Digitale Passfotos: Technik in Rathäusern fehlt - Fotografen sind „keine Code-Generierer“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Wolfratshausen

Kommentare

Fotos im Fotostudio sind auch weiterhin möglich: Die Geretsrieder Fotografin Simone Boll übermittelt das Passfoto an die zuständige Behörde. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Fotos gibt‘s nur noch digital für den Ausweis oder Pass. Seit Mai wird umgestellt, und immer noch hakts an manchen Enden.

Wolfratshausen - Wer einen neuen Ausweis oder Pass beantragt, braucht dafür ein digitales Passfoto. Die Umstellung hat bereits im Mai begonnen. Papierfotos sollten zum 31. Juli endgültig der Vergangenheit angehören. Allerdings fehlt in manchen Rathäusern noch immer die Technik, um Fotos vor Ort aufnehmen zu können.

Terminals kommen erst im September

In Egling sollte das Aufnahmesystem PointID am 22. August geliefert und installiert werden. „Jetzt kommt es frühestens Mitte September“, sagt Christine Oster vom Passamt. In Icking sind zwei der Terminals bestellt. „Die Bundesdruckerei hat sich für 4. September angekündigt“, berichtet Franz Lachner, der im dortigen Rathaus für die IT zuständig ist. Auch in Lenggries und Bad Heilbrunn verzögert sich die Lieferung.

Das Bundesinnenministerium hat die Bundesdruckerei mit der Verteilung der rund 10 000 Systeme an zirka 6000 Kommunen beauftragt. „Die Bundesdruckerei ist mit Hochdruck dabei, die Einschränkungen zu beheben und die Auslieferung der Geräte abzuschließen“, erklärt Pressesprecher Marc Thylmann auf Nachfrage unserer Zeitung und verweist auf den Umfang des Projekts.

Zu den Glücklichen, die bereits beliefert wurden, gehört Wolfratshausen. Drei mobile Geräte, um direkt im Rathaus ein Foto für den neuen Ausweis zu machen, hat die Stadt schon länger. Vor etwa zwei Wochen seien zwei Tischgeräte dazugekommen, berichtet Martina Hessel vom Einwohnermeldeamt. „Es läuft komplikationslos“, so die Rathausmitarbeiterin.

„Es läuft komplikationslos“

Seit vergangener Woche ist auch Münsing im Besitz eines Terminals. „Es haben noch nicht viele genutzt“, räumt Geschäftsleiter Fabian Bergler ein. Prinzipiell wäre es aber möglich, das Foto im Rathaus zu machen. „Es ist ein toller Service, wenn man nicht noch woanders hingehen möchte“, erklärt Bergler den Vorteil. Bedenken müsse man aber, dass man eigentlich nur einen Versuch für das Passfoto hat und es nur einmalig für das beantragte Dokument nutzen kann. Der Preis in Höhe von sechs Euro ist in allen Rathäusern mit Terminal gleich. Dazu kommen die Gebühren fürs Ausweisdokument.

In der Stadt Geretsried hat das Rathaus „bewusst auf Fotogeräte verzichtet“, erklärt Geschäftsleiterin Ute Raach. Etwa, um den Wettbewerb um Passfotos nicht zu verzerren. „Wir hatten schon im Vorfeld immer wieder Hinweise von Fotografen, die gerne diese Aufgaben professionell weiterführen möchten.“ Ganz einfach ist es dadurch für die Geretsrieder nicht: Termine bei Fotografen seien oft nicht spontan verfügbar. Außerdem ist der Umgang mit QR-Codes „insbesondere für ältere Personen keine Selbstverständlichkeit“.

Fotografin muss Procedere erklären: „Bin Fotografin - keine Code-Generiererin“

Als Alternative zum Rathaus bieten zugelassene private Fotostudios und Drogeriemärkte den Service ebenfalls an. Simone Boll vom gleichnamigen Geretsrieder Fotostudio hat das nötige System, um biometrische Passbilder zu erstellen, einen QR-Code zu generieren und das E-Passbild in eine Cloud, also einen digitalen Speicherort, zu übermitteln, aus der das Passamt das Passbild abrufen kann. Manche Kunden wüssten noch nicht über das neue Verfahren Bescheid. Aber „es gehört für mich dazu, es meinen Kundinnen und Kunden zu erklären“.

Bei Simone Boll Photographie bekommen die Kunden zum QR-Code weiterhin ausgedruckte Passfotos. „Ich bin Fotografin und keine QR-Code-Generiererin.“ Dazu bekomme sie immer positive Rückmeldungen. Zudem geht Boll davon aus, dass Kunden, die ein „ordentliches Foto“ wollen, weiterhin zu einem Profi gehen. „Ich achte schon darauf, dass die Haare nicht abstehen, die Haut nicht glänzt und vieles mehr.“

Technik funktioniert im Rathaus

„Das ist ein großer Eingriff für Fotografen“, findet auch Bettina Krinner aus Lenggries, „Wir müssen uns alle diese spezielle Software zulegen, ob wir wollen oder nicht.“ Trotzdem habe sie sich gut an die neue Technik gewöhnt, und normalerweise funktioniere alles reibungslos. „Ärgerlich ist aber, dass es keinen Ansprechpartner gibt, wenn Probleme mit der Cloud auftreten“, kritisiert die Fotografin.

In den steigenden Kosten sieht Bettina Krinner eine große Gefahr für die Branche. Mit den notwendigen technischen Anschaffungen gehe man ein gewisses Risiko ein. „Wenn man die Passfotos auch vor Ort in der Gemeinde machen kann, verlieren die Fotografen Kunden“, erklärt die Lenggrieserin. „Dadurch besteht die Gefahr, dass man die Kosten der neuen Technik nicht mehr stemmen kann.“

Auch interessant

Kommentare