Deutsche Bahn vor dem Desaster: „Wir brauchen mehr Geld“

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Die Deutsche Bahn (DB) befindet sich aktuell unter starkem Beschuss: Berichte über verspätete Züge, marode Schienennetze, schlechte Stimmung beim Personal und massive Organisationspannen kommen zusammen mit geplanten Preiserhöhungen.(Archivbild) © Jonas Walzberg/dpa

Die Deutsche Bahn hangelt sich von einer Negativschlagzeile zur nächsten. Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, erklärt, was der Konzern jetzt braucht.

Berlin – Die Deutsche Bahn (DB) befindet sich aktuell unter starkem Beschuss: Berichte über verspätete Züge, marode Schienennetze, schlechte Stimmung beim Personal und massive Organisationspannen kommen zusammen mit geplanten Preiserhöhungen. Die Kunden zeigen sich alles andere als erfreut über den momentanen Zustand der Bahn.

Auch Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, sagte gegenüber der Tagesschau: „Es wird immer schlechter. Und es darf auch nicht wundern. Wenn jahrzehntelang zu wenig Geld in das System investiert worden ist, dann funktioniert ein solch komplexes System wie die Bahn eben irgendwann überhaupt nicht mehr.“

Deutsche Bahn mit vielen Problemen – „Fahrpläne werden nur noch geschätzt“

So hatte die Süddeutsche Zeitung (SZ) am Montag (19. Juli) berichtet, dass Signalstörungen, Stellwerksausfälle und kaputte Weichen bei der Deutschen Bahn einen geordneten Ablauf des Zugverkehrs kaum noch möglich machten. Die Fahrpläne der DB hätten allein in diesem Jahr zwischen zwei und drei Millionen Mal geändert werden müssen. „Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt“, sagte ein Mitglied des Aufsichtsrats der Zeitung. Die Sicherheit des Zugverkehrs sei dadurch zwar nicht beeinträchtigt, die Folgen seien dennoch „katastrophal“.

Deutschland habe „heute die älteste Stellwerkslandschaft in Westeuropa“, sagte der Chef der DB-Tochter Infrago, Philipp Nagl, der SZ. Das gemeinwohlorientierte Unternehmen betreibt das Schienennetz und die Bahnhöfe. „In den vergangenen Jahrzehnten wurde zu wenig erneuert, zu wenig in die Sanierung gesteckt“, sagte Nagl. Mit dem größten Sanierungspensum seit Jahrzehnten werde es in diesem Jahr aber „erstmals gelingen, die Überalterung der Infrastruktur zu stoppen und die Trendwende einzuleiten“.

Deutsche Bahn: „Ein Jahrzehnt mit vielen Baustellen, Umleitungen und Einschränkungen“

Pro Bahn fürchtet deshalb aber auch „ein Jahrzehnt mit vielen Baustellen, Umleitungen und Einschränkungen“ bei der Deutschen Bahn. „Die Früchte der Investitionen in das Bahnnetz werden wir erst in vielen Jahren ernten können“, sagte der Vize-Verbandsvorsitzende Andreas Schröder am Montag dem Portal Web.de News. Schon heute sei die Geduld vieler frustrierter Pendler am Ende. „Verspätungen, Ausfälle und Angebotseinschränkungen sind an der Tagesordnung.“

Neben der Infrastruktur kritisierte Schröder den Personalmangel und die mangelhafte Qualität des Serviceangebots: „Personalmangel, schmutzige Züge und schmuddelige Bahnhöfe – das sind die sichtbaren Zeichen einer Bahn, die in vielen Bereichen den Anschluss verloren hat.“ Reisenden riet Schröder, sich auf Überraschungen einzustellen und immer ausreichend Pufferzeit für mögliche Verspätungen einzuplanen.

Deutsche Bahn: Was wir von der Schweiz lernen können

Im Gespräch mit der Tagesschau erklärt Naumann, was Deutschland dabei von der Schweiz mit ihren pünktlichen Zügen lernen kann – nämlich drei Dinge: „Erstens: Wir brauchen mehr Geld. Die Schweiz gibt viermal so viel pro Einwohner und Jahr für ihr System Schiene aus. Das merkt man, das tut sie über Jahrzehnte. Zweitens macht die Schweiz für das System Bahn eine kontinuierliche Finanzierung. Es wird nicht jedes Jahr nach dem Haushalt geschaut.“

Und drittens brauche es einen Plan für die Zukunft der Bahn. „Wir brauchen so was wie den Deutschlandtakt. Den muss man einmal planen. Und dann muss man konsequent auf diesen Deutschlandtakt zugehen und die Infrastruktur so planen, dass dieser Deutschlandtakt dann auch gefahren werden kann“, so Naumann. Er warnt aber auch: In der Schweiz ist das Zugfahren teurer. Mit Material der dpa und AFP

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