Riesenandrang beim Tag der offenen Tür im Walchenseekraftwerk
Tausende Besucher aus der ganzen Region strömten am Sonntag zum Walchenseekraftwerk in Kochel. Ein Höhepunkt war für viele die Fahrt zum Wasserschloss. Aber es gab auch sonst auf dem Gelände viel zu entdecken. Vorträge und Musik rundeten das bunte Programm ab.
Kochel am See – Es brauchte etwas Geduld, um einen Parkplatz zu finden. Auto an Auto reihte sich an den Straßenrändern, die ausgeschilderten Parkplätze waren gefüllt. Neben Tölzer Nummernschildern sah man auch welche aus den Nachbarlandkreisen Garmisch-Partenkirchen und Miesbach, aus München oder von noch weiter her. Viele zog es am Sonntag nach Altjoch an den Kochelsee ins Walchenseekraftwerk, wo anlässlich des 100. Geburtstags bei angenehm sonnigem Wetter ein Tag der offenen Tür stattfand.
Auch auf dem Gelände waren viele unterwegs. Uniper-Sprecher Theodoros Reumschüssel schätzte, dass es doppelt so viele Besucher waren wie beim Tag der offenen Tür am Tag des Denkmals. „Sonst haben wir zwischen 1500 bis 2000.“ Kinder fuhren mit Bobbycars einen Parcours entlang. Die hiesige Bergwacht hatte eine Kletterwand aufgestellt. Die Feuerwehr ermöglichte großen und kleinen Besuchern einen wunderbaren Ausblick mit der Drehleiter. Hinter dem Essens- und Kaffeestand saßen die Besucher gemütlich auf Bierbänken beisammen und lauschten den Klängen der Blasmusik Krün, die bis nachmittags aufspielte.

Auch im Informationszentrum herrschte reger Betrieb. Große durchscheinende Infotafeln über die Geschichte und die Technik des Walchenseekraftwerks wurden von den Erwachsenen aufmerksam studiert. Die Kinder konnten an einem Rätselspiel teilnehmen oder an Mitmachstationen spielerisch etwas Neues erfahren. Familie Tietz aus Gaißach versuchte durch eigene Muskelkraft ein Drehrad so schnell zu drehen, dass eine angeschlossene Lampe aufleuchtete. Eine Besucherin aus München war ebenfalls mit ihren beiden Kindern aus München angereist. „Wir haben von dem Fest im Internet erfahren und sind spontan hergekommen“, sagte sie, während ihr kleiner Sohn an den Knöpfen einer nachgebauten Turbine drückte. „Wir sind total begeistert.“
Angetan schienen auch Herbert Thieme, ehemaliger Rektor der Grundschule in Großweil, und Michael Lechner aus Isen zu sein. Letzterer studiert Management Erneuerbare Energien in Freising. Das Thema Wasserkraft findet er sehr interessant. „Ich habe sehr viel gelernt.“ Thieme, der das Walchenseekraftwerk schon öfters, auch mit Schulklassen, besucht hatte, fand den Tag der offenen Tür gelungen.

Sehr gut besucht war der Vortrag des Kochlers Helmut Renner, der über die menschliche Seite der Baugeschichte des Großprojekts sprach, also über das Leben der Arbeiter in Zeiten der politischen Umbrüche. Gemeinsam mit dem Grainauer Peter Schwarz, der zuvor seinen Vortrag über den baugeschichtlichen Teil hielt, hat er die beiden Bücher „100 Jahre Walchenseekraftwerk“ geschrieben (wir berichteten). Viele Begebenheiten aus Josef Rambecks Aufzeichnungen „Die Baraber vom Walchensee“ finden sich darin wieder. Heiko Storz, ein ehemaliger Werksmitarbeiter, hatte es vor rund 20 Jahren in Frakturschrift nachdrucken lassen. Renner legte dieses mittlerweile vergriffene Buch, mit Unterstützung des Betreiberkonzerns Uniper, neu auf und recherchierte zudem vieles selbst. Eindrucksvoll schilderte er die Schicksale der Arbeiter, die traumatisiert waren von dem Grauen des Krieges. Sie wilderten aus Hunger, brachen in Häuser ein und besetzten sie. Einige sind sogar nach Garmisch, um dort die Räterepublik auszurufen. „Vier von ihnen sind dort erschossen worden.“
Auch die Entwicklungen ins Dritte Reich hinein zeigte Renner. Am Tag der Machtergreifung 1933 war das Kraftwerk noch im Bau. Renner zeigte ein Bild, welches am Tag der Arbeit 1933 aufgenommen worden war. Zu sehen war eine Gruppe, die den Hitlergruß zeigt. Auch Aufnahmen mit Hakenkreuzflaggen waren zu sehen. Zum Schluss sagte Renner, es sei wichtig, nicht zur „schweigenden Mehrheit“ zu gehören, wie es sie damals gab, sondern Mut und Zivilcourage zu zeigen.
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Nach diesen nachdenklichen Worten war das Programm im Freien ein fröhlicher Kontrast. Eindrucksvoll war der Maschinenraum des Kraftwerks, den die Besucher besichtigen konnten. Anlässlich des Tags der offenen Tür durften sie sogar bis zum Wasserschloss hochfahren. Die Schlange für den kleinen Aufzug war lang. „Es war echt toll“, sagte Nina Plitt aus München, die mit Mann und Tochter oben war.
Am Nachmittag spielten dann die Musikerinnen Elisabeth Danzer und Sonja Schroth aus dem Isarwinkel und dem Loisachtal. Als Duo s‘Elysion unterhielten sie mit ihren humorvollen selbst geschriebenen bayerischen Liedern das Publikum und ließen den Tag im wahrsten Sinne des Wortes ausklingen.