Mehrere Millionen Euro im Jahr: Staat zahlt immer noch Opferrenten an Nazi-Täter

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Renten für NS-Verbrecher belasten Deutschland mit Millionen. Ein Kontrollgesetz zeigt kaum Wirkung. Historiker und Politiker fordern Konsequenzen.

Berlin – Die Bundesrepublik zahlt auch 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs weiterhin Kriegsopferrenten und andere Altersbezüge an ehemalige Nazi-Täter. Mehr als 8000 Menschen in Deutschland erhalten solche Bezüge. Etwa fünf Prozent von ihnen sind einem neuen Bericht zufolge Kriegsverbrecher.

Im Dezember 2023 erhielten 7648 Personen im Inland und 657 im Ausland Kriegsopferrenten gemäß dem Bundesversorgungsgesetz; Zahlungen, die den deutschen Staat jährlich mit etwa fünf Millionen Euro belasten. Das schreiben der Stern und die Plattform „Frag den Staat“.

Staat zahlt weiter Millionen: Nazi-Täter erhalten Kriegsopferrenten trotz NS-Verbrechen

Selbst ehemalige Soldaten der Waffen-SS im Ausland beziehen dem Bericht zufolge Kriegsopferrenten. Das Nachrichtenmagazin verweist auf mindestens vier eindeutig belegte Fälle, die durch Recherchen aufgedeckt wurden. Auch die zuständigen Versorgungsämter haben diese Zahlungen offenbar bestätigt.

Eine Rose zum Gedenken an die Opfer hängt am Zaun des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau.
Eine Rose zum Gedenken an die Opfer hängt am Zaun des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. © IMAGO/Jakub Porzycki

Rechtliche Grundlage für die Zahlungen ist laut „Frag den Staat“ das 1950 eingeführte Bundesversorgungsgesetz. Dieses verleihe ehemaligen Soldaten, die im Dienst verletzt wurden, Anspruch auf eine Kriegsopferrente – selbst wenn sie der SS oder der Wehrmacht angehört hatten. Ein solcher Anspruch gelte auch „für ausländische Kollaborateure, die sich überall in Europa freiwillig und aus Überzeugung den Nazis angeschlossen hatten und in eigenen SS-Verbänden aktiv waren“, so das Portal für Informationsfreiheit.

Renten trotz NS-Verbrechen: Bundestagsbeschluss von 1998 wird kaum umgesetzt

Eigentlich sollte damit schon lange Schluss sein. Bereits 1998 beschloss der Bundestag laut dem Bericht, alle Rentenempfänger zu überprüfen. Personen, die Verbrechen gegen die „Grundsätze der Menschlichkeit“ begangen haben, sollten keine Rente mehr erhalten. Der Historiker und NS-Experte Stefan Klemp kritisierte dieses Gesetz gegenüber dem Magazin allerdings als „Feigenblatt“, da es kaum umgesetzt werde.

Zum selben Schluss kommt ein Bericht von NDR-„Panorama“ aus dem Jahr 2016. Das Simon Wiesenthal Center, eine in den USA ansässige jüdische NGO, habe über 70.000 Namen ermittelt, bei denen eine Entziehung der Kriegsopferrente in Betracht gekommen sei. Zum damaligen Zeitpunkt war aber lediglich 99 Personen die Kriegsopferrente entzogen worden.

Regierung schweigt zu Kosten: Keine Transparenz über Renten an Nazi-Verbrecher

Die Bundesregierung wollte die genauen Ausgaben für die Kriegsopferrente nicht offenlegen. Sie gab an, keine Informationen über die Empfänger von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu besitzen, wie sie auf die Kleine Anfrage der Linken antwortete. Das schreibt die Nachrichtenagentur dpa.

Jan Korte, Bundestagsabgeordneter der Linken, habe diese Antwort als „faule Ausrede“ bezeichnet, heißt es dort weiter. Er habe kritisiert, dass „trotz Sonntagsreden und der ständigen Wiederholung der Lüge von der ach so großartigen Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus“ seit Jahrzehnten der politische Wille fehle, gegen diese Zahlungen vorzugehen. (tpn)

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