Mercedes richtet Fokus auf die USA: Ein Coup für Donald Trump?

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Mercedes im Krisenmodus: CEO Ola Källenius wünscht sich bessere Bedingungen in Europa – und richtet die Wachstumspläne des Luxusherstellers auf andere Märkte aus.

Stuttgart/Washington – Die Strategie war kühn, vielleicht zu kühn: Mit einer konsequenten Ausrichtung auf Luxusmodelle wollte Mercedes-Benz nicht nur seine Markenidentität schärfen, sondern in erster Linie auch die Margen steigern.

Doch der gewünschte Effekt ist in Baden-Württemberg bislang ausgeblieben: Statt steigender Gewinne verzeichnet der Stuttgarter Autobauer rückläufige Verkaufszahlen, einen schwächelnden Aktienkurs und enttäuschte Anleger – und intern wächst der Druck.

Mercedes-Benz: Luxusstrategie entpuppt sich bislang als Fehlschlag

CEO Ola Källenius, seit 2019 an der Spitze von Mercedes-Benz, hatte große Pläne. Weniger Masse, mehr Klasse lautete die Devise. Die Realität sieht anders aus: Während Wettbewerber wie BMW mit ihrer Premiumstrategie solide Ergebnisse liefern, kämpft Mercedes mit der Nachfrage im Hochpreissegment. Vor allem die teuren Topmodelle verkaufen sich schlechter als erwartet. Auch die Hoffnung, durch Exklusivität höhere Margen zu erzielen, hat sich bisher nicht erfüllt.

Dass der 55-Jährige diese Strategie nicht ändern möchte, machte er nun in einem Podcast deutlich. Einstiegsmodelle wie der neue Mercedes CLA sollen im Programm bleiben: „Wir steigen dort nicht aus – aber wir positionieren uns am oberen Ende jedes Segments“, erklärt Källenius in einer Folge des „Berlin Playbook Podcast“ von Politico.

Mercedes-Chef Ola Källenius trimmte den Konzern auf puren Luxus. Diese Strategie erwies sich bislang eher als Eigentor
Mercedes-Chef Ola Källenius trimmte den Konzern auf puren Luxus. Diese Strategie erwies sich bislang eher als Eigentor. © Mercedes-Benz

Mercedes mit Absatzproblemen – Trump-Forderung findet Gehör

Die Börse reagiert auf die Entwicklung bei dem Autokonzern empfindlich: Der Kurs der Mercedes-Benz-Aktie hat in den vergangenen Monaten deutlich nachgegeben. Analysten kritisieren eine gewisse Realitätsferne in der aktuellen Unternehmensstrategie.

Der Wunsch, gleichzeitig Luxusmarke und Volumenanbieter zu sein, wirke unentschlossen und irritiere Investoren. Neben den internen Herausforderungen sorgte Källenius zuletzt auch mit Aussagen zur Standortpolitik für Schlagzeilen. Schließlich will man angesichts der drohenden US-Importzölle ein Erfolgsmodell der Marke künftig im US-Werk bauen.

Mercedes-Produktion: Modellreihen und Jobs landen zunehmend in die USA

Für Mercedes sei die US-Expansion marktbasiert, der Zeitpunkt passt jedoch gut: Ex-US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, Importzölle auf bis zu 50 Prozent zu erhöhen – ein klarer Fingerzeig in Richtung ausländischer Hersteller. Ab 2027 soll derweil in Tuscaloosa (Alabama) auch ein komplett neues Mittelklasse-Fahrzeug produziert werden, teilte der Premiumhersteller jüngst mit.

Die Stuttgarter wollen damit nach eigenem Bekunden auch ihr Bekenntnis zum US-Markt unterstreichen. Neben den größten Märkten China, USA und Europa nennt Källenius übrigens Japan, Südkorea und Australien als wichtige Schwellenländer mit guten Absatzaussichten.

Standortdebatte: Mercedes-Chef appelliert an Deutschland und Europa

Im Podcast des US-Magazins Politico erneuert der Deutsch-Schwede Kritik über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, verspricht jedoch zugleich: „Wir investieren nicht auf Kosten Europas.“ Vielmehr brauche Mercedes „faire, ausgewogene Handelsabkommen“. Källenius verweist zudem darauf, dass man in den Vereinigten Staaten seit über 120 Jahren aktiv sei.

Während die USA als Wachstumsmarkt gefeiert werden, spricht der CEO in Bezug auf Europa von der „Notwendigkeit ausgewogener Handelsabkommen“. Er fordert die EU auf, wieder Vorreiter für freien und fairen Handel zu werden – gerade in Zeiten des globalen Protektionismus.

Bei Mercedes-Chef keimt trotz Absatzkrise wirtschaftspolitische Hoffnung

Und doch zeigt sich Källenius überraschend optimistisch, was den Standort Deutschland betrifft. Er lobt in dem Gespräch den industriepolitischen Fokus im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung und habe bereits Gespräche mit Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) geführt.

Es gehe Källenius darum, Wachstum, Energiesicherheit mit „niedrigen Preisen“ und Dekarbonisierung in Einklang zu bringen. Von der hochpreisigen Luxusstrategie wolle Mercedes jedoch nicht abrücken. Ein Spagat, der so ambitioniert wirkt – und nicht unriskant.

Mercedes plant eine elektrische Modelloffensive - und entwickelt dafür neue E-Auto-Plattformen
Mercedes hat sich mit seiner Luxusstrategie im Zeitalter der Elektrifizierung verhoben: Absatz, Gewinn und Rendite haben abgenommen. © NurPhoto/Imago

Mercedes und die Luxusstrategie: „Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander“

Dabei wird die Luxusstrategie offenbar auch von Aktionären angesichts des Gewinneinbruchs immer mehr stärker in Frage gestellt. Sie habe bisher nicht gezündet, für eine Abkehr davon sei es aber noch zu früh, zitiert die Agentur Reuters Ingo Speich, Nachhaltigkeitschef der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Investment: „Wunsch und Wirklichkeit des Mercedes-Managements“ liegen ihm zufolge „immer weiter auseinander“. Dem Bericht zufolge brauche der CEO des Herstellers einen Plan B.

Der Stuttgarter Autokonzern hatte vor wenigen Jahren beschlossen, sich stärker auf hochpreisige luxuriöse Modelle zu verlegen, um zweistellige Renditen zu erreichen. Nach einer Corona-Sonderkonjunktur kühlte sich die Autonachfrage weltweit jedoch ab. Der harte Wettbewerb und der rasante Umstieg auf Elektroautos, vor allem in China, setzen Mercedes und weitere westliche Anbieter unter Druck. (PF)

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