„Nicht sinnvoll“: So will Bauministerin Geywitz das Heizungsgesetz reformieren

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Das GEG sei zu kompliziert, sagt Bundesbauministerin Geywitz im Interview. Vor allem einen Aspekt will sie ändern. Außerdem verspricht sie, dass die Mietpreisbremse bald ins Kabinett kommt.

Berlin/Mönchengladbach – „Haus Erholung“ heißt der klassizistische Bau auf dem Abteiberg in Mönchengladbach. Dabei hat Bauministerin Klara Geywitz (SPD), die zur Strukturwandeltagung hierher angereist ist, nicht viel Zeit für Erholung in diesen Tagen. Nach dem Ampel-Aus ist Wahlkampf-Stimmung in Berlin – und zahlreiche Projekte müssen noch umgesetzt werden: Die Mietpreisbremse steht auf der Kippe und am Heizungsgesetz scheiden sich nach wie vor die Geister.

Heizungsgesetz umstritten: „Wir brauchen den Ausstieg“

Und mit dem Kohleausstieg 2030 geht es eben auch um Strukturwandel. Vor dem steht das Rheinische Revier in NRW, aber auch andere Braunkohle-Reviere etwa im Osten der Republik. „Wenn der Strukturwandel dort ein Marathon ist, sind wir jetzt bei Kilometer zehn“, so Geywitz. Nicht die einzige Generationenaufgabe, über die sie im Interview mit IPPEN.MEDIA spricht.

Das Heizungsgesetz sorgt bei Hausbesitzern und Fachbetrieben noch immer für viel Verwirrung. Woran liegt das? 

Hinter dem Gebäudeenergiegesetz, also dem sogenannten Heizungsgesetz, steht eine sehr große Aufgabe. Für mich ist klar: Wenn wir 2045 klimaneutral sein wollen, müssen wir bis dahin aufhören, mit Öl und Gas zu heizen. Zumal diese Heizmethode bald deutlich teurer wird, wenn europaweit die CO2-Preise steigen. Wir brauchen den Ausstieg. Die Grundlage haben wir über die kommunale Wärmeplanung gelegt. Das ist die verlässliche Basis für die Planung von Hausbesitzern und Kommunen gleichermaßen. Die Modernisierung des Heizens ist eine komplexe Generationenaufgabe und entsprechend kompliziert. Ich arbeite aber seit einem Jahr daran, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das Heizungsgesetz einfacher und verständlicher wird. Für die Handwerker und natürlich auch für die Hausbesitzer.

Bundesbauministerin Klara Geywitz bei der Strukturwandeltagung.
Bundesbauministerin Klara Geywitz bei der Strukturwandeltagung. © Peter Sieben

Also bedarf es einer Reform? 

Ja, absolut. 

Was wollen Sie konkret ändern? 

Wir haben in der Vergangenheit sehr stark auf die Energieeffizienz gesetzt, also vor allen Dingen auf Häuser, die stark gedämmt sind. Das ist allerdings ein sehr materialintensiver Ansatz. Und wenn Häuser sehr stark gedämmt sind, braucht man extrem viel Technik, um sie ausreichend zu belüften. Damit sie nicht schimmeln. Heißt: Diese Bauweise ist materialintensiv und technisch kompliziert. Das ist nicht sinnvoll. 

Geywitz über Reform von Heiz-Gesetz GEG: „Materialintensiv und technisch kompliziert“

Was wäre Ihr Ansatz?

Man sollte die jetzigen Energieeffizienzanforderungen für den Neubau und vor allem den Gebäudebestand festschreiben und darauf setzen, mit nachhaltigen Baumaterialien zu arbeiten. Mit Holz und Lehm, mit Recycling-Materialien, grünem Beton oder grünem Stahl.

In Metropolen wie Berlin, München, Köln oder Düsseldorf explodieren die Mieten seit Jahren. Eine Verlängerung der Mietpreisbremse ist allerdings jetzt passé.

Das ist sie noch nicht. Wir brauchen sie dringend, deshalb bringen wir sie jetzt sehr bald ins Kabinett. Sie kann dann immer noch im Deutschen Bundestag beschlossen werden. 

Allerdings dürfte die Union wohl nicht dafür stimmen. 

Das ist noch nicht klar. Immerhin wurde die Mietpreisbremse einst von einer Großen Koalition beschlossen.

Bundesbauministerin Klara Geywitz im Gespräch mit Peter Sieben.
„In Deutschland gibt es 1,9 Millionen leer stehende Wohnungen. Die Frage ist: Gibt es da ein theoretisches oder ein tatsächlich praktisches Potenzial?“: Klara Geywitz im Gespräch mit Peter Sieben. © IPPEN.MEDIA

Die Bundesregierung hat den Kohleausstieg 2030 beschlossen. Braunkohle-Regionen stehen damit vor einschneidenden Veränderungen. Im Rheinischen Revier sind ganze Ortschaften verwaist, Straßenzüge stehen leer. Gleichzeitig herrscht in umliegenden Großstädten wie Köln oder Düsseldorf Wohnungsnot. Kann daraus eine Win-Win-Situation entstehen? 

In Deutschland gibt es 1,9 Millionen leer stehende Wohnungen. Die Frage ist: Gibt es da ein theoretisches oder ein tatsächlich praktisches Potenzial? Regionen wie das Rheinische Revier etwa werden nicht einfach nur Überlaufoptionen für die großen Metropolen sein. Sondern man muss dafür sorgen, dass es in der Region auch Arbeitsplätze gibt, damit die Menschen vor Ort arbeiten können und nicht unbedingt pendeln müssen. Zusätzlich muss man eine verlässliche Infrastruktur schaffen, also zum Beispiel S-Bahn-Verbindungen in die Städte und zurück. 

Kohleausstieg 2030: Reviere vor Strukturwandel

Was Arbeitsplätze betrifft, gibt es im Westen gewisse Fortschritte: Microsoft siedelt sich in NRW an, ein großes Gewerbegebiet für Tech-Unternehmen entsteht. In den Revieren in Ostdeutschland, etwa in der Lausitz, ist man noch nicht so weit. Führt das nicht wieder zu einem West-Ost-Gefälle? 

Wir investieren sehr viel, um das zu verhindern. Und das trägt Früchte, in Cottbus etwa ist jetzt das ICE-Instandhaltungswerk angesiedelt, das für Arbeitsplätze sorgt. Dasselbe gilt für die Etablierung einer Universitätsmedizin, wir investieren dort in den Bereich der modernen Wissenschaft. Aber die Herausforderungen dort sind anders als im Westen. Hier im dicht besiedelten Nordrhein-Westfalen ist Fläche knapp. Und es gibt auch eine andere Wettbewerbssituation. In NRW konkurrieren viele prosperierende Gegenden um wenige Fachkräfte. In der Lausitz hingegen gibt es genug Flächen. Dafür ist es schwieriger, Menschen für neue Arbeitsplätze in die Region zu ziehen.

Auch interessant

Kommentare