"Wir sind an Zuständen selbst schuld" Leser kritisieren Sozialbetrug

  • Im Video oben: "Krasse Regelungslücke" Linnemann sagt Sozialbetrug-Clans den Kampf an

Eine Jobcenter-Kontrolle in einem Berliner Hotel sorgt für hitzige Diskussionen. Zum Artikel "Jobcenter kontrollieren 70 Sozialhilfe-Empfänger in Hotel" dominieren Stimmen, die härtere Sanktionen und konsequente Verfolgung von Betrugsfällen fordern. Andere kritisieren politische Untätigkeit und fehlende Aufsicht. Gleichzeitig mahnen Leser, nicht vorschnell zu verurteilen – manche Abwesenheiten könnten berechtigt gewesen sein.

Verteilung der Meinung zu "Sozialbetrug oder Systemproblem? Leser sind sich uneins"
Die Debatte zeigt, wie tief das Misstrauen ins Sozialsystem inzwischen reicht. FOCUS Online

Forderung nach Leistungseinstellung bei Verdacht

Der Großteil der Leser verlangt, Sozialleistungen bei Betrugsverdacht oder Nichterscheinen umgehend zu stoppen. Dahinter steht das Bedürfnis nach Kontrolle und Gerechtigkeit im Umgang mit Steuergeldern. Rechtlich gilt jedoch: Leistungen dürfen nur eingestellt werden, wenn ein konkreter Verdacht besteht und Betroffene vorher angehört wurden (§ 24 SGB X). Ein automatischer Zahlungsstopp ist nicht zulässig. Zusätzlich ist bei Missbrauch der Nachweis eines Vorsatzes (bewusste Täuschung oder Verschweigen wesentlicher Tatsachen) für Sanktionen wichtig. Sozialleistungsbetrug ist eine strafbare Handlung nach § 263 StGB und führt neben Leistungseinstellung auch zu möglichen strafrechtlichen Folgen

"Alle 3 Monate den Kontoauszug verlangen und wenn was verdächtig erscheint, wie z.B. Abhebung vom Ausland oder in Wetten, sofort Zahlungen einstellen."  Zum Originalkommentar

"Organisierter Betrug. Hier muss die Beweislast umgedreht werden. Es kann nicht sein, dass deutsche Behörden auch hierfür noch tätig werden müssen. Frau Bas hat noch viel zu tun - ob sie es schafft?"  Zum Originalkommentar

"Warum laufen Polizei und Bedienstete von Behörden hinter Bürgergeldempfängern/ Sozialleistungsempfängern her, die sich nicht mehr melden im Jobcenter? Wer nicht mehr da ist, braucht kein Geld mehr. Zahlungen einstellen. Wer kein Geld mehr hat, wird sich einfinden, bevor er verhungert. Wenn ich meine Termine täglich morgens bei meinem Arbeitgeber nicht über 40 Jahre eingehalten hätte, wäre mein Gehalt ausgeblieben. Zu recht."  Zum Originalkommentar

"Sofort alle Leistungen einstellen und schriftlich (Briefkasten) um Besuch im Jobcenter bitten, falls wider Erwarten noch 'Bedarf' bestehen sollte. Und die eigenmächtige Untervermietung des kostenlos zur Verfügung gestellten Wohnraums an Touristen ist in jedem Fall eine Straftat. Worauf also noch warten?"  Zum Originalkommentar

"Warum werden die gesucht? Wenn die sich nicht melden, Geld stoppen und fertig. Dann kommen die schon. Was wir uns alles gefallen lassen, ist ja enorm."  Zum Originalkommentar

Kritik an Parteien und Behörden

Viele Leser werfen Politik und Verwaltung vor, Sozialbetrug nicht ausreichend zu bekämpfen – ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber staatlicher Kontrolle. Tatsächlich zeigt die Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 21/966, Stand 2024), dass 2024 insgesamt 421 Fälle von bandenmäßigem Leistungsmissbrauch im Bürgergeldsystem bekannt wurden, von denen 209 zu Strafanzeigen führten. 2023 waren es 229 Fälle, bis Mai 2025 bereits 195 neue Verdachtsmeldungen.

Missbrauchsformen umfassen vorgetäuschte Arbeitsverhältnisse und fingierte Selbstständigkeiten, oft über Netzwerke organisiert. Die Bundesregierung geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Trotzdem machen diese Fälle nur einen sehr kleinen Anteil an den rund 5,5 Millionen Bürgergeldbezieher aus. Seit 2024 werden Kontrollmechanismen wie Datenabgleiche mit Meldebehörden und die Zusammenarbeit mit der Zoll-Finanzkontrolle Schwarzarbeit verstärkt.

"Wir sind an diesen Zuständen doch selbst schuld! Solange mehrheitlich Parteien gewählt werden, die genau diesen Betrug zulassen, braucht sich niemand aufregen! Ob andere Parteien was verändern? Keine Ahnung! Aber auf den Versuch käme es mal an."  Zum Originalkommentar

"Das geht doch schon lange so! Wieso hat die Politik so lange weggeschaut?"  Zum Originalkommentar

"Tja, das sind schon mal gut mehr als 95 Prozent, die nicht anzutreffenden. Das treibt für mich die Zahlen der Empfänger, die ihrer Pflicht nicht nachkommen, gewaltig nach oben! Entgegen der Zahlen, die uns SPD, Grüne und Linke seit Jahren vorgaukeln. Es ist schon schändlich, wie der Steuerzahler belogen wird."  Zum Originalkommentar

Arbeitssuche und Integrationskurs statt Anwesenheitspflicht

Ein Teil der Leser mahnt, nicht vorschnell von Betrug zu sprechen: Fehlende Erreichbarkeit könne auf Arbeitssuche, Sprachkurse oder medizinische Gründe zurückgehen. Das ist rechtlich und praktisch richtig. Bürgergeldempfänger sind verpflichtet, erreichbar zu sein – aber Jobcenter müssen prüfen, ob eine Abwesenheit gerechtfertigt ist. 

"Sie waren entweder in einem Integrationskurs oder bei einem Vorstellungsgespräch, was daran ist so verwunderlich."  Zum Originalkommentar

"Die sind vielleicht auf Arbeitssuche."  Zum Originalkommentar

"Um 6 Uhr morgens sind doch alle schon auf Arbeit, wo denn sonst bitte."  Zum Originalkommentar

Kritik an Verwaltung und Forderung nach schnelleren Sanktionen

Einige Leser kritisieren, dass Behörden bei Nichterscheinen zu langsam reagieren. Sie wünschen sich einfache, klare Regeln und weniger Verwaltungsschritte. Tatsächlich sehen die Jobcenter bereits Meldepflichten vor: Wer nicht reagiert, dem kann das Bürgergeld nach § 31 SGB II schrittweise gekürzt werden. Außerdem: "Seit Inkrafttreten des Haushaltsfinanzierungsgesetzes am 28. März 2024 gilt eine weitere Sanktionsregelung: Jobcenter können seither Betroffenen das Bürgergeld für maximal zwei Monate komplett streichen, wenn sie die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit beharrlich verweigern."

"Simple. Informelle Vorladung per Brief, wer Termin verpasst, Geld streichen. Kann sein, wenn auf dem Umschlag kein Jobcenter-Stempel ist, dann nimmt niemand Verdacht, und die Post bleibt liegen, weil die Empfänger nicht angewiesen sind und nicht gewarnt werden."  Zum Originalkommentar

"Diese nicht Angetroffenen können sich ja nicht in jedem Jobcenter melden. Da sind schon mal Terminüberschneidungen möglich."  Zum Originalkommentar

"Meldung innerhalb 48 Stunden, Thema erledigt."  Zum Originalkommentar

"Warum werden nicht sofort die Geldleistungen gestoppt? Die Namen sind doch bekannt. Aber es muss wieder unbedingt ein Verwaltungsakt daraus gemacht werden, was unnötig Geld kostet."  Zum Originalkommentar

Ruf nach strengeren Identitätsprüfungen und Kontrollen

Mehrere Leser fordern biometrische Kontrollen, um Mehrfachidentitäten oder Sozialbetrug zu verhindern. Für Bürgergeldempfänger gilt ein solches Verfahren nicht – sie unterliegen dem Datenschutzrecht und der Verhältnismäßigkeit staatlicher Maßnahmen. Eine flächendeckende biometrische Erfassung aller Sozialleistungsbeziehenden wäre derzeit verfassungsrechtlich nicht zulässig.

"Wenn man sich in Deutschland mit 16 Identitäten aufhalten kann, dann wundert einen so ein Bericht nicht. Mein Tipp: Fingerabdrücke nehmen. Die Zeiten des Laissez-faire sind eindeutig vorbei."  Zum Originalkommentar

"Als Tipp: Frist bis Ende des Jahres setzen. Wer sich dann nicht persönlich bei dem entsprechenden Jobcenter gemeldet hat, dem wird die Überweisung des Bürgergelds komplett entzogen. Bei denjenigen, die sich melden, alle Daten wie Fingerabdruck und Gesichtserkennung elektronisch dokumentieren und in einer einheitlichen Datenbank dokumentieren. Das wird schon seit Jahren in den USA gemacht und das ist für jeden Einreisenden Pflicht, selbst für Urlauber!"  Zum Originalkommentar

"Einfach die Leistungen einstellen und abwarten, was passiert. Geht ganz einfach, aber nur, wenn der Gesetzgeber mitspielt."  Zum Originalkommentar

Kritik an Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen

Ein Teil der Kommentatoren empfindet es als ungerecht, dass Sozialleistungsbezieher bei Pflichtverletzungen vermeintlich milder behandelt würden als Steuerzahler. Diese Wahrnehmung beruht teils auf unterschiedlichen Verfahren: Das Steuerrecht arbeitet mit Bußgeldern und automatischen Fristen, während das Sozialrecht auf individuelle Bedürftigkeitsprüfungen und Verhältnismäßigkeit setzt. 

"Wenn ich die Frist zur Abgabe meiner Steuererklärung um 3 Wochen verstreichen lasse, bekomme ich ein Schreiben vom Finanzamt, 25 € Strafe und eine Drohung, dass ich bis zu 50.000 € Strafe zahlen könnte. Wenn ich die Geschichte vom Bürgergeld lese, bekomme ich wirklich einen Hals."  Zum Originalkommentar

"Wehe ich gebe beim Lohnsteuerjahresausgleich einen Kilometer zu viel an, das fällt sofort auf."  Zum Originalkommentar

"Ungerechtigkeit zwischen Steuerzahlern und Sozialleistungsbeziehern ist offensichtlich und sorgt für Unmut."  Zum Originalkommentar

"Es ist wirklich zum Schießen, wenn es nicht so unendlich traurig und wütend macht, was mit unserem Steuergeld passiert ..."  Zum Originalkommentar

Zweifel an Geldflüssen und Korruptionsvorwürfe

Einige Leser äußern den Verdacht, dass der Staat Zahlungen nicht ausreichend kontrolliere oder einzelne Akteure von Sozialbetrug profitieren könnten.

"Über sein Geld hat der Staat offensichtlich schon lange die Kontrolle verloren."  Zum Originalkommentar

"Die entscheidende Frage, an wen ging das Geld des Sozialamtes/Jobcenters denn wirklich - also an welches Konto und wer ist dessen Inhaber/Bevollmächtigter? Schon bei der massenhaften Antragstellung (durch dubiose Firmen/Anwälte) müsste den Ämtern doch schon ein Licht aufgegangen sein. Oder stecken sie bzw. einzelne leitende Mitarbeiter mit im Geflecht aus Inkompetenz und organisierter Kriminalität? Die 'Geförderten' sind doch immer noch in Rumänien etc., nur deren (gefälschten Pässe)"  Zum Originalkommentar

"Mich würde ja mal interessieren, wie viel Miete der Hotelbesitzer kassiert und wie viel Kindergeld in das Herkunftsland fließt und das über wie viele Jahre? Wird das nicht überprüft?"  Zum Originalkommentar


Ironie 

Sarkastische Kommentare spiegeln die Distanz vieler Bürger zum Sozialstaat. Der Spott richtet sich weniger gegen Hilfsbedürftige, sondern gegen ein System, das als träge und ineffizient wahrgenommen wird.

"Bitte weitergehen. Es gibt hier nichts zu sehen."  Zum Originalkommentar

"Ich bin schockiert. Mit so etwas war nicht zu rechnen und dann noch in Berlin. Ironie aus"  Zum Originalkommentar

Diskutieren Sie mit! Wie sollten Behörden und Politik bei Verdachtsfällen auf Sozialleistungsbetrug künftig reagieren – sofortige Sanktionen, bessere Kontrollen oder eine Reform des Systems? 

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