Der Tourismus befindet sich im Wandel. Eine Erfahrung, die man auch in Oberstdorf macht. Immerhin ist der Allgäuer Tourismusort eine TopDestination mit langer Geschichte. Doch „totlaufen“ soll sich die Tradition nicht. Im Gegenteil: Mit dem Projekt „Zukunftsbild“ wird ein Weg eingeschlagen, der die Gemeinde „zukunftsfähig, lebendig und attraktiv“ gestalten soll.
Oberstdorf – In einer Sondersitzung mit rund 150 Beobachtern machte der Gemeinderat den Weg für das Projekt frei. Großgeschrieben wird dabei das „wir“ – Oberstdorf soll attraktiver, zukunftsfähiger Lebens- und Urlaubsraum sein.
Oberstdorf möchte attraktiver Lebensraum und führende Tourismusdestination sein
Für Urlaubsgäste – für die Einheimischen. Oberstdorf ist – touristisch gesehen – eine gute Adresse. Die Marktgemeinde mit rund 10.000 Einwohnern verzeichnete zuletzt etwa 2,5 Millionen Übernachtungen, ein Plus von rund 25.000 Übernachtungen (plus 1 Prozent) bei 2.400 Vermietungsbetrieben mit 17.000 Gästebetten. Und doch: Die Tourismusbranche ist im Wandel, muss sich neu orientieren und an die Zukunft „denken“. Wohin die Reise gehen soll, hat Oberstdorf jetzt in einem „Zukunftsbild“ beschrieben – und will sich auf den Weg machen.
Ziel des Projektes sei es, „ihr Dorf gemeinsam zu gestalten und in die Zukunft zu führen“, betonte Oberstdorfs Bürgermeister Klaus King eingangs der sehr gut besuchten öffentlichen Sitzung des Marktgemeinderates. „Es ist eine Herausforderung und eine große Chance“, so der Bürgermeister. Die stellvertretende Tourismusdirektorin Petra Genster skizzierte die Vorgeschichte und erläuterte die Arbeit der Projektgruppe, der mehr als 80 Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung angehören. Von einer Tourismusstrategie soll es zu einem gemeinsamen Zukunftsbild für die Destination Oberstdorf führen.
Oberstdorfer Zukunftsbild ist nun final
Erste Früchte trug die Arbeit der Gruppe, als Oberstdorf vor zwei Jahren den Nachhaltigkeitswettbewerb gewinnen konnte. Das habe der Arbeit einen Schub gegeben, auch wenn die Auszeichnung „nur als Auftakt“ verstanden worden sei, so Petra Genster. Dann zog man Unterstützung von außen zu durch ein Fachbüro, um ein gemeinsames Zukunftsbild zu definieren; nicht um den Lebens-und Urlaubsraum Oberstdorf neu zu erfinden, sondern gemeinsam zu entwickeln aus einem definierten Ist-Zustand. Petra Genster: „Jetzt ist das Zukunftsbild final!“ Das „Wunschziel für die Entwicklung“ beschrieb Markus Webhofer vom Fachbüro Brand Logic Markenentwicklung in Innsbruck. Und das Ziel, das gemeinsam geteilte Zukunftsbild muss authentisch sein, das Besondere der Destination Oberstdorf betonen und herausstreichen. Dennoch, so unterstrich Webhofer eingangs seines Vortrags, müsse diese „Landkarte“ verpflichtend sein für alle, ein „Kompass für Entscheidungen der betroffenen Gremien, nicht nur Absichtserklärung bleiben.
Symbolisches „Zukunftsrad“ für Oberstdorf
Neun Erfolgsmuster bilden schließlich das symbolische „Zukunftsrad“ für Oberstdorf: (1) Anti-Urban Leben: Es beschreibt die Auszeit von der Stadt, den Sehnsuchtsort und Gegenpol zum Alltag, (2) Leidenschaft für Natur: Oberstdorf hat das Image eines absoluten Naturparadieses, das es zu erhalten und zu pflegen gelte, (3) Ökointelligentes Naturdorf: Oberstdorf ist Vorreiter beim Thema Klimaneutralität, bietet intelligente Energie- und Mobilitätslösungen für Einheimische und Gäste, (4) Höchste Sportkompetenz: sportliche Leistungsangebote auf höchstem Niveau; Professionalität in allen sportlichen Belangen; Aufbau eines Spitzenrufs in Kernsportarten wie ganzjähriges Wandern, Bike, Ski- und Wintersport, Nordic Sport, (5) Nr. 1 Skigebiet in Deutschland: Genuss-Skifahren auf höchstem Niveau; Oberstdorf ist der Inbegriff für Schneesicherheit und Pistengenuss, (6) Menschen verbinden: Oberstdorf bietet eine ehrliche Kooperationskultur, fördert Dialoge und aktive, gemeinschaftliche Beteiligung und entwickelt Formate zur aktiven Einbindung junger Menschen, steht für Heimat, Tradition und Zugehörigkeit; der Ort bietet kulturelle Veranstaltungen auf höchstem Niveau, (7) Individuell & Smart: Oberstdorf ermöglicht persönlich abgestimmtes Erleben, personalisierte Buchungsprozesse und setzt auf den Einsatz smarter Technologien für den größten Komfort für Einheimische und Gäste, (8) Qualität durch & durch: Qualität ist für Oberstdorf zentrales Fundament für eine erhöhte Wertschöpfung ebenso wie für spürbare Qualität in Unterkünften und regionale Qualität in kulinarischer Bewirtung und (9) 365 Tage erleben: Oberstdorf steht für Ganzjahrestourismus als Alleinstellungsmerkmal im nördlichen Alpenraum; es gewährleistet ganzjährige Erholung, Bewegung und Begegnung.
Erfolgs-Segmete in Oberstdorf aktivieren
Diese neun ausgearbeiteten Erfolgssegmente gelte es, mit Leben zu füllen und so zu aktivieren, betonte Webhofer und zeigte mit dem Zukunftsrad das „Gesamtwerk“ und den Kern des Zukunftsprojektes: das Flow-Gefühl. „Ein Zustand der Freude, des Glücks, eine Art innerliches Aufgehen in einer Aktion...“, beschreibt er den Zustand in den alle Akteure gelangen sollen, um das Projekt voranzubringen. Ein Zustand, den Sportler kennen, wenn es richtig „rund läuft“, wenn sie erfolgreich alles geben und Freude an Herausforderungen haben. „Das ist ein Thema für alle hier“, so Markus Webhofer. „Dahin wollen wir Sie bringen: Oberstdorf versetzt Menschen in den Flow-Zustand und bringt echtes Glückgefühl in ein einzigartigen Naturparadies.“ Die Zustimmungswerte für die einzelnen Erfolgselemente kommen im Durchschnitt auf „Ja“ von 80,3 Prozent der Teilnehmer der Projektgruppe. Webhofer lobt: „Ein starker Zustimmungswert.“ Am besten bei der internen Bewertung schnitt das Thema Qualität ab mit 93 Prozent, gefolgt von 89 Prozent für „Menschen verbinden“. Am wenigsten konnte der Faktor „Nr. 1 Skigebiet“ punkten mit 54 Prozent Zustimmung bei 33 Prozent Ablehnung. „Dennoch eine starke Mehrheit“ findet Webhofer in seiner Erläuterung. Skisport ja, auf hohem Niveau – aber nichts Abgehobenes, so Webhofer.
Tipps zur Umsetzung
Schließlich gab der MarkenExperte Tipps für die jetzt anzustoßende Umsetzung: „Der Wert einer Idee liegt in ihrer Umsetzung!“ Er rät zu systematischer Herangehensweise, die bald sichtbare Ergebnisse zeige, die Menschen auf dem eingeschlagenen Weg mitnehme, und nicht zuletzt zu gute Kommunikation nach innen. Hindernisse? Verzetteln, Aktionismus, aber auch fehlende Prioritätensetzung oder mangelnde Ausdauer und Angst, zu scheitern. „Man darf nicht müde werden“, appelliert Webhofer an die Oberstdorferinnen und Oberstdorfer. „Erfolg steckt alle an!“
Bei Bürgermeister King stieß Referent Markus Webhofer auf offene Ohren. Jetzt beginne die Phase der Umsetzung, bei der jeder seinen individuellen Beitrag leiste und aktiv mitwirke. „Nur gemeinsam geht es. Gemeinsam mit Bürgern, Verwaltung, Leistungsträgern in der Marktgemeinde.“ Erste Schritte stehen schon auf dem Programm: So soll etwa der Bahnhofsvorplatz attraktiver gestaltet werden. Gedanken über ein Parkhaus am Ortseingang gibt es offenbar ebenfalls und Oberstdorf will Deutschlands erste CO2- neutrale Kommune vor 2035 werden. Auch die Kurbetriebe haben erste Ansätze für die Umsetzung des „Zukunftsrades“ im Auge, so Petra Genster in ihrem Fazit. Genster appelliert: „Wir dürfen nicht schlafen sondern brauchen alle Akteure!“
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