Erstes Land erwägt Social-Media-Verbot für Jugendliche: „Halten von echten Freunden fern“

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„Geißel“ der jungen Menschen: Erstes Land will Social-Media-Verbot für Jugendliche

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Australien plant ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige, um Jugendliche vor Gefahren zu schützen. Kritik kommt von Experten und Kinderrechtsorganisationen.

Canberra – Australien könnte als erstes Land weltweit soziale Medien wie Instagram und TikTok für Jugendliche unter 16 Jahren verbieten. Die Regierung unter Premierminister Anthony Albanese plant, ein entsprechendes Gesetz ins Parlament einzubringen, das Eltern ermöglichen soll, ihre Kinder von Social-Media-Plattformen fernzuhalten. Ziel sei es, Kinder wieder zu echteren sozialen Erfahrungen zurückzuführen und vor den negativen Auswirkungen digitaler Netzwerke zu schützen. Doch der Vorschlag spaltet die Gesellschaft und wird heftig diskutiert.

Australien erwägt Social-Media-Bann für Jugendliche: Warum ein Verbot?

Die australische Regierung sieht soziale Medien zunehmend als Gefahr für Kinder und Jugendliche. Premierminister Albanese bezeichnete Plattformen wie TikTok und Instagram, laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa), als „Geißel“, die junge Menschen von echten Freundschaften und sozialen Erfahrungen fernhalte. Unterstützt wird er dabei von Elternverbänden und Initiativen wie der Kampagne „36Months“, die auf die psychologische Entwicklung junger Menschen verweist. Übermäßige Social-Media-Nutzung könne Gehirne während der kritischen Entwicklungsphase negativ beeinflussen, heißt es in einer Petition mit über 125.000 Unterschriften.

Der Premierminister argumentiert, dass Bildungsinitiativen allein nicht ausreichen würden, um Kinder zu schützen. „Diese Apps nutzen mächtige Algorithmen, die selbst Erwachsene kaum kontrollieren können. Wie sollen Kinder damit umgehen?“, sagte Albanese laut BBC.

Social Media: Chance oder Bedrohung für die Entwicklung von Jugendlichen? © IMAGO / Zoonar

Schutz von Jugendlichen durch Social-Media-Verbot: Was sieht das Gesetz vor?

Das geplante Gesetz sieht vor, dass Social-Media-Plattformen eine Altersprüfung für alle Nutzer durchsetzen. Hierbei sollen Tech-Konzerne verpflichtet werden, Technologien wie ID-Prüfungen oder KI-gestützte Altersschätzungen einzuführen. Eine erste Testphase mit dem britischen Anbieter „Age Check Certification Scheme“ ist bereits in Planung, wie The Guardian berichtet. Nutzer sollen laut dem Gesetzesentwurf jedoch nicht bestraft werden – die Verantwortung liegt bei den Plattformbetreibern.

Nach aktuellen Planungen könnte die Regelung frühestens in einem Jahr in Kraft treten. Eine Überprüfung der Effektivität soll folgen. Kritiker bemängeln jedoch die praktische Umsetzung: Technologien zur Altersverifikation könnten leicht umgangen werden, wie Erfahrungen aus der EU zeigen.

Kritik gegen Social-Media-Verbot-Plänen der australischen Regierung: Ein zu grobes Instrument?

Nicht alle Experten und Organisationen begrüßen das geplante Verbot. Die australische Kinderrechtsorganisation „Child Rights Taskforce“ kritisierte den Vorschlag als „zu grobes Instrument“, wie BBC berichtet. In einem offenen Brief riet sie dazu, stattdessen Sicherheitsstandards für Plattformen einzuführen und Kindern den sicheren Zugang zu digitalen Räumen zu ermöglichen. Auch die Vereinten Nationen betonten, dass der Fokus auf einem geschützten, aber offenen digitalen Raum liegen sollte.

Ein pauschales Verbot könne dazu führen, dass Jugendliche andere Wege finden, um auf Social Media zuzugreifen, ohne dabei die nötigen Kompetenzen zu entwickeln, argumentierten Experten. „Es reicht nicht, einfach eine Altersgrenze zu setzen, ohne das Umfeld sicherer zu machen“, sagte die Senatorin Sarah Hanson-Young laut The Guardian.

Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok erst ab 16 Jahren: Ein Modell für andere Länder?

Trotz Kritik zeigt sich die australische Opposition geschlossen hinter den Plänen. David Coleman von der Liberalen Partei betonte, laut dpa, dass Plattformen wie Snapchat oder TikTok grundsätzlich nicht für Kinder sicher seien. Laut einer parlamentarischen Untersuchung gibt es aber keine einheitliche Meinung dazu, ob eine Altersgrenze die Probleme tatsächlich lösen würde. „Ein Verbot schafft nur Zeit, um umfassendere Reformen einzuleiten“, sagte Sharon Claydon, die Vorsitzende des parlamentarischen Komitees, wie The Guardian berichtet. Eine bessere digitale Bildung und klare Richtlinien für Plattformen seien langfristig ebenso entscheidend.

Australien könnte mit seinem Vorstoß eine internationale Debatte anstoßen. In vielen Ländern, darunter Deutschland, existieren zwar Altersbeschränkungen, doch diese sind schwer durchzusetzen. Laut dpa fehlt es in Deutschland an gesetzlichen Regelungen und effektiven Verifikationssystemen. Ob Australien mit seinem strikten Ansatz Erfolg hat, bleibt abzuwarten.

Depression und andere psychische Erkrankungen bei Jugendlichen: Die Wirkung von Medienkonsum

Eine Langzeitstudie der Brigham Young University zeigt, dass soziale Medien für Jugendliche sowohl Chancen als auch Risiken bergen. Teenager, die mehr als drei Stunden täglich auf Plattformen wie TikTok und Instagram verbringen, berichten häufiger von depressionsähnlichen Symptomen wie Antriebslosigkeit, Angst oder Reizbarkeit. Besonders betroffen sind jene, die kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern haben, unter geringem Selbstwertgefühl leiden oder Mobbing erfahren.

Gleichzeitig betont die Forschung, dass soziale Medien positive Effekte haben können, wenn Eltern die Nutzung begleiten und die Bindung im realen Leben stärken. So können Plattformen bei der Identitätsbildung, Kreativitätsförderung und dem Aufbau von Beziehungen helfen. Entscheidend ist, dass Jugendliche Unterstützung im Umgang mit negativen Erlebnissen wie Hasskommentaren erhalten und ihre Online-Zeit begrenzt wird. (ls/dpa)

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