Körpersprache-Check vor Merz-Treffen mit Trump – Experte sieht großes Manko beim Kanzler
Heute ist Merz in den USA und hat im Oval Office ein Treffen mit Trump. Körpersprache-Experte Stefan Verra erklärt, wofür sich der Kanzler wappnen muss.
Washington, D.C. – Friedrich Merz steht (CDU) ein echter Stresstest bevor. Der Bundeskanzler trifft am heute am Donnerstag in den USA auf den US-Präsidenten Donald Trump. Die Besuche ausländischer Staats- und Regierungschefs bei Trump haben in der Vergangenheit für Aufsehen gesorgt. So endete ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum Ukraine-Krieg und einem möglichen Handelsabkommen über seltene Erden in einem Eklat. Selenskyj wurde sogar frühzeitig aus dem Weißen Haus geworfen.
Merz steht also vor einer großen Herausforderung in den USA. Wie geht man um mit einem Präsidenten wie Trump? Der Körpersprache-Experte Stefan Verra erklärt im Interview mit fr.de von IPPEN.MEDIA, worauf der Bundeskanzler in Washington achten sollte – und wo der Kanzler und der US-Präsident möglicherweise ins Straucheln kommen könnten. Wie sich der Kanzler heute bei seiner Begegnung schlägt, kann heute live im TV und Livestream verfolgt werden.
Herr Verra, viel hängt in den deutsch-amerikanischen Beziehungen davon ab, ob Trump und Merz heute bei ihrem Treffen ein gutes Verhältnis zueinander aufbauen. Doch beim Gespräch im Oval Office wird manches nicht sofort ersichtlich sein. Gibt es Momente, in denen eine bestimmte Körperregung etwas über die Gefühlslage, die Gedanken oder das Verhalten einer Person verraten könnte?
Die Körpersprache verrät ja weniger über die Gefühlslage eines Menschen, als dass sie eine Wirkung auf uns Beobachterinnen hat. Wie wir unlängst bei den Macrons erlebt haben. Anhand der Mimik und Gestik ziehen wir Schlüsse, um zu wissen, wie wir die Person bzw. das Gespräch einschätzen sollen. Die Körpersprache ist also eine Mutmaßung, die aber die Ursache für unser Verhalten ist. Damit hat sie eine enorme Bedeutung dafür, ob wir Merz als „Sieger“ oder „Verlierer“ aus dem Gespräch kommen sehen. Nachdem ich Merz schon viele Jahre beobachte, bin ich mir nicht sicher, ob er sich dieser Tragweite seiner Körpersprache bewusst ist.
Merz-Trump-Treffen in den USA – Körpersprache-Experte warnt: „Merz nicht besonders geschickt“
Worauf kommt es bei dem Treffen im Oval Office an? Welche Schlüsselsignale könnten in der Körpersprache von Donald Trump und Friedrich Merz beobachtet werden?
Die Begrüßung wird entscheidend sein. Dabei ist besonders Merz gefordert. Er ist nicht besonders geschickt mit seinen nonverbalen Signalen. So tut er sich schwer mit körperlicher Nähe. Vor allem, wenn sie ihm aufgedrängt wird. Dass er souverän Haltung bewahrt, auch wenn Trump seine berüchtigten Handshakes einsetzt, wird entscheidend sein.
Welches Bild versuchen sowohl Trump als auch Merz über ihre Körpersprache in der Öffentlichkeit zu präsentieren?
Trump ist wohl mehr darauf erpicht, keine Schwäche zu zeigen. Er wird auch seine engsten Minister neben sich haben – auch das ein körpersprachliches Signal der Macht. Insgesamt erwarte ich aber ein freundschaftliches Gespräch, denn Trump hat wohl erkannt, dass es ohne Europa nicht geht. Vielleicht setzt er die eine oder andere Spitze, als Signal an seine eigenen Wähler. Aber körpersprachliche Eskalation ist wohl nicht zu erwarten. Merz muss hier also nur gute Miene zu diesem Spiel zeigen. Das wird er schaffen. Zumal ihm eine Sache in die Karten spielt: Er zeigt ohnehin weniger Regungen in seiner Mimik. Im Gegensatz zu Giorgia Meloni.
Merz-Treffen mit Trump heute im Oval Office – darauf muss der Bundeskanzler achten
Auf welche Signale des US-Präsidenten sollte Merz bei seinem Besuch dringend achten? Gibt es Auffälligkeiten, die etwas über Trumps Haltung gegenüber dem Bundeskanzler verraten?
Merz ist gut beraten, mit seinen Beraterinnen und Beratern Situationen durchzuspielen, die unerwartet sind. Ja, tatsächlich zu üben. Trump (und JD Vance) haben Selenskyj öffentlich bloß gestellt, den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa hat er gleich mit Falschbehauptungen auflaufen lassen. Beide haben dabei körpersprachlich eine schwache Figur abgegeben. Hier muss es Merz gelingen, souverän zu bleiben. Denn wenn Trump eines braucht, dann sind es starke Persönlichkeiten als Verhandlungspartner. Trump ist recht einfach zu entschlüsseln, sein Kopfnicken, sein Blickkontakt und sein zuerst asymmetrisches Lächeln zeigen recht schnell, ob er von einer Sache angetan ist oder nicht.
Nicht nur Merz ist daran gelegen, bei dem Treffen in Washington zu imponieren. Worauf muss US-Präsident Trump am Donnerstag achten?
Trump ist enorm unter Druck. Er bemerkt, dass seinen martialischen Auftritten langsam der Effekt verloren geht. Er muss zweierlei schaffen: Der Erneuerer, der er sein will, darf laut poltern, ja er muss es auch tun. Poltern rüttelt auf, es setzt aber keine Reformen um. Also muss er auch zeigen, dass er unterschiedliche Interessen harmonisieren kann. Dazu braucht er eine verbindende Körpersprache. Beispielsweise Nicken, Blickkontakt, den Kopf nicht allzu hochhalten. Scheinbar subtile Signale, die aber dem Gehirn des Gegenübers zeigen: Ich werde ernst genommen. Diesen Spagat wird er zeigen müssen. Auch im Umgang mit Deutschland. (nhi)