Kranker Papst Franziskus hat viele Feinde: Insider spricht von „Bürgerkrieg“ im Vatikan

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Papst Franziskus ist schwerkrank. Doch der Machtkampf um ihn tobt schon viel länger, sagt Vatikan-Experte Marco Politi. Die Gräben in der Kirche sind tief.

Rom – „Je eher, desto besser“, antwortet Vatikanist und Buchautor Marco Politi auf die Interview-Anfrage unserer Redaktion. „Die Situation ist so zugespitzt.“ In der katholischen Kirche herrscht ein heikler Machtkampf, der zu eskalieren droht.

Machtkampf im Vatikan begann lange vor Krankheit von Papst Franziskus

Papst Franziskus liegt schwerkrank im berühmten Gemelli-Krankenhaus, aber Sorge um das Kirchenoberhaupt ist nicht der Auslöser für die so schwierige Lage, in der sich die Kirche befindet. Das Ringen um die Nachfolge des 88-Jährige läuft schon seit drei Jahren, sagt Politi. Die große Frage: In welche Richtung soll sich die Kirche entwickeln?

„Franziskus hat viele Feinde“: Vatikanist Politi spricht von „Bürgerkrieg“ in der katholischen Kirche

„Ultrakonservative sind schon seit zehn Jahren mobilisiert“, so der Vatikan-Experte. „Franziskus hat viele Feinde, deswegen spreche ich von einem Bürgerkrieg.“

Marco Politi wurde 1947 in Rom geboren und gilt als einer der bekanntesten Vatikanexperten überhaupt. Der deutsch-italienische Journalist ist fast 50 Jahre Vatikan-Berichterstatter und Autor zahlreicher Bücher.
Marco Politi wurde 1947 in Rom geboren und gilt als einer der bekanntesten Vatikanexperten überhaupt. Der deutsch-italienische Journalist ist fast 50 Jahre Vatikan-Berichterstatter und Autor zahlreicher Bücher. © Phoebe Natanson

Denn: Der argentinische Papst fuhr seit seiner Amtserhebung im Jahr 2013 einen offenen Kurs. Bergoglio, so sein bürgerlicher Name, zeigte sich aufgeschlossen für die Segnung homosexueller Menschen sowie die Kommunion für wiederverheiratete, geschiedene Paare. Außerdem ermöglichte er Frauen die Teilhabe in offiziellen Positionen der katholischen Kirche. Eine Haltung, die dem konservativen Flügel deutlich missfiel.

Kurs von Papst Franziskus zog tiefe Risse in die Kirche – herbe Aussagen hinter verschlossenen Türen

Hinter verschlossenen Türen fielen durchaus Aussagen, wie „hoffen wir, dass Franziskus bald stirbt, damit er die Kirche nicht ruiniert“, weiß Politi. Skrupellose Sätze, die auch Franziskus nicht entgangen sind. Trotzdem begeben sich Geistliche mit öffentlicher Kritik am Papst auf dünnes Eis. Der damalige Erzbischof Carlo Maria Viganò wurde im Sommer 2024 für Aussagen gegen Franziskus beispielsweise exkommuniziert.

Der Kurs von Franziskus habe tiefe Risse in die Kirche gegraben, sagt Politi. Auf der einen Seite die Weltsynoden, eine Bewegung, die Umkehr und Erneuerung bringen möchte. Auf der anderen Seite die Konservativen, die eine Evangelisierung katholischer Werte befürchten und Neuerungen wie die Teilhabe von Laien, Frauen und homosexuellen Menschen strikt ablehnen.

Was muss der nächste Papst stemmen und wohin bewegt sich der Vatikan?

Am 11. März erscheint Marco Politis letztes Buch über die Amtszeit von Papst Franziskus. In „Der Unvollendete“ zieht der erfahrene Vatikanist Bilanz: Was hat sich durch Franziskus in der Kirche verändert? Welche Themen bleiben offen? Politi spricht von einem „Bürgerkrieg“ im Vatikan und einer innerlich zerrissenen Kirche.

Papst Franziskus schwer krank: Vorübergehend Waffenstillstand im Vatikan – dann droht die Explosion

Interessanterweise stehen die Grabenkämpfe still, seit Papst Franziskus in der Klinik ist. Politi spricht von einer Art „Waffenstillstand“. Auch Gegner des Franziskus-Kurses halten sich aktuell zurück, weil sie wissen, dass aggressive Töne zum jetzigen Zeitpunkt die moderate Mitte verärgern könnten. Spitze Aussagen dürften ihre Position im nächsten Konklave (Papst-Wahl) entscheidend schwächen. Einige Kardinäle arbeiten jedoch schon an der Zeit nach Franziskus, das ist ein offenes Geheimnis.

Ob der Machtkampf explodiert, sollte Franziskus zurücktreten oder gar sterben? Da ist sich Politi sicher: „Ganz bestimmt.“ (moe)

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