SPD-Steuerpläne verfehlen Ziel: „Superreiche wären von der Reform gar nicht getroffen“
Die SPD will Reiche stärker besteuern und die arbeitende Mitte damit entlasten. Die wirklich Superreichen trifft die geplante Reform der Einkommenssteuer jedoch nicht, warnt ein Ökonom.
Berlin – Die SPD will vor der Bundestagswahl ihr sozialdemokratisches Profil schärfen. Die Parteispitze hat ein Strategiepapier auf den Weg gebracht, das unter anderem eine Steuerreform enthält. So sollen etwa 95 Prozent der Erwerbstätigen – die „arbeitende Mitte“ – bei der Einkommenssteuer entlastet werden. Zudem plant die SPD höhere Steuern auf „allerhöchste Einkünfte“. Ob die Partei das Ziel erreicht, ist jedoch fraglich. „Die tatsächlichen Superreichen wären von der Reform gar nicht getroffen“, sagte Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).
SPD-Plan einer Einkommenssteuerreform nicht der richtige Ansatz zur Steuergerechtigkeit – warnt Ökonom
„Die großen Mittelständler und Unternehmerfamilien, die wirklich ‚reichen Reichen‘ mit Vermögen ab 100 Millionen aufwärts, werden von der persönlichen Einkommensteuer kaum noch erfasst, da sie ihr Geld im Unternehmen oder in der Holding halten“, erklärte Bach diese Einschätzung im Interview mit der Wirtschaftswoche. Wenn die SPD die Steuergerechtigkeit stärken wolle, müsse sie an die Unternehmens- oder Vermögensbesteuerung ran. „Oder zumindest die exzessiven Privilegien für Unternehmensnachfolgen abbauen.“

Zu den Details der SPD-Steuerreform ist bisher noch wenig bekannt. Tatsächlich sind auch eine „gerechte Erbschaftssteuer“ sowie eine Vermögenssteuer geplant. Kern der Parteiführung ist jedoch eine grundlegende Einkommenssteuerreform, die 95 Prozent der Steuerpflichtigen entlastet, während die höchsten ein Prozent der Einkommen stärker besteuert werden. Parteichefin Saskia Esken sprach dabei von Gehältern von mehr als 15.000 Euro im Monat.
SPD plant höhere Einkommenssteuern für Wohlhabende: Mehrbelastung ab 92.500 Euro pro Jahr
Konkret soll dabei der Spitzensteuersatz von derzeit 42 auf 45 Prozent steigen, jedoch erst ab einem Einkommen von 80.000 Euro statt bisher 66.761 Euro greifen, berichtete die Zeit mit Verweis auf Eckpunkte, die der Seeheimer Kreis veröffentlicht hat. Damit würde der sogenannte Reichensteuersatz von 45 auf 48 Prozent steigen. Er gilt ab einem Einkommen von 278.000 Euro für Alleinstehende. Laut der Steuerstatistik des Bundesfinanzministeriums haben etwa 1,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Gehalt von 80.000 Euro pro Jahr. Dabei wird jedoch nur der Teil des Gehalts über dieser Grenze mit dem Spitzensteuersatz versteuert.
DIW-Steuerexperte Stefan Bach hat die Auswirkungen der Steuerpläne berechnet. Dabei geht er von einer Anhebung des Steuerfreibetrags von 11.604 Euro um 650 Euro aus. Damit entstehen durch die Steuerpläne der SPD bei Alleinstehenden erst Mehrbelastungen ab einem zu versteuernden Einkommen von 92.500 Euro. Bei einem Einkommen von 100.000 Euro müssen die Betroffenen laut Zeit rund 200 Euro im Jahr mehr Steuern zahlen, bei 120.000 Euro seien es knapp 900 Euro.
SPD würde den obersten fünf Prozent rund neun Milliarden Euro mehr abnehmen – und Mitte entlasten
„In meiner Rechnung nehmen wir den obersten fünf Prozent rund neun Milliarden Euro zusätzlich ab, das meiste davon dem obersten einen Prozent, um die Entlastungen der arbeitenden Mitte zu finanzieren“, fasste Bach seine Ergebnisse im Wirtschaftswoche-Interview zusammen.
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Denn die sogenannte „arbeitende Mitte“ und niedrige Einkommen werden durch die SPD-Pläne für die Einkommenssteuer entlastet – schon ab weniger als 92.500 Euro pro Jahr. Bei einem Einkommen von 70.000 Euro sei das laut Bachs Berechnung eine Ersparnis von 570 Euro, bei 30.000 Euro seien es 110 Euro. Für den Staat würden sich laut Bachs Berechnungen keine größeren Einnahmeausfälle ergeben. Er hat jedoch mögliche Anpassungen von Unternehmen und Haushalten ausgeblendet.
DIW-Ökonom Bach sieht Potenzial von 25 Milliarden Euro durch Einkommenssteuer und Vermögenssteuer
Bach warnte jedoch, dass auch Unternehmer getroffen würden, die Einkommensteuer zahlen. „Wollte man den berühmten Mittelstandsbauch – also die Tatsache, dass die Steuerbelastung bei mittleren Einkommen stark steigt – ambitionierter abbauen, bedeutet das hohe Steuerausfälle“, sagte Bach. Durch einen „ausgewogenen Mix aus Steuererhöhungen auf hohe Arbeitseinkommen und auf leistungslose Vermögenseinkommen wie Erbschaften, Veräußerungsgewinne oder Mieteinnahmen, kann man durchaus bis zu 25 Milliarden Euro zusammenbekommen“, sagte er. „Damit kann man dann Fleißige entlasten und das Leistungsprinzip stärken.“