabbau angekündigt haben. Unter ihnen befinden sich etwa der Elektrogerätehersteller Miele, der Bosch-Konzern oder der Autozulieferer ZF.
Unternehmensname | Barry Callebaut AG |
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Gründungsjahr | 1850 |
Verkaufsvolumen im ersten Quartal 2023/24 | 580,876 Tonnen |
Preis für die Tonne Kakao | Um die 5.500 Dollar an der New Yorker Börse (Stand Mitte Februar) |
Barry Callebaut will 250 Millionen Franken einsparen – und verringert Mitarbeiterzahl
Konkret geht es hier um eine Fabrik in Norderstedt, die der ursprünglich belgische Konzern schließen will. Davon wären 48 Vollzeitstellen betroffen. Dabei bleibt es jedoch nicht: Innerhalb der nächsten 18 Monate will Callebaut rund 2500 Stellen abbauen, und das weltweit. Es soll sich um rund 18 Prozent der gesamten Belegschaft handeln, teilte eine Sprecherin der Nachrichtenagentur dpa mit.

Weit im Voraus hatte Firmenchef Peter Feld den Stellenabbau angekündigt. „Aufgrund der sich ändernden Kundennachfrage nach nachhaltigeren und innovativeren Produkten ist es nun an der Zeit, die Gruppe durch strategische Investitionen in ihre Zukunft auf die nächste Stufe zu heben“, sagte er im Interview mit dem Handelsblatt. Ein radikaler Konzernumbau sollte jährlich 250 Millionen Schweizer Franken (rund 260 Millionen Euro) einsparen.
Die Maßnahmen zur Unternehmensneuausrichtung hatte Callebaut unter dem Programm „BC Next Level“ zusammengefasst, das schon im September 2023 begonnen hatte. Vorgesehen als „strategisches Investmentprogramm“, soll BC Next Level dafür sorgen, dass das Unternehmen „näher an die Kunden und Märkte“ heranrückt. Barry Callebaut ist ein Kakaoverarbeiter und produziert Schokolade und Kakaoprodukte für die Nahrungsmittelindustrie. Zu den belieferten Unternehmen gehören zum Beispiel Nestlé und Unilever, aber auch Gewerbekunden wie Bäckereien und Konditoreien.
Kakao ist so teuer wie nie – Sorge in der Süßwarenindustrie
Die Süßwarenindustrie fürchtet aktuell eine extreme Mangellage beim Kakao. Sowohl die Verfügbarkeit der Ressource als auch ihr Preis sorgen derzeit für Kopfschmerzen beim Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (BDSI). Kakao sei so teuer wie nie; seit Wochen klettert der Preis. Ein Ende ist nicht in Sicht. Daran soll vorrangig ein knappes Angebot in den Anbauländern verantwortlich sein.
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Im Laufe des Jahres 2023 verdoppelte sich der Preis für die Tonne Kakao. Zuletzt rangierte er um die 5500 US-Dollar. Wie die Internationale Kakao Organisation (ICCO) berichtete, haben Regen und Überflutungen in den Anbaugebieten für Krankheiten wie der Schwarzfäule gesorgt, die wiederum die Ernte deutlich beeinträchtigt hatten. Auch die Zwischenernte in Westafrika, die normalerweise im April stattfindet, ist in Gefahr. Einige Hersteller gehen bereits jetzt von einem Erntedefizit von rund 500.000 Tonnen am Weltmarkt aus. „Das ist dramatisch“, sagte Hermann Bühlbecker, Inhaber des Gebäckherstellers Lambertz, dazu.
Wirtschaftsstandort ist auch für die Süßwarenindustrie schwieriges Pflaster
Für deutsche und europäische Kakaoverarbeiter verschärft sich die Lage außerdem durch die hohe Nachfrage in Asien und europäische Gesetzgebung. „Für Lieferungen in die EU sind zukünftig durch die Anforderungen etwa der EU-Entwaldungsverordnung oder des EU-Lieferkettengesetzes (CSDDD) ein deutlich höherer bürokratischer Aufwand notwendig als beispielsweise für Lieferungen in die USA oder auch die Boomländer Asiens“, erklärt Dr. Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer beim BDSI.
Unternehmen in Europa hätten damit einen deutlichen Nachteil gegenüber Wettbewerbern in anderen Regionen der Welt. „Dies ist umso ärgerlicher, als sich die europäische Süßwarenindustrie bereits auf einem sehr guten Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit im Kakaosektor befindet.“ Genau wie in anderen Branchen ist auch die Süßwarenindustrie durch das deutsche Steuersystem benachteiligt. Hohe Abgaben, höchste Löhne und eine marode Infrastruktur sorgen dafür, dass der Wirtschaftsstandort unattraktiver würde. Branchenexperten warnen bereits vor einer Deindustrialisierung Deutschlands.
„Wir als mittelständische Branche fordern deshalb, dass sich die Bundesregierung den großen und existenziellen Herausforderungen annimmt, statt den Unternehmen immer noch mehr Bürokratie aufzuhalsen“, sagte dazu Bastian Fassin, Vorsitzender des BDSI. Die Alternative wäre eine deutliche Verlagerung von Produktionsschritten ins EU-Ausland, wie es gerade in der Solarbranche mit Meyer Burger im Gespräch ist.
Oder, wie im Falle von Callebaut, die Schließung von Werken.
Mit Material von DPA